Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1260 - Wahnsinn in Wales

1260 - Wahnsinn in Wales

Titel: 1260 - Wahnsinn in Wales
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Bisher war es nur um drei Pestkranke gegangen, die aus dem Ort Irfon, Wales, stammten. Bill war in diesem Fall an die Wurzeln gegangen und in den Ort gefahren. Er hatte die junge Frau namens Cathy Tucker kennen gelernt und zum Friedhof begleitet, wo sie das Grab des verstorbenen Pfarrers Alec Potter mit Blumen hatte schmücken wollen.
    Dass dieses Grab nicht normal war, wurde Bill spätestens zu dem Zeitpunkt klar, als aus ihm die unzähligen kleinen Spinnen herausgekrochen waren. Sie hatten Kurs auf die beiden Besucher genommen, und denen war nur die Flucht geblieben.
    Spinnen aus dem Grab eines Pfarrers. Tiere, die die Pest verbreiteten.
    Das war mehr, als man hinnehmen konnte. Das war der Wahnsinn in Wales.
    Der Reporter versuchte es mit einem Lächeln. »Okay, ich habe meine Überraschung verdaut. Das also ist Kevin.«
    »Ja.«
    »Wie alt ist er denn?«
    »Etwas über ein Jahr«, erklärte Cathy. Ihre Augen strahlten dabei. »Ich liebe ihn. Er ist mein Ein und Alles. Für ihn lohnt es sich, überhaupt zu leben.«
    Bill gab ihr Recht. »Schön, dass Sie es so sehen. Ich habe auch einen Sohn. Ich bin zudem schon recht lange verheiratet. Genau das bringt mich zu der Frage, wer der Vater des kleinen Kevin ist.«
    Die bisher weichen Gesichtszüge der Frau verhärteten sich. Sie schüttelte dabei den Kopf, schluckte und sagte mit leiser Stimme: »Es gibt ihn, aber ich habe ihn vergessen. Ich will auch nichts mehr mit ihm zu tun haben, verstehen Sie?«
    »Irgendwie schon.«
    Cathy ging zur Seite und nahm auf dem schmalen Stuhl Platz, auf dem Stoffe lagen, die sie für ihre Arbeiten brauchte. »Es ist ein Fehler von mir gewesen, mich mit diesem Mann einzulassen. Aber es ist nun mal passiert. Ich lebe hier, er ist ein Urlauber gewesen. Einer, der auf dem Motorrad unterwegs war. Ein Freelander, einer, der nicht sesshaft werden kann und sein Geld mit Gelegenheitsarbeiten verdient. Er hat auf einem Campingplatz geholfen. Er blieb auch eine Saison.« Sie hob die Schultern. »Nun ja, diese Zeit reichte dann aus. Ich wollte das Kind auch nicht abtreiben lassen, und als der Vater dann fuhr, da wusste er nicht mal, dass ich schwanger war. Ich habe ihn fahren lassen. Er wäre sowieso nicht geblieben, und ich bin in der Lage, meinen Sohn und mich auch allein durchzubringen. So ist es nun mal geschehen.«
    »Es ist menschlich, Cathy.«
    »Ja, das meine ich auch.«
    »Und die Leute im Ort?«
    Cathy schüttelte den Kopf. »Die verachten mich«, erklärte sie. »Das ist wie in einem Roman aus dem vorletzten Jahrhundert. Sie zeigen es mir nicht offen, ich spüre nur ihre Verachtung. Das liegt an den Blicken, am Verziehen der Mundwinkel, an den Worten und so weiter. Man spürt es eben mit jeder Geste. Aber ich lasse mich nicht fertig machen und gehe meinen Weg.«
    »Mit Kevin zusammen.«
    »Ja, mit ihm.«
    Bill erhob sich. »Das finde ich toll. Sie müssen sehr stark sein, Cathy.«
    »Ich bin es geworden, sagen wir mal so.« Mit dem Kind auf dem Arm drehte sie sich um und legte den Kleinen in einer Kinderwiege ab. Sie war festgestellt worden, sodass sie nicht mehr schaukelte.
    Das Holz war hellblau gestrichen, und an den Augenseiten lachten die Sonne, der Mond und die Sterne.
    Bill schaute sich den schlafenden Kleinen an. Kevin war ein niedliches Kind, wobei eigentlich alle Kinder in dem Alter niedlich sind. Ein rundes Gesicht, Pausbäckchen und recht viele braune Haare.
    Die Augen hielt er geschlossen. Er atmete durch den kleinen Mund, der halb offen stand.
    Der Junge war die Zukunft. Jedes Kind ist die Zukunft, und Bill musste automatisch daran denken, in welch einem Umfeld er jetzt aufwuchs. In einem Dorf, in dem es drei Pestkranke gegeben hatte, die jetzt in London zur Untersuchung lagen, und dort wollten sich John Sinclair und Suko um sie kümmern.
    Es war keine normale Pest, das stand fest. Nicht die Pest, die vor Hunderten von Jahren in Europa so schrecklich gewütet und wahnsinnig viele Opfer hinterlassen hatte.
    Diese Pest besaß einen anderen Hintergrund. Man konnte ihn als extrem bezeichnen, aber auch als magisch, und das Motiv musste irgendwo in der Vergangenheit begraben liegen. Aber es strahlte aus bis in die Gegenwart, sodass es Bill vorkam, als wäre ein alter Fluch zurückgekehrt. In diesem kleinen Ort hatte der Wahnsinn tatsächlich Konturen erhalten.
    Er richtete sich wieder auf und blickte Cathy an. Sie wartete auf einen Kommentar, mit dem sich Bill auch nicht zurückhielt. »Toll«, sagte er, »da kann man Ihnen nur
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher