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Wer den Himmel berührt

Wer den Himmel berührt

Titel: Wer den Himmel berührt
Autoren: Barbara Bickmore
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    Vorwort
    Z wei Millionen Quadratmeilen Mondlandschaft. Trockene, rissige, rote Erde. Staub. Kein Wasser. Endlose Ausblicke.
    Reptilien und Millionen von Vögeln, die wie Edelsteine funkeln, Beuteltiere und Dingos erfüllen den Kontinent mit Leben. Gelegentlich kreuzen Spuren den Sand, Zeichen von Menschenhand, wie es sie nirgends sonst auf der Welt gibt. Fünfundzwanzigtausend Jahre alte Steinmalereien auf Felsen. Der entlegenste und unfruchtbarste Landstrich, der der Menschheit bekannt ist. Der abschreckendste. Millionen von Jahren unbewohnt und unbewohnbar.
    Und dann kamen ganz allmählich um die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts ein paar Männer, die sich einen Weg durch die Steinwüsten bahnten, durch die gewaltigen Sandwüsten, dem Horizont entgegen, der niemals näher zu rücken schien. Mit den Männern kamen Schafe und später Rinder. Mit ihnen gingen der Tod einher, die Trostlosigkeit und grenzenlose Einsamkeit.
    Es war ein Land für Männer, und nur die allerwenigsten besaßen die Unverfrorenheit, eine Frau zu bitten, ihr Leben so fern von der übrigen Menschheit mit ihnen zu führen. Und doch kam da und dort, Hunderte, manchmal sogar Tausende von Meilen abgelegen, eine Frau mit ihrem Mann und erschuf ihm ein Heim, gebar seine Kinder, die ebenso wie sie dazu verdammt waren, für alle Zeiten einer zivilisierten Gesellschaft entfremdet zu sein .. jeder Gesellschaft, ob zivilisiert oder nicht. Manche Menschen trieb das in den Wahnsinn. Man sprach von der Großen Australischen Einsamkeit.
    Die Sonne brennt auf diese ausgedörrte Erde herunter, die Jahrtausende lang als nicht bewohnbar für den Menschen galt. Es ist die abgeschiedenste, menschenleerste, unendlichste Weite – und zugleich auch die älteste Landmasse – auf dem Angesicht der Erde. Und die letzte, die von Weißen besiedelt wurde.
    Es ist ein Land von grenzenloser Schönheit, beängstigend, leer … ein Land mit einer unbeschreiblichen Vogelwelt, den unglaublichsten Reptilien und voller mystischem Geisterglauben. Dort findet man sowohl schwarze Eingeborene – vollkommen anders als jedes andere Volk, das dem Menschen bekannt ist – als auch Weiße von europäischer Herkunft, die sich den Herausforderungen dieses unwirtlichen Kontinents gestellt haben.
    Es ist ein Land, in dem die biblischen siebenjährigen Dürren an der Tagesordnung sind, und auf der Erde liegen verstreut die ausgebleichten Knochen von Schafen, Rindern und Pferden … und es gibt viele gebrochene Herzen hier. Es ist ein Land, in dem es ohne jede Vorwarnung zu plötzlichen Überschwemmungen kommt, die Gehöfte ausradieren und Babys ertränken. Flächenbrände, die der Wind ausbreitet, toben uneindämmbar.
    Es ist der einzige Fleck auf dem Planeten, wo Menschen in unterirdischen Höhlen hausen, um der Hochofenglut des Sommers zu entgehen, wenn die Temperaturen sich monatelang um fünfzig Grad bewegen und ein Mensch innerhalb von Stunden verdursten kann. Diese zwei Millionen Quadratmeilen lassen sich mit keiner anderen Gegend vergleichen und überschreiten das Vorstellungsvermögen der meisten Menschen.
    Daß dieses Land jemals besiedelt wurde und daß auch nur irgendeine Frau bereit war, sich auf einem Gehöft niederzulassen, von dem aus die Entfernung zum nächsten Nachbarn zwischen fünfundsechzig und vollen fünfhundert Meilen beträgt, ist wahrhaft ein Wunder. Und die Tatsache, daß dort Städte gegründet, Farmen, die Rinder- und Schafzucht betreiben, aufgebaut wurden und zu Reichtum, aber auch zu Bankrott und Tod führten, all das ist weitgehend auf die Bemühungen eines einzigen Mannes und auf den Sprechfunk und das Flugzeug zurückzuführen. Diese beiden Erfindungen und dieser Mann, Reverend John Flynn, haben den Weg für den Flying Doctor Service geebnet, eines der selbstlosesten Experimente der Menschheit, und erst das hat die Nutzbarmachung des inneren Australien ermöglicht.
    Man nennt es den Busch, das Hinterland, das Ende der Welt.

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    Teil I
    Juni 1938–August 1939
       

1
    S ie hatte nie wirklich geglaubt, daß Liebe so sein könnte. Ihr gesamtes Wesen war in Schwingungen versetzt.
    In ihren Jahren in Georgetown – in Washington, wo ihr Vater Botschafter war – hatte sie befürchtet, daß es sie von ihrem Weg abbringen könnte, wenn sie sich auf jemanden eingelassen, wenn sie sich verliebt hätte. Sie weigerte sich, das zuzulassen. In der medizinischen Fakultät hatte sie so hart arbeiten müssen, daß sie nie Zeit für Männer
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