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Wer den Himmel berührt

Wer den Himmel berührt

Titel: Wer den Himmel berührt
Autoren: Barbara Bickmore
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Abenddämmerung war schon angebrochen, als Cassie das Gefühl hatte, unbesorgt von Witham Downs aufbrechen zu können. Sie waren zum Abendessen geblieben, und sie hatte gespült und in der Küche aufgeräumt. Sie hatte gehofft, Sam würde nach Augusta Springs zurückkehren und nicht über Nacht bleiben wollen. Das Wetter schien perfekt zu sein, absolut wolkenlos. Da die Landebahn jetzt beleuchtet werden konnte, konnten sie gefahrlos nachts nach Hause zurückkehren. Vielleicht würde Sam noch zu ihr kommen, und dann konnten sie miteinander reden. Ein Glas guten Wein trinken und …
    Sie warf einen Blick auf ihn. Den ganzen Tag über, seit dem Aufbruch aus Tookaringa, hatte sie seine Gegenwart deutlich wahrgenommen. Sie war all diese Jahre mit ihm geflogen und hatte ihn als selbstverständlich hingenommen. Jetzt, elf Jahre nach ihrer ersten Begegnung, und fünf Wochen, nachdem er sie geküßt hatte, nahm sie ihn in jedem einzelnen Moment bewußt wahr. Wenn er einen Raum betrat oder wenn er den Kopf in die Küche streckte und fragte: »Brauchst du Hilfe?« Oder als sie vor dem Abendessen dagesessen und ein Bier getrunken hatten. Alles an ihm sprang ihr ins Auge: Wie seine Finger sich um die Bierdose legten; die Fältchen um seine Augen herum, wenn er lächelte; der Klang seines Lachens. Sie mochte seinen Schnurrbart und auch, wie sich sein Adamsapfel beim Schlucken bewegte. Wie er den Stuhl immer zurückkippte.
    Sie mochte es, daß er so gelassen wirkte und doch immer bereit war, in jeder Notlage einzuspringen, immer auf die Bedürfnisse anderer Menschen einging. Sie wollte wieder von ihm geküßt werden.
    Gestern abend hatten Blakes Küsse nicht die Gefühle entfacht, die sie in Erinnerung gehabt hatte. Sie hatte nicht so auf ihn reagiert wie damals, als seine Lippen vor so vielen Jahren ihren Mund berührt hatten.
    Vielleicht würde sie auch bei Sam keine elektrische Spannung durchzucken, aber wenn Sam sie wollte … sie konnte sich auch mit etwas weniger Feuergefährlichem begnügen. Keiner von ihnen hätte etwas Unehrenhaftes getan. Wenn er seine Ehe wirklich weiterhin aufrechterhalten hätte, wären ihnen die Hände gebunden gewesen.
    Sie spürte seine Hand auf ihrer Schulter und hörte seine Stimme an ihrem Ohr. »Bist du bereit?«
    »Wofür?« fragte sie und drehte sich lächelnd zu ihm um.
    Sie sahen einander in die Augen. Ein Lächeln spielte auf seinem Gesicht. »Für was auch immer.«
    »Ja, ich glaube, schon.«
    »Es ist aber auch an der Zeit.«
    »Das kann man wohl sagen.«
     
    Sie hatten noch eine Stunde, bis es vollkommen dunkel sein würde. Sam summte beim Start.
    Sie flogen los, ohne miteinander zu reden. Als Karmesinrot und Rosé den dunkler werdenden Himmel im Westen mit Streifen durchzogen, sagte Sam: »In einer Stunde können wir zu Hause sein. Aber ich habe eine bessere Idee.«
    »Was es auch sein mag, solange wir bloß miteinander allein sind und reden können und …«
    »Und?«
    »Morgen ist Sonntag. Wir brauchen uns an keinem bestimmten Ort einzufinden.«
    Sie konnte spüren, wie das Flugzeug sich langsamer voranzubewegen begann, und sie wußte, daß er sich zur Landung bereitmachte, daß sie inmitten dessen landen würden, was von der Welt als Niemandsland angesehen wurde. Er griff nach dem Funkgerät, meldete sich bei Horrie und sagte ihm, sie kämen erst am Vormittag zurück.
    Sam landete das Flugzeug, als die letzten Sonnenstrahlen ihm noch genügend Licht gaben. »Komm«, sagte er und nahm sie an der Hand. Während sie durch das Flugzeug liefen, griff er nach einer Decke und klemmte sie sich unter den Arm. »Laß uns draußen unter den Sternen miteinander reden.«
    Doch als Cassie die Stufen hinunterstieg, streckte er die Arme nach ihr aus und legte sie um sie. »Ehe du etwas sagst«, begann Sam, »sollst du wissen, daß ich dich liebe. Ich liebe dich nicht nur, sondern ich bin noch dazu verliebt in dich. Ich konnte nicht nur deshalb mit Olivia nicht glücklich werden, weil wir so verschieden voneinander sind, sondern auch, weil sie nicht du ist. Und in den letzten fünf Jahren habe ich mich bemüht, kein Wort von alledem zu sagen.« Sein Mund senkte sich auf ihre Lippen, und sie wußte, daß ihr ganzes Leben von Anfang an nur darauf hinausgelaufen war, daß sie endlich angekommen war.
    Er schaute auf sie herunter, und sie konnte sein Gesicht sehen, obwohl nur eine schmale Mondsichel aufging. »Du kannst Blake nicht heiraten. Du magst ihn vielleicht vor dem Krieg geliebt haben, aber
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