Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer einmal lügt

Wer einmal lügt

Titel: Wer einmal lügt
Autoren: H Coben
Vom Netzwerk:
Gras habe ich gewissermaßen meine Freiheit gefeiert, indem ich einem anderen Mädchen zur Freiheit verholfen habe. Den Rest kennst du.«
    »Eigentlich nicht.«
    »Nicht?«
    »Mir fehlt der Teil, wo du beschlossen hast, deine Freiheit zu feiern, indem du zur Serienkillerin wurdest.«
    Lorraine kicherte kurz. »Serienkillerin. Oh. Das klingt so nach … Ich weiß nicht … Hannibal Lector oder so. Ist aber eine gute Frage. Ich könnte darauf hinweisen, dass jeder Mann, den ich getötet habe, es verdient hatte. Die waren alle Abschaum. Sie haben die Mädchen aus den Clubs verprügelt und ihnen das Leben ruiniert. Also ja, das hat da eindeutig mit reingespielt. Ich könnte auch sagen, dass ich vielen Frauen eine zweite Chance gegeben habe, indem ich diese Loser umbrachte. Keiner hat diese Typen vermisst. Ein paar von den Ehefrauen haben dich doch sogar angefleht, dass du ihre Ehemänner bloß nicht finden sollst, stimmt’s?«
    »Das ist keine Entschuldigung für das, was du getan hast.«
    »Nein, wohl nicht, oder? Ich meine, ich nutze es natürlich schon zur Rechtfertigung. Wir töten doch unschuldige Tiere, oder? Diese Kerle waren viel schlimmer. Und ich hatte mein Ventil. Aber du hast recht. Eigentlich ist es keine Entschuldigung. Ich kann dir nur erzählen, was passiert ist, Broome. Du magst es seltsam finden, aber vielleicht verstehst du’s ja doch irgendwie. Du hast mich eben als Serienkillerin bezeichnet, aber meine Theorie ist – ja, das klingt jetzt ziemlich seltsam …«, ihre Stimme war zu einem Flüstern geworden, »… dass es da draußen jede Menge von uns gibt.«
    Im Raum wurde es ein paar Grad kälter.
    »Du musst sie dir als Schläfer vorstellen, Broome. Ich wette, dass es Millionen solcher Frauen gibt. Viele Menschen sind Natural Born Killers, geborene Mörder, ganz egal ob Einfach- oder Serientäter. Sie wissen es nur nicht. Ich meine, woher soll man das auch wissen, wenn man es nie ausprobiert hat? Weißt du, ich hatte keine Ahnung, aber als ich damals Mister Wunderbar getötet habe, war es, als ob ich ein Schleusentor geöffnet hätte. Es fühlte sich unglaublich gut an. Nicht nur, weil er es verdient hatte. Sondern die Tat an sich.«
    Polizeisirenen zerfetzten die morgendliche Ruhe.
    Lorraine seufzte. »Wir haben nicht viel Zeit, Broome. Ich glaube, auf die anderen Antworten wirst du noch warten müssen.«
    »Worauf warten?«
    Sie antwortete nicht. Broome fragte sich, was das bedeutete – was sie geplant hatte. Es wurde nicht besser, wenn ihr Haus von Polizeiwagen umstellt war. Broome starrte die Leiche an.
    »Warum, Lorraine?«
    »Hast du mir nicht zugehört?«
    »Weil sie es verdient hatten.«
    »Ja. Und weil es mir Spaß gemacht hat. Sie mussten umgebracht werden. Ich musste jemanden umbringen.«
    Im Prinzip war es unglaublich simpel.
    Ein Megafon ertönte: »Lorraine Griggs? Hier spricht die Polizei.«
    Lorraine deutete aufs Fenster. »Unsere Zeit ist abgelaufen.«
    »Und was wirst du jetzt machen?«
    »Machen?«
    »Was hast du vor?« Broome breitete die Arme aus. »Was jetzt? Wirst du dich an einem weiteren Mord erfreuen, bevor sie dich festnehmen?«
    »Ach, Broome«, sagte Lorraine und lächelte ihm auf eine Art zu, dass ihm wieder einmal das Herz zersprang. »Ich könnte dir niemals etwas tun. In einer Million Jahre nicht.«
    Er sah sie verwirrt an.
    Wieder ertönte das Megafon. »Lorraine Griggs. Hier spricht die Polizei …«
    »Ich habe das alles geplant«, sagte sie. »Jetzt ist Schluss. Ich habe es dir doch gestern erzählt. Ich werde sterben. Und ich will meine letzten Tage nicht auf der Flucht verbringen.«
    Sie drehte die Pistole auf dem Finger herum. Jetzt war der Lauf auf sie gerichtet.
    Broome sagte: »Nicht.«
    »Was?« Sie sah die Pistole an. »Dachtest du, ich wollte mich umbringen? Oh, wie süß, Broome, aber nein, das ist nicht der Plan.«
    Lorraine reichte ihm die Waffe und hob die Hände. »Zeit für eine Verhaftung.«
    »Das ist alles? Du ergibst dich einfach?«
    »Ja, Schätzchen, das ist alles.« Wieder lächelte sie schräg. »Du kannst es testen, indem du eine Gabel in mich hineinstichst. Ich bin gar.«
    Broome sah sie nur an. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll, Lorraine.«
    Ihr Blick zuckte kurz zur Tür, dann sah sie ihn wieder an. »Weißt du noch, wie du gesagt hast, dass du bei mir bleiben würdest, wenn ich sterbe?«
    Broome nickte: »Ja, natürlich.«
    »Dann gebe ich dir jetzt die Chance zu beweisen, dass du kein Lügner bist.« Sie hatte Tränen in den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher