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Wer bist du, schöne Juno

Wer bist du, schöne Juno

Titel: Wer bist du, schöne Juno
Autoren: Stephanie Laurens
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hochgewachsen, von kräftiger Statur und hatte ein markant geschnittenes Gesicht. Hinter seinem beherrschten Äußeren erkannte sie jedoch eine gewisse unbeugsame Härte und den erklärten Willen, auch die Freuden des Lebens in vollen Zügen auszukosten. Zu ihrem Schrek-ken hob er, sobald er vor ihr stand, ihre Hand zum Kuß an die Lippen, liebsten hätte sie es ihm verboten, war indes vor Überraschung außerstande, einen Laut über die Lippen zu bringen.
    „Guten Tag“, begrüßte Martin sie, legte ihr sacht die Hand wieder auf den Schoß und drückte ihr einen Kuß auf die faltige Wange.
    Wider Willen spürte sie das Herz schneller schlagen und ärgerte sich über sich selbst. Es war lächerlich, Gefühle zu haben, nur weil das schwarze Schaf der Familie sich wieder daheim befand. Als er England verlassen hatte, war er zweiundzwanzig Jahre alt gewesen und bereits in allen Lastern erfahren, deren junge Männer sich gern befleißigten. Besonders sein Hang zu Frauen hatte seiner aussichtsreichen Zukunft ein jähes Ende gemacht. Damals hatte eine Miss Monckton behauptet, von ihm verführt worden zu sein. Er hatte jedoch alles abgestritten, obwohl ihm in der Familie niemand glaubte, und sich geweigert, Miss Monckton zu heiraten. Zorn bebend hatte der Vater Miss Moncktons Eltern mit Geld abgefunden und Martin dann zu einem auf den Bahamas lebenden endernten Verwandten verbannt. Später hatte er diese Entscheidung bitter bereut und war gestorben, ohne seinen Lieblingssohn wiedergesehen zu haben.
    Er lächelte schwach, und Catherine deutete es als Zeichen, daß ihm bewußt war, wie sehr er sie innerlich aus dem Gleichgewicht geworfen hatte. Entschlossen, sicher zu stellen, daß er nicht erneut einen Skandal verursachte, der sie und ihre Angehörigen in peinliche Verlegenheit stürzte, nahm sie sich vor, ihn in jeder Hinsicht unter Druck zu setzen.
    Sie legte alle Strenge in ihren Blick, deren sie fähig war, und sagte frostig: „Meines Wissens habe ich verlangt, daß du dich nach der Ankunft in England unverzüglich bei mir einfindest!“
    Gänzlich unbeirrt durch den kühlen Ton, schleuderte Martin zum Kamin, drehte sich um und fragte höflich erstaunt: „Hat mein Sekretär dir nicht geschrieben?“
    , Ja, falls du dich auf den Brief eines gewissen Wetherall bezogen hast, in dem er mir zu verstehen gab, du seist vorläufig verhindert, da du zunächst dringende Pflichten wahrnehmen müßtest, mich jedoch zu passender Gelegenheit aufsuchen würdest. Ich wüßte gern, was du dir dabei gedacht und warum du so lange benötigt hast, ehe du dich zu mir bemühtest.“ Martin hatte befürchtet, daß die Unterhaltung unerfreulich werden würde, gewann jetzt jedoch den Eindruck, die Mutter sei umgänglicher geworden und weniger angriffslustig. Vielleicht lag es an der Krankheit.
    Er stellte den Fuß auf den Kaminsockel, stützte den linken Arm auf den kunstvoll behauenen Sims und erwiderte gelassen: „Es muß dir genügen, wenn ich dir eröffne, daß die finanzielle Situation der Familie deprimierender ist, als ich angenommen hatte. Ich habe mich auf unseren Landgütern sachkundig gemacht und mittlerweile die dringlichsten Anordnungen zur Rettung des Besitzes in die Wege geleitet. Daher konnte ich heute die Zeit erübrigen, um mich bei dir zu erkundigen, aus welchem Grund du mich unbedingt zu sprechen wünschtest.“
    Catherine rang um Haltung. Nicht die Antwort als solche hatte sie ver-blüfft, sondern der harte Ton, in dem sie vorgebracht worden war. Martins Stimme hatte einen befehlsgewohnten Klang gehabt, und von seiner früheren charmanten, gefälligen Art war nichts mehr zu bemerken. Catherine dachte indes nicht daran, sich einschüchtern zu lassen. Von ihren Söhnen war Martin stets der unverschämteste gewesen. Sobald sie jedoch klargestellt hatte, daß er sich ihr würde fügen müssen, gehörte diese Dreistigkeit gewiß der Vergangenheit an.
    „Ich gedenke, dir einiges anzukündigen, das deine Zukunft betrifft“, sagte sie so würdevoll wie möglich.
    Gemächlich lehnte Martin sich an den Kamin, schlug ein Bein über das andere und schaute sie abwartend an.
    Sie krauste die Stirn und forderte ihn kühl auf: „Nimm Platz.“
    „Danke, ich stehe lieber“, entgegnet er achselzuckend. „Was hast du mir mitzuteilen?“
    Seine Gleichmütigkeit irritierte sie, doch sie entschied sich, die Verunsicherung nicht zu zeigen, hielt seinem Blick stand und antwortete gebieterisch: „Das wichtigste ist, daß ich es nunmehr
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