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Wer im Trueben fischt

Wer im Trueben fischt

Titel: Wer im Trueben fischt
Autoren: Mechthild Lanfermann
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Büros?«
    Erkenschwick reckte sich.
    »Das hab ich bereits geklärt. Es gibt eine zentrale Hausverwaltung. Dort fehlt aber kein Schlüssel. Außerdem haben diverse Leute einen Zentralschlüssel, der auch auf den Erste-Hilfe-Raum passt. Die Referentin wollte mir eine Liste der Besitzer zusammenstellen.«
    Blume nickte. Schweigend gingen die beiden Männer die Treppe hinunter. Im Foyer standen noch immer viele Leute in Gruppen zusammen und unterhielten sich. Ein Mann lachte dröhnend. Die Musik spielte einen Bossa Nova. Als die beiden Polizeibeamten in Zivil durch den Raum gingen, schauten die Gäste ihnen neugierig hinterher. Blume registrierte die dunklen Anzüge und weichen Kleider, die Fönfrisuren und eisgrauen Wellen. Hier sollte gelehrt werden, was in dieser Gesellschaft zählte, und vor allem, wie man das große Geld machte. Blume dachte an seinen Sohn. Ob Johann sich später an der Universität einschrieb? Und würde er dann über seinen Vater lächeln? Oder in Diskussionen wütend den Kopf schütteln?
    »Hier ist sie.«
    Erkenschwick war vor einer Frau stehen geblieben. Sie war klein und zierlich, trug ein dunkelgraues Flanellkostüm und das Haar korrekt frisiert. Sie hatte einen leichten Überbiss, der nur auffiel, weil sie mit ihren Fingern dauernd ihre Oberlippe über die vorstehenden Zähne strich.
    Sie hatte geweint. Die Tränen hatten Spuren in das Make-up geschwemmt. An ihrem Revers steckte ein Schild, Dr. Anne Friedrich, Referentin im Präsidialamt. Doktor, dachte Blume erstaunt, dabei war sie noch so jung. Er streckte ihr seine Hand entgegen.
    »Mein Name ist Edgar Blume, ich bin von der Mordkommission.«
    Die Frau schüttelte sie kräftig. Dann schaute sie erschrocken auf und zog ihre Hand zurück. Sie hat gelernt, dass man sie nach ihrem Händedruck beurteilt, dachte Blume. Und jetzt weiß sie nicht, ob ihre energische Art der Situation angemessen ist.
    »Bitte erzählen Sie mir von heute Abend.«
    »Er wollte einen Augenblick seine Ruhe haben. Das hat er gesagt. Deshalb hab ich doch extra noch gewartet!«
    Die Stimme der jungen Frau war hoch und zittrig. Blume schaute sich um und führte sie zu einer kleinen Gruppe von Clubsesseln in der Nähe der Bar. Ein Paar, das dort saß und zu ihnen hinübergestarrt hatte, verließ ohne Aufforderung seinen Platz. Die Referentin ließ sich auf den freigewordenen Sessel fallen. Sie strich mit ihren Fingern über ihre Oberlippe.
    Blume zog einen Stuhl heran und setzte sich direkt vor sie. Er schaute ihr ernst in die Augen.
    »Hören Sie, niemand macht Ihnen einen Vorwurf. Sie sollten das selbst auch nicht tun. Erzählen Sie mir genau, was Rosenberg zu Ihnen gesagt hat.«
    »Eine Pause bräuchte er, hat er gesagt.«
    Die Stimme der Frau hatte sich ein wenig beruhigt.
    »Und, keep that pack at bay.« Sie schaute hoch, sah Blume ins Gesicht, »die Meute sollte ich fernhalten.«
    Danke für die Belehrung, dachte Blume, aber vielleicht will sie nur höflich sein. Laut sagte er:
    »Wen hat er damit gemeint?«
    Die Frau zeigte mit dem Kinn auf die Leute im Raum. Sofort drehten sich die Köpfe weg.
    »Na, die alle. Er hat uns ganz schön geschockt mit seiner Absage.«
    Die Band machte eine Pause. Blume hatte das Gefühl, alle Leute im Raum lauschten ihrem Gespräch. Aber er wusste, dass sie zu weit entfernt standen, um etwas hören zu können.
    »Wie lange haben Sie dann gewartet? Sie sind ihn doch dann suchen gegangen, oder?«
    Die Frau nickte.
    »Der Präsident wollte unbedingt noch mal mit ihm reden. Ich bin also los, ich weiß nicht, zehn Minuten später vielleicht. Ich dachte, er wäre im Clubraum. Da lag aber nur seine Jacke.«
    »Moment.«
    Blume winkte Erkenschwick näher und beugte sich zu der Frau.
    »Wo ist dieser Raum?«
    »Gleich hier zwei Türen weiter. Rosenberg kannte den Raum, er hat sich da mal mit dem Präsidenten getroffen.«
    Blume schaute seinen Assistenten an. Der verstand den Wink und entfernte sich mit eiligen Schritten. Blume wandte sich wieder der Frau zu.
    »Sie haben ihn also nicht gefunden.«
    »Ich hab gedacht, vielleicht ist er frische Luft schnappen oder auf der Toilette.«
    Die Frau wischte sich über die Augen in dem Versuch, ihr Make-up zu retten.
    »Ich bin dann zurück in den Saal, der Präsident wollte noch ein paar Worte sagen und brauchte seine Unterlagen. Und dann haben mich so viele Leute angesprochen. Aber irgendwann hab ich mich doch gewundert, dass er nicht zurückkommt.«
    »Wie viel Zeit lag dazwischen?«
    »Eine
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