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Wer bist du, schöne Juno

Wer bist du, schöne Juno

Titel: Wer bist du, schöne Juno
Autoren: Stephanie Laurens
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geschehen, daß er diese Feinheiten vergaß.
    Er beschloß, sich in der Scheune umzusehen. Vielleicht fand er sogar etwas Eßbares. Nach einer Weile kehrte er mit einem Sack Kartoffeln zurück. „Nun, verhungern müssen wir wenigstens nicht. Ich werde ein Feuer entfachen und die Kartoffeln darin garen.“
    Helen lächelte ihn erfreut an. Sie wußte zwar nicht, wie im offenen Feuer gegarte Kartoffeln schmeckten, aber ihr Magen machte sich bereits deutlich vernehmbar.
    Vor der Scheunentür, wo der Windschatten der Scheune die Flammen vor dem stetig fallenden Regen schützte, entfachte Martin ein Feuer. Hin und wieder ging ein gleißender Blitz dem krachenden Donner voraus. Die Pferde scharrten nervös, beruhigten sich jedoch. Im Innern der Scheune war alles trocken und gemütlich.
    „Das müßte genügen.“
    Auf einem Bündel Stroh sitzend, schaute Helen auf und sah ihrem Retter zu, wie er die Kartoffeln in die Glut legte.
    Helen zog eine alte Kiste näher zum Feuer und fragte: „Woher wissen Sie das alles?“
    „In meinen vielen und abwechslungsreichen früheren Leben war ich unter anderem Soldat.“
    „Im Peninsularkrieg?“
    Martin nickte. Während er mit der Frau die heißen Kartoffeln verspeiste, unterhielt er sie mit farbigen Geschichten über seine Kriegszeit, ließ jedoch die allzu blutigen Details der Feldzüge weg. Notwendigerweise endete sie mit der Schlacht bei Waterloo.
    „Danach nahm ich meine ... geschäftlichen Angelegenheiten wieder auf.“
    Er stand auf und reckte sich. Draußen war Finsterste Nacht. Es war, als seien er und die Frau die einzigen menschlichen Lebewesen weit und breit. Er lächelte flüchtig. Welche Gelegenheit für jemanden, der seine Neigungen hatte, mit einer schönen Juno in eine Scheune verschlagen zu sein. Leider war die schöne Juno fraglos vornehmer Herkunft und stand unter seinem Schutz. Das Lächeln verwandelte sich in ein Grinsen und verschwand, ehe sie es bemerken konnte. Er streckte die Hand aus und half ihr auf die Füße.
    „Zeit, schlafen zu gehen.“
    Resolut verdrängte er alle Fantasien, die beharrlich an die Tür seines Gewissens klopften. Mit dem Kopf wies er zur Stiege.
    „Da oben gibt es Bündel frischen Strohs. In der Nacht werden wir es also gemütlich haben.“
    Willig folgte Helen ihm zur Leiter, denn alle Befürchtungen, die sie gehabt hatte, waren in den vergangenen Stunden geschwunden. Sie fühlte sich ausgesprochen sicher mit diesem Mann und war ausgesprochen zuversichtlich, daß er sich so benehmen würde, wie er sollte. Irgendwie waren sie Freunde geworden, die gemeinsam ein Abenteuer erlebten.

3. KAPITEL
    Die offenkundige Zuversicht der Dame entging Martin nicht. Er fand ihr Vertrauen seltsam rührend. Das war etwas, das man ihm normalerweise nicht schenkte, und es war etwas, das zu zerstören er nicht den Wunsch hatte.
    Er nahm die Laterne vom Haken und sagte lächelnd: „Ich gehe als erster hinauf. Können Sie allein die Sprossen hochklettern?“
    Die Vorstellung, von ihm die Leiter hinaufgetragen zu werden, wie ein Sack Kartoffeln über seiner Schulter liegend, war unerträglich. Helen entledigte sich dann des Mantels.
    „Wenn Sie ihn mitnehmen, komme ich zurecht.“
    Martin nahm den Carrick an sich und erklomm rasch und geschickt mit der Laterne die Stiege. Dann hielt er die Laterne nach vorn, um der Dame zu leuchten.
    Sie raffte die Röcke zur Seite und bewältigte, sorgfältig darauf achtend, keinen Fehltritt zu tun, den Aufstieg.
    Martin schluckte einen Fluch hinunter. Er hatte gedacht, es sei richtiger, als erster hinaufzuklettern, um ihr die mögliche Peinlichkeit zu ersparen, vor ihm die Fußgelenke und Waden entblößen zu müssen. Doch der
    Anblick, der sich ihm nun bot, die von dem tiefen Dekollete nur halbverhüllten weißen Brüste, war genauso skandalös und gleichermaßen verlockend. Und er sollte eine ganze Nacht verbringen, mit dieser Frau in seiner Reichweite? Er biß die Zähne zusammen und zwang sich zu einer möglichst ausdruckslosen Miene.
    Nachdem er die Dame in Sicherheit gebracht hatte, ging er zur Dachluke, öffnete sie und ließ kühle Nachtluft und einige Strahlen Mondscheins hereindringen, der durch Lücken in den sturmgepeitschen Wolken fiel. Er löschte das Licht in der Laterne und stellte sie sicher auf einen Dachsparren. Schon früher am Abend hatte er das Plaid aus der Karriole heraufgebracht. Er breitete den Mantel auf dem Stroh aus, nahm die Decke und reichte sie der Dame.
    „Sie können hier schlafen.
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