Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0596 - Feuer-Furie

0596 - Feuer-Furie

Titel: 0596 - Feuer-Furie
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Immer mehr Feuerbestattungen wurden durchgeführt. In London hatten wir zwei Krematorien, und es hätte noch eines gebaut werden müssen, um die häufigen Wartezeiten für die Verbrennungen zu kürzen. Denn es bestand eine Vorschrift, daß pro Tag nicht mehr als acht Verbrennungen durchgeführt werden durften, aus Gründen des Umweltschutzes.
    Der Bau eines Krematoriums kostet Geld, und damit war eine Stadt wie London nicht gerade reichlich gesegnet. Also würde man sich vorläufig mit den beiden Bauten begnügen müssen.
    Der Hof war mit grauem Pflaster bedeckt. Ein Leichenwagen parkte an einer kleinen Rampe. Zwei Männer luden einen Sarg aus und schleppten ihn über die Rampe.
    Die Luft drückte, der Qualm konnte kaum richtig in den Himmel steigen und verteilte sich über der Öffnung wie ein breiter Lappen.
    Suko schüttelte den Kopf und seufzte.
    »Was ist?« fragte ich. »Sag nur nicht, daß du hier nicht begraben sein willst.«
    »So ähnlich schon.«
    Ich hob die Schultern. »Was willst du machen? Die einen werden beerdigt, die anderen verbrannt, wobei letztere Schlange stehen.«
    »Schlange liegen, meinst du.«
    »Richtig.«
    »Immer mehr Menschen wollen sich nach ihrem Tode verbrennen lassen.«
    Suko runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. »Das Leben ist irgendwie komisch, aber auch der Tod gehört dazu«, philosophierte er und reckte sich, weil er nach der Fahrt steif geworden war. »Wie hieß der Knabe noch, der uns nervt?«
    »Ingram.«
    »Also gut, auf den bin ich gespannt.«
    »Weshalb das denn?«
    »Mich interessieren einfach die Menschen, die ihr Geld in einer Verbrennungsanstalt verdienen. Müssen komische Typen sein. Genau wie die Leichenwäscher.«
    »Einer muß den Job ja machen.«
    Suko ging vor. Ich setzte mich ebenfalls in Bewegung und dachte über einen Mann namens Ingram nach, der einige Male bei uns angerufen hatte, weil er bei der Verbrennung der Leichen, die er überwachen mußte, etwas Komisches gesehen hatte. Er hatte von seltsamen Figuren gesprochen, sich aber nicht konkret ausdrücken können. Nach dem vierten Anruf – wir hatten einen kleinen sommerlichen Leerlauf – taten wir ihm den Gefallen, dem Krematorium einen Besuch abzustatten.
    Der Backsteinbau erinnerte mich an ein Gefängnis. Fehlten nur noch die Gitter vor den Fenstern, wobei die Öffnungen aussahen wie kleine, in das Mauerwerk hineingeschnittene Rechtecke.
    Ich blieb neben Suko stehen, der vor einer schmalen Tür auf mich gewartet hatte. Die beiden Träger hatten den Sarg mittlerweile in den Bau geschafft, stiegen in den dunklen Leichenwagen, starteten, wendeten und rollten dicht an uns vorbei.
    »Wo finden wir Ingram?« fragte ich.
    Suko deutete auf einen hellen Knopf in der Wand. Er wurde von einem Metallkreis eingerahmt.
    »Dann mach mal.«
    Als Suko schellte, hörten wir das Scheppern der Klingel. Dieses Geräusch konnte es schaffen, Scheintote zu erwecken.
    Wir wollten nur Ingram, und er war der Mann, der uns auch öffnete, denn wir erkannten ihn an der Stimme, als er fragte: »Sind Sie Sinclair und Suko?«
    »Ja, Ingram«, sagte ich.
    »Okay, dann kommen Sie mal rein.«
    Seine Stimme klang tonlos, und irgendwie tonlos wirkte der Knabe auch selbst. Tonlos und gleichzeitig farblos. Ob man als Angestellter eines Krematoriums unbedingt einen grauen Kittel tragen mußte, dafür brachte ich noch Verständnis auf, aber die Farbe des Kittels hob sich kaum von der Haut ab. Auch sie zeigte ein Grau, als hätte sich Ingram mit Leichenasche gepudert. Sein Haar – glatt nach hinten gekämmt – war ebenfalls grau, auch die Augenbrauen und die Lippen.
    Sein Alter war schwer zu schätzen, doch irgendwie paßte er in das Krematorium.
    »Sie kommen günstig«, sagte er.
    »Warum?«
    »Weil wir gleich verbrennen werden.«
    »Da sollen wir zuschauen, nehme ich an.«
    Ingram nickte Suko zu. »So ist es. Aber kommen Sie erst mal rein. Haben Sie schon an einer Verbrennung teilgenommen?«
    »Leider«, erwiderte ich. »Und ich habe es überlebt.«
    »Wie das?«
    »Man wollte mich verbrennen, Mr. Ingram.«
    Er lachte, mehr fiel ihm nicht ein. Selbst das Lachen paßte in die Umgebung, weil es so tonlos klang. »Kleiner Scherz, wie?«
    »Leider nicht, Mister.«
    Wenigstens roch es im Innern der Verbrennungsanstalt nicht nach Leichen oder Qualm. Dafür aber nach Bohnerwachs, mit dem der Boden gesäubert und geglättet worden war. »Da Sie keine Besichtigung möchten, führe ich Sie direkt zu den Kammern«, erklärte Ingram.
    »Tun Sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher