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Wer Hat Angst Vorm Zweiten Mann

Wer Hat Angst Vorm Zweiten Mann

Titel: Wer Hat Angst Vorm Zweiten Mann
Autoren: Lilian Thoma
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du wahnsinnig geworden, das geht gar nicht!«, unterbrach ich Claire und konnte nicht fassen, dass sie überhaupt auf so eine Idee kam. »Bitte versprich mir, dass du das auf keinen Fall tust!«
    Claire gab mir ihr Wort, und ich konnte nur hoffen, dass sie sich auch daran halten würde.
    In den kommenden Tagen unternahmen die Kinder und ich die meiste Zeit etwas mit meiner Mutter. Da sie von vornherein klarstellte, nicht zum Herumstehen auf Spielplätzen nach Berlin gekommen zu sein, sahen Lorenz und die Zwillinge in dieser Woche viele Schauplätze von Berlin, die ich ihnen nor malerweise nicht zumutete: Kunstausstellungen, das KaDeWe, Modeboutiquen und Restaurants, in denen man die weißen Tischdecken nicht bekleckern durfte.
    Schließlich fuhren wir meine Mutter zurück zum Flughafen.
    »Kommt mich doch auch mal wieder in Marbella besuchen«, sagte sie zum Abschied, woraufhin Lorenz sofort begeistert rief:
    »Au ja, bald sind doch Sommerferien!«
    »Nicht so hastig«, fiel meine Mutter ihm ins Wort. »In der Hauptsaison kann ich mit Besuch nichts anfangen. Da bin ich so viel unterwegs, dass ich zu Hause meine Ruhe brauche. Aber wie wär’s denn mit euren Herbstferien?«
    Ich nickte resigniert. Als meine Mutter ihre Einladung ausgesprochen hatte, dachte ich ganz kurz, ein Wunder wäre geschehen, und sie würde unsere Bedürfnisse über ihre eigenen stellen. Doch die Enttäuschung folgte auf den Fuß, sodass ich mir nur noch sagen konnte: Sie hat dich geboren, und damit hat sie genug getan.
    Noch am selben Abend besuchte mich Dexter, der gerade von der Ostsee zurückgehrt und seine Kinder bei Sina abgegeben hatte.
    »Ich freu mich, wieder hier zu sein«, sagte er, küsste mich und überreichte mir eine Geschenkbox, aus der ich eine Kakaobutter-Körpercreme zog.
    »Oh, danke«, sagte ich und versuchte so zu tun, als ob ich mich freute. In Wahrheit ekelte ich mich vor dem intensiven Kakaobuttergeruch. Kakao wollte ich trinken und ihn mir nicht auf die Haut schmieren.
    »Es ist doch deine Lieblingscreme, oder?«
    Innerlich verdrehte ich die Augen. Als wir kürzlich zu einem Abendessen eingeladen waren, kreiste das Gesprächsthema den halben Abend um Gerüche, und ich erwähnte mehrfach, wie widerlich ich Kakaobutter fand. Vielleicht, überlegte ich kurz, war es typisch Mann, sich an solche Details nicht zu erinnern, und ich sollte einfach mit Ja antworten und es mir in Ruhe mit Dexter vor dem Fernseher gemütlich machen.
    Da ich aber vermutete, dass etwas anderes hinter Dexters Fehlgriff lag, entschied ich mich dagegen.
    »Wenn ich ehrlich sein soll«, sagte ich ihm auf den Kopf zu, »wird mir von Kakaobutter kotzschlecht. Kann es sein, dass Sina sie besonders gern mag?«
    Mein Verdacht kam nicht von ungefähr: Dexter war sich in der Vergangenheit schon mal irrtümlicherweise sicher gewesen, dass Paella mein Lieblingsgericht sei (bis seine Kinder ihn belehrten, dass es Sina war, die Paella liebte) beziehungsweise dass das Lindgrün eines Schals, den er mir schenkte, meine Lieblingsfarbe sei (bis ich in Dexters Fotoalbum sah, dass Sina andauernd etwas Lindgrünes trug).
    »Ach, sorry, da habe ich wahrscheinlich was durcheinandergebracht. Männer sind halt manchmal gedankenlos«, sagte Dexter. »Du bist jetzt aber nicht sauer, oder?«
    »Nein«, entgegnete ich und meinte es ehrlich. Hätte Dexter dem Typ der erwähnten geschmeidigen Pfirsiche entsprochen, die mit Einfällen geizen und bei jeder Frau das gleiche Programm abspulen, hätte ich mich geärgert. Dexters Fall lag aber anders, das sah ich plötzlich ganz klar.
    »Aber ich glaube, dass wir aufhören sollten, uns was vorzumachen«, fuhr ich deshalb fort.
    Da Dexter mich perplex ansah und nicht sofort antwortete, redete ich weiter:
    »Wenn du ehrlich zu dir bist, hängst du noch an Sina. Das merke ich doch. Alles, was du für mich tust, ist eigentlich für sie bestimmt. Und wenn ich ehrlich zu mir bin, vergeht kein Tag, an dem ich nicht an Jesco denke.«
    »Was willst du damit sagen?«, entgegnete Dexter.
    »Dass unser gegenseitiges Trösten auf Dauer keine Basis ist.«
    »Aber wir haben doch viele schöne Momente miteinander und eine Menge Spaß. Außerdem schätzen und respektieren wir uns gegenseitig …«
    »Dex, bitte!«, fiel ich ihm ins Wort. »Das klingt nach zwei Achtzigjährigen, die zusammen auf eine Butterfahrt gehen!«
    Dexter sah mich eine Weile schweigend an.
    »Ich dachte, das Schlimmste, was ich tun könnte, wäre, dir nicht genug Raum zu geben.
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