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Wer braucht schon Liebe

Wer braucht schon Liebe

Titel: Wer braucht schon Liebe
Autoren: Denise Deegan
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War überhaupt keine gute Idee.«
    Er schneidet eine Grimasse. » Bist du dir sicher?«
    » Einhundertundzehn Prozent. Okay?«
    » Okay.«
    » Danke, Alex.«
    » Sei nicht albern.«
    Wenn der Himmel blau ist, gibt es viel zu entdecken. Flugzeuge, die ihn in einer geraden weißen Linie durchtrennen. Schwalben, die auf und nieder gleiten. Einen blassen Halbmond, der frühzeitig aufgeht. Die Sonne natürlich. Den Himmel selbst. Ich liebe Kalifornien.
    Ich sehe zu, wie Dad von unserer privaten Bucht losläuft. Ich lasse mich wieder auf mein Handtuch sinken, schließe die Augen und genieße das Kitzeln der Sonnenstrahlen auf meiner Haut. Ich versuche, nicht an David zu denken. Ein Schatten fällt über mich. Ich wundere mich, wie Dad so schnell zurück sein kann. Mit einer Hand schirme ich meine Augen gegen die Sonne ab und blinzele hoch. Aber es ist nicht mein Vater. Es ist eine Frau. In einem rosa Trainingsanzug. Ich richte mich auf, rutsche nach hinten. Denn das ist merkwürdig. Wie kann sie hier sein, auf einem absolut privaten Strand in Amerika? Und hat sie nichts anderes zum Anziehen?
    » Hi!«, sagt sie fröhlich. Und da fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Ich lag falsch. Ihr Akzent ist nicht australisch, er ist südafrikanisch.
    Ich blicke suchend über den Strand. Wo ist er?
    Aufgekratzt streckt sie mir die Hand entgegen. » Ich habe mich nie vorgestellt. Ich bin Sarah, eine Freundin von deinem Vater.«
    Es mag ja sein, dass sie Sarah ist. Aber sie ist keine Freundin. Mein Verstand beginnt zu rasen. Damals im Laden. Sie war keine Kundin – sie hat nur versucht, an mich heranzukommen. Weil sie so am besten an Dad herankommen kann. Oh mein Gott! Der Verlobungsring! Der war für ihn! Wie durchgeknallt ist diese Person, die mir jetzt die Hand schütteln will? Ich stehe auf. Gebe mich ganz cool. Damit ich Zeit habe, mir zu überlegen, was ich tun soll. Langsam strecke ich die Hand aus. Ihre Hand ist kalt und feucht. Ich kann nicht anders, ich lasse sie los, als wäre es eine Schlange.
    » Muss ein schweres Jahr für dich gewesen sein – nach dem Tod deiner Mum.« Ich sehe wieder den Strand entlang. Und entdecke ihn. Aber so weit weg, dass ich nicht erkennen kann, ob er sich immer noch vom Haus entfernt oder ob er schon wieder auf dem Rückweg ist.
    » Sie hat ihn wirklich geliebt, nicht wahr?«
    Plötzlich verspüre ich den Drang, von ihr wegzukommen. » Entschuldigen Sie, aber ich muss los. Warum rufen Sie Dad nicht an?« Ich greife nach meinem Handtuch.
    » Ich habe sie gehasst«, sagt sie.
    Vergiss das Handtuch. Ich gehe einen Schritt zurück.
    Sie geht einen vor.
    Wäre es dumm, wenn ich weglaufen würde?
    Dann höre ich, wie Dad mich ruft. Er sprintet den Strand hoch auf uns zu. Noch nie war ich so erleichtert, ihn zu sehen.
    » Verschwinden Sie!«, herrscht er sie so bestimmt an, dass ich selbst zurückweiche.
    Er stellt sich vor mich, schirmt mich vor ihr ab. Sein T-Shirt ist am Rücken schweißnass. Er atmet so heftig, dass sein ganzer Rücken bebt bei jedem Atemzug.
    » John«, sagt sie, und ein Lächeln breitet sich auf ihrem Gesicht aus. » Wie geht es dir?«
    Durchgeknallt, denke ich. Komplett durchgeknallt.
    » Das geht zu weit. Sie lassen meine Tochter aus dem Spiel.«
    » Ich habe nur Hallo gesagt.«
    » Okay, Sie haben Kontaktverbot …«
    Sie lacht.
    » Alex, wir gehen.« Er legt einen Arm um mich und marschiert los. Er läuft mit weit ausholenden Schritten, aber mir ist das nicht genug. Wir müssen ins Haus. Und zwar schnell.
    » Dreh mir nicht den Rücken zu«, schreit sie nun fast. » Ich dulde es nicht, dass man mich ignoriert.«
    Ich würde am liebsten rennen, aber sein Arm sorgt dafür, dass ich weiter neben ihm hergehe. » Schau dich nicht um«, sagt er. Das Problem mit dem Sich-nicht-Umschauen ist, dass man sie nicht sieht. Und ich bin mir nicht sicher, ob das eine gute Idee ist. » Lauf weiter. Wir sind fast da.«
    Alles geht ganz schnell. Plötzlich ist sie hinter uns. Ich weiß nicht, wie sie es so schnell geschafft hat, so leise – aber da ist sie, den Arm hochgereckt, und aus den Augenwinkeln sehe ich verschwommen, wie er blitzartig und voller Wucht auf den Rücken meines Vaters niederfährt. Schockiert sieht er mich an, sein Gesicht wird weiß.
    » Mein Gott«, bringt er stockend hervor.
    Eine Sekunde lang stehen wir alle drei vollkommen regungslos da. Dann lässt sie etwas in den Sand fallen. Ich sehe Blut. Und das Messer, das der Auslöser dafür ist. Ich drehe total durch.
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