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Wer Hat Angst Vorm Zweiten Mann

Wer Hat Angst Vorm Zweiten Mann

Titel: Wer Hat Angst Vorm Zweiten Mann
Autoren: Lilian Thoma
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unserer Zeit. Insofern konnte es die alten Weisen nicht geben, die unsere komplizierten Patchworkfragen zu beantworten wüssten. Wie man es zum Beispiel schaffte, sich von seinem früheren Partner emotional abzugrenzen, während man gleichzeitig auf Lebzeiten mit ihm ein Elternteam – und in ferner Zukunft womöglich auch ein Großelternteam – bildete. Oder wie es einem gelang, gelassen zu bleiben, wenn der neue Liebespartner regelmäßigen Kontakt zu seinem Expartner hatte, da er sich in einer ElternteamVerpflichtung befand.
    Oder warum, dachte ich weiter, schrieb nicht mal jemand einen Artikel über die häufigsten Trennungsgründe in der zweiten Runde?
    Diese waren nämlich vielschichtiger als die der ersten Runde, in der sich Paare meist nur dann wieder voneinander lösten, wenn mindestens einer von beiden sich entliebt hatte. In der zweiten Runde hingegen spielten die äußeren Gegebenheiten und die Gesamtkonstellation eine übergeordnete Rolle. Mangelnde Schnittmengen der fest etablierten Alltage eines Paares konnten Beziehungen ebenso leicht wieder zerstören wie der Faktor Zeit: Wenn man neben den Kindern auch noch einen Karrieresprint hinlegen wollte – wo blieb dann noch Platz für eine neue Beziehung?
    Häufig führten auch unterschiedliche Vorstellungen einer gemeinsamen Zukunftsgestaltung zur Trennung. In der ersten Runde war für viele ihr weiterer Lebensweg noch nicht festgelegt, weswegen sie sich flexibler und kompromissbereiter verhielten. Aber wer war schon mit/plus minus vierzig bereit, einem anderen Menschen zuliebe zum Beispiel von Berlin nach Tübingen zu ziehen oder umgekehrt? Oder wer wollte in diesem Lebensabschnitt vom geliebten Haus am Stadtrand ins Loft mitten in der Stadt ziehen, das der neue Partner ebenso liebte – oder umgekehrt?
    Nicht zuletzt erzeugte oft das finanziell und emotional tonnenschwere Erstrunden-Gepäck aus vorherigen Beziehungen so viel Gegenwind, dass die Zweitrunden-Paare sich irgendwann resigniert eingestanden: »So sehr kann man sich gar nicht lieben, als dass sich das Durchstehen der vielen Probleme lohnen könnte.«
    Da mir das Thema des Artikels Beim zweiten Mann wird vieles anders keine Ruhe ließ, setzte ich mich, als ich wieder zu Hause war, an meinen Schreibtisch und schrieb folgenden Leserbrief:
    Liebe Redaktion,
    aus der Perspektive einer Frau in den Dreißigern, die sich vor gut einem Jahr mit drei kleinen Kindern im Gepäck von ihrem Mann getrennt hat, möchte ich Ihren Artikel ergänzen.
    Bevor ich meinen Mann verließ, glaubte ich, auf die Zeit nach der Trennung gut vorbereitet zu sein: Mein finanzielles Wagnis konnte ich mir ausrechnen. Die Bewältigung meines Alltags im Alleingang mit den Kindern hatte ich oft genug erprobt, wenn mein Mann auf Geschäftsreisen war. Und falls meine Kinder mit der neuen Situation nicht zurechtkommen sollten, wollte ich einen Therapeuten konsultieren. Hinzu kam, dass ich viele Artikel in Lifestyle-Zeitschriften gelesen hatte, die mich ähnlich Ihrem glauben ließen, in der zweiten Runde einen Mann zu finden, wäre kein Problem.
    Da die Realität mich und andere jedoch eines Besseren belehrte, möchte ich allen Frauen raten, in der zweiten Runde die Finger zu lassen von:
    1. dem Abgrenzer, der noch vor dem Weckerklingeln nach Hause aufbricht, um den Kindern seines neuen love interests bloß nicht zu begegnen;
    2. dem Pseudokümmerer, der mit den Kindern seiner neuen Liebe während der Balzphase sogar im strömenden Regen Fußball spielt – allerdings nur, um damit vor der Mutter Eindruck zu schinden;
    3. dem Peter Pan, der übrigens nicht zwingend jüngeren Jahrgangs sein muss und es schlichtweg erregend findet, mit einer Mutter Sex zu haben;
    4.dem Stiefmuttersucher, der selbst mindestens ein eigenes kleines Kind hat und dem es vor allem darum geht, dass er und seine Kinder am Wochenende nicht nur auf gewärmte Fischstäbchen zu essen bekommen (das kriegt er gerade noch selbst hin), sondern einen zünftigen Sonntagsbraten;
    5.dem Familienabspalter, der auch schon mindestens ein eigenes Kind hat und seiner Exfamilie seine neue Liebesbeziehung verheimlicht, was er damit begründet, dass seine Exfrau anderes nervlich nicht ertragen würde, was wiederum den Kindern zu Schaden käme.
    Diese Mr. Wrongs, beendete ich meinen Brie f , führten garantiert nicht zum gelungenen Patchwork, sondern höchstens dazu, dass frau in der zweiten Runde noch mehr Frösche küssen müsse als in der ersten, während der Prinz weiter auf
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