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Wer braucht denn schon Liebe

Wer braucht denn schon Liebe

Titel: Wer braucht denn schon Liebe
Autoren: Marte Cormann
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auf eine Bank aus fein geschwungenem Metall fallen. Erschöpft schloss sie die Augen.
    Das Schicksal erlaubte sich einen Scherz mit ihr. Der einzige und erste Mann, den sie wirklich von ganzem Herzen liebte, entpuppte sich als waschechter Prinz. In ihren Augen kam dies einem Albtraum gleich.
    Karen musste für einen Moment eingenickt sein, denn als es ihr die Füße vom Boden riss, schreckte sie auf.
    Sie blickte geradewegs in die bittenden Augen von Lorenzo, der sie auf Händen durch den Park trug.
    »Ich bin ein Idiot«, keuchte er. Anscheinend gehörte Gewichtheben nicht zu seinen bevorzugten Sportarten.
    »Aber nicht doch, Eure Durchlaucht. Prinzen sind allenfalls labil oder infantil. Die Idioten sind immer bloß die anderen.« Bitterkeit klang aus ihren Worten. Karen schämte sich dafür. Wann hatte sie ihre sprichwörtliche Coolness verloren?
    »Kannst du mich bitte wieder runterlassen?«
    Doch Lorenzo ließ sich von ihr nicht aus der Ruhe bringen. Was auch immer in den nächsten Minuten zwischen ihnen geschehen würde – das Glück seines Lebens hing davon ab. Also schritt er mit seiner süßen Last auf den Armen zügig fort, bis sie die Treppe erreichten, die die Steilküste hinunter zum Strand führte.
    »Es war ein Fehler, dich so zu überrumpeln. Ich hätte selbst zu dir nach Mähberg …«
    »Meerbusch«, korrigierte Karen automatisch.
    »Äh … nach Meerbusch kommen müssen, um mit dir zu reden und dir alles zu erklären.«
    »Das hätte nichts geändert. Ich kann dich nicht heiraten.«
    »Warum?«
    Ohne zu antworten, begann Karen auf seinem Arm mit den Beinen zu zappeln, damit er sie endlich wieder auf den Boden setzte.
    »Vorsicht!« Der erschrockene Ton in seiner Stimme ließ Karen aufhorchen. Misstrauisch warf sie einen Blick über ihre Schulter. Unter ihnen gähnte der Abgrund. Der Anblick reichte aus, um Karen auf Lorenzos Armen erstarren zu lassen.
    »Willst du uns beide umbringen?«, wisperte sie furchtsam.
    »Ich will dir etwas zeigen.« Behutsam stellte er sie zurück auf den Boden, doch Karen umklammerte seinen Hals unvermindert mit der Kraft eines Schraubstocks.
    »Ich habe Angst«, gestand sie zitternd. Dabei war sie sich überhaupt nicht sicher, ob sie nur den steilen Treppenpfad meinte.
    Vorsichtig löste Lorenzo jeden ihrer verkrampften Finger einzeln von seinem Hals. »An deiner Stelle hätte ich die auch. Woher sollst du auch wissen, was dich erwartet?« Liebevoll lächelte er sie an. Auch er schien weit mehr zu meinen als nur den Abstieg hinunter zum Strand.
    »Vertrau mir.«
    Magische Worte. Schon einmal hatten sie Karen zum Leichtsinn verführt, indem sie auf einen fahrenden Zug aufsprang.
    Würde ein Leben an Lorenzos Seite ewig so weitergehen? Ein ständiges Wechselbad der Gefühle – zwischen Pflichterfüllung und Abenteuer? Aufregend, mitreißend, anstrengend?
    Diesmal würde sie sich nicht so leicht verzaubern lassen, beschloss Karen. Es ging um weit mehr als um ein paar Sekunden Nervenkitzel. Während sie, den Blick starr auf die Stufen gerichtet, Lorenzo angespannt folgte, kramte sie im Kopf alle Argumente hervor, die gegen eine Verbindung mit ihm sprachen.
    Im Gegensatz zu ihr war er mit einem goldenen Löffel im Mund geboren worden. Ihre Großmutter hingegen hatte sie von ihrer Minirente großgezogen.
    Sie beherrschte das kleine Einmaleins seiner Welt nicht. Hofknicks vor gekrönten Häuptern. Staatsempfänge für Staatsoberhäupter. Protokollchefs, Sicherheitsbeamte, Presseberater. Dreimal am Tag umziehen. Kein Abendkleid zweimal tragen. Benefizveranstaltungen ohne Ende. Hüte, die an Elbkähne erinnerten. Anhängsel des eigenen Mannes sein.
    Ein Lügner war Lorenzo obendrein, denn nicht die Wahrheit sagen war auch gelogen.
    »Na siehst du, war doch gar nicht so schlimm!«, drang in diesem Moment seine Stimme in ihr Bewusstsein vor. Endlich hatten sie den Fuß der Treppe erreicht. Karen hatte die Stufen nicht gezählt, aber ihre Beine zitterten vor Anstrengung, als sie stehen blieb und das Bild der Bucht in sich aufnahm.
    Blendend weißer Sand, türkisschillerndes Meer und ein Himmel, den nicht eine Wolke verunstaltete. Ein Paradies wie aus dem Reiseprospekt.
    »Traumhaft, wirklich wunderschön«, strahlte Karen bezaubert. Offenbar hatten bereits andere vor ihnen den Reiz der Bucht entdeckt, denn irgendwo in der Nähe dudelte ein Radio Mozarts Krönungsmesse herunter.
    »Trotzdem: In zwei Stunden geht mein Flieger«, zwang Karen sich mit Blick auf die Uhr, der Realität
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