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Wer einmal lügt

Wer einmal lügt

Titel: Wer einmal lügt
Autoren: H Coben
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Männern gesucht. Deshalb war ihr dieser Fall durchgeschlüpft. Er war als Notwehr eingestuft worden, nicht als Mord oder Totschlag. Da niemand eines Verbrechens beschuldigt worden war, gab es auch nicht viele Berichte über den Fall. Ein Mann namens Lance Griggs war in seinem Haus in der Nähe der Ortschaft Egg Harbor erstochen worden – also nicht einmal in Atlantic City selbst. Gegen Griggs hatten diverse Anzeigen wegen häuslicher Gewalt vorgelegen – deshalb war ihr der Fall jetzt ins Auge gefallen. Nein, er war nicht verschwunden. Er war auch nicht in einen Brunnen geworfen worden. Aber Griggs war, wie so viele andere, die in diese Angelegenheit verwickelt waren, ein Serientäter, der Gewalt gegen Frauen ausübte.
    Laut Polizeibericht hatte seine Frau mehrmals im Krankenhaus gelegen. Die Nachbarn hatten im Lauf der Jahre immer wieder Misshandlungen gemeldet. Die Polizei war immer wieder in der Wohnung aufgetaucht. Erin schüttelte den Kopf. Sie hatte mit vielen Fällen häuslicher Gewalt zu tun gehabt. Sie kannte sämtliche Rechtfertigungen aller Beteiligten, begriff aber in ihrem tiefsten Inneren immer noch nicht, warum die Frauen die Männer nicht verließen.
    Anscheinend hatte dieser Griggs seine Frau mit einem Montiereisen für Autoreifen angegriffen, ihr dabei ein Bein gebrochen und ihr dann die Stange auf die Kehle gedrückt. Irgendwie war es seiner Frau gelungen, sich zu befreien, worauf sie nach einem Messer gegriffen und ihn erstochen hatte. Weil Griggs so oft festgenommen worden war, gab es in den Akten viele Fahndungsfotos. Sie sah sich ein paar an. Als sie die Leiche fanden, war auch die Frau festgenommen worden. Erin öffnete auch ihr Foto und platzierte sie auf dem Monitor nebeneinander.
    Was für ein glückliches Paar.
    »Woran arbeiten Sie?«
    Als sie sich umdrehte, stand Goldberg hinter ihr. Toll, der hatte ihr gerade noch gefehlt. Auch er sah mitgenommen und erschöpft aus. Er hatte seine Krawatte so weit gelockert, dass er sie fast als Gürtel hätte tragen können. Es war für alle im Revier eine lange Nacht gewesen.
    »Ist wahrscheinlich nicht weiter wichtig«, sagte Erin und wollte den Monitor dunkel stellen. »Ich geh nur noch ein paar Sachen für die Mardi-Gras-Morde durch.«
    »Stop.«
    »Was ist?«
    »Machen Sie den wieder an«, sagte Goldberg.
    Widerstrebend folgte Erin seiner Aufforderung.
    Goldberg starrte auf den Monitor. »Und die beiden haben etwas damit zu tun?«
    »Ja. Sie hat ihn vor vielen Jahren getötet.«
    Er schüttelte den Kopf. »Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn.«
    »Was?«
    Goldberg deutete auf den Monitor. »Ich kenne die Frau.«
    Der Anblick des Bluts auf dem Küchenfußboden traf Broome wie ein unvermittelter Tiefschlag. Er packte seine Pistole fester und begann innerlich, alle möglichen Gebete zu sprechen und Gelöbnisse zu machen, weil er wider allen Anschein hoffte, dass Lorraine noch am Leben war. Broome verfluchte sich dafür, mit ihr gesprochen zu haben, und besonders, das in aller Öffentlichkeit getan zu haben. Hatte er aus den Ereignissen um Tawny und Harry Sutton denn gar nichts gelernt? In dieser Sache mischten ein paar hochgefährliche Personen mit.
    Wie hatte er nur so unvorsichtig sein können?
    Sein Herz raste, er durfte jedoch keine Zeit verschwenden. Er musste zu Lorraine und versuchen, die Wunde zu stillen. Broome duckte sich, rollte nach rechts und erschrak ein weiteres Mal.
    Vor ihm lag nicht Lorraines Leiche.
    Es war eine Männerleiche. Als er genauer hinsah, fiel ihm Megans Beschreibung von dem Mann wieder ein, den sie vor Harry Suttons Kanzlei gesehen hatte. Könnte es derselbe sein?
    Dieser Mann war jedenfalls eindeutig tot. Jemand hatte ihm die Kehle durchgeschnitten.
    Broome wollte sich gerade umdrehen, als er spürte, wie ihm ein Pistolenlauf in den Nacken gedrückt wurde.
    »Leg die Waffe weg, Broome«, sagte Lorraine.

ACHTUNDDREISSIG
    M egan brach es tausendfach das Herz.
    Sie hatte sich gefragt, warum Ray so überrascht wirkte, als sie ihm erzählte, dass jemand Stewart Green gesehen hatte. Jetzt verstand sie es. Ray hatte die ganze Zeit gewusst, dass Stewart Green tot war. Er hatte ein gewaltiges Opfer gebracht – ein viel zu großes Opfer –, das hinterher an ihm genagt und seine geistige Gesundheit so sehr in Mitleidenschaft gezogen hatte, dass er nicht wieder auf die Beine gekommen war. Manche Leute konnten mit so etwas leben. Sie taten einfach das, was zu tun war. Doch dafür war Ray zu sensibel. Ihm gelang das nicht.
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