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Wer Hat Angst Vorm Zweiten Mann

Wer Hat Angst Vorm Zweiten Mann

Titel: Wer Hat Angst Vorm Zweiten Mann
Autoren: Lilian Thoma
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Bank.
    »Im Mai ziehe ich nach Hamburg, um wieder bei Nele zu sein«, brachte der mich gleich auf den neuesten Stand.
    »Wie bitte?«, fragte ich überrascht. »Und was machst du mit deiner Firma?«
    »Ich bau mir ein zweites Standbein auf.«
    »Hast du schon eine Wohnung?«
    Sven druckste herum, bevor er mir gestand, dass Inka, seine Ex, und er es nochmals miteinander versuchen wollten.
    Ich konnte Svens Entscheidung nicht nachvollziehen: Inka hatte ihn von einem Tag auf den anderen erst sitzen lassen und ihm dann auch noch mit Kindesentzug gedroht, weil er eine neue Freundin hatte. Und jetzt gab er ihr und ihrer Liebesbeziehung eine zweite Chance?
    »Ich tu das Nele zuliebe«, fuhr Sven fort. »Die ganzen Streitigkeiten der letzten Zeit und das Hin und Her zwischen Mutter und Vater sind nicht gut für sie. Inka sieht das ähnlich wie ich …«
    Reisende soll man zwar ziehen lassen, doch war ich mir sicher, dass Sven dabei war, einen großen Fehler zu begehen. Eine Vernunftbeziehung mochte vielleicht bei Menschen funktionieren, die ihr Gefühlsleben einigermaßen im Griff hatten. Svens Erzählungen nach war Inka aber sehr impulsiv, und Sven agierte auch oft aus dem Affekt heraus. Dass die Auseinandersetzungen zwischen den beiden in Zukunft nicht mehr so oft hochkochen würden, konnte ich mir deshalb nicht vorstellen, und das war sicher nicht in Neles Interesse. Natürlich waren getrennt lebende Eltern keine optimale Lösung für Kinder – unter Eltern, die sich ständig stritten, litten Kinder meiner Ansicht nach aber noch viel mehr.
    Ich erzählte Sven von einer Szene aus dem Film Große Mädchen weinen nicht . Darin bauen sich zwei halbwüchsige Schwestern in ihrem Zimmer einen Stofftieraltar auf, während sich ihre Eltern hinter verschlossenen Türen streiten. »Lieber Gott«, beten die Mädchen, »wir wissen, es gibt viel Leid auf der Welt, und ganz vielen anderen Kindern geht es schlechter als uns. Aber wenn wir dich doch um eine einzige Sache bitten dürfen: Mach, dass Mama und Papa sich endlich scheiden lassen.«
    »Vielleicht hast du recht«, sagte Sven. »Einen Versuch ist es mir aber trotzdem noch wert.«
    Ich fand es schade, dass Sven fortziehen würde. Auch wenn wir uns nur unregelmäßig sahen, seit Nele nicht mehr zusammen mit Maya und Fanny in den Kindergarten ging, war er dennoch zu einem festen Bestandteil meines Lebens am Prenzelberg geworden.
    Etwas später stießen Claire und ihre Söhne zu uns, die ich eingeladen hatte, damit auch Lorenz Kinder in seinem Alter zum Spielen hatte. Klaus-Dieter kam nicht mit, da er an einem Golfturnier teilnahm.
    Während sich Claire, die bis zum gestrigen Tag gefastet hatte, drei Stücke Kuchen und fünf Schokoeier auf den Teller lud, berichtete sie mir leise, Jesco vor einigen Tagen gesehen zu haben.
    Allein bei der Erwähnung von Jescos Namen begann mein Herz zu rasen, und mich durchfuhr eine Art Stromschlag. Claire musste es bemerkt haben, denn sie fuhr entschuldigend fort:
    »Eigentlich wollte ich ihm wegen der Sache mit dir keine Aufträge mehr geben, aber Klaus-Dieter bestand darauf, da er mit Abstand der beste Rahmenmacher ist.«
    »Kein Problem«, entgegnete ich und bemühte mich um Gleichgültigkeit in meiner Stimme. »Hat sich Jesco denn nach mir erkundigt?«
    Claire schüttelte den Kopf.
    Ich ärgerte mich über meine Frage. Natürlich nicht. So etwas würde er nie tun.
    Claire musterte mich neugierig und vergewisserte sich, dass niemand unser Gespräch belauschte.
    »Du liebst ihn noch, oder?«
    »Was? Nein!«, sagte ich mit so viel Nachdruck, dass auch der letzte Idiot mich durchschaut hätte.
    »Was ist denn mit deinem Neuen? Bist du nicht glücklich mit ihm?«
    Ich hob die Schultern, da ich die Antwort selbst nicht kannte. In gewisser Weise war ich glücklich mit Dexter. Zugegeben – seit er vor einer Woche verreist war, hatte ich ihn nicht eine Sekunde lang vermisst. Waren wir zusammen, fühlte ich mich aber wohl mit ihm, und unser Sex war auch okay. Reichte das nicht? Beziehungen basierten doch immer auf beiderseitiger Kompromissbereitschaft. Außerdem stand in meinem buddhistischen Lebensratgeber: »Genügsamkeit ist das Zauberwort.« War ich vielleicht karmisch einfach noch nicht reif genug, um ein harmonisches Mittelmaß würdigen zu können?
    »Soll ich Jesco mal anrufen und mit ihm reden?«, riss mich Claire aus meinen Gedanken.
    »Was? Worüber denn?«
    »Na, über dich und ihn. Vielleicht geht es ihm ja ähnlich wie dir und …«
    »Bist
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