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Wenn ich sterbe, stirbst auch du Kommissar Morry

Wenn ich sterbe, stirbst auch du Kommissar Morry

Titel: Wenn ich sterbe, stirbst auch du Kommissar Morry
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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von Fläche ein Maximum von steinernen Schnörkeln anbringen wollen.
    Patrick erklomm die breite Treppe und drückte dann auf den in einer schlüsselartigen Vertiefung ruhenden Klingelknopf. Die ältere Frau im grauen Kleid, die ihm wenig später öffnete, war offenbar die Magd.
    Sie betrachtete ihn mit Mißtrauen, das alleinstehende ältere Damen fast jedem jungen Mann zollen, und atmete erst auf, als Patrick sich vorstellte und auswies.
    „Bitte, kommen Sie herein“, sagte sie und führte Patrick durch eine dunkle Halle in einen Salon mit zwei Fenstern, die den Blick auf einen nicht sehr großen Park an der Hinterfront des Hauses freigaben.
    Die Einrichtung des Salons entsprach ziemlich genau Patricks Erwartungen. Es war ein museal wirkender Raum, in dem sämtliche Stilrichtungen vertreten waren, die einmal — um die Jahrhundertwende herum — eine Rolle gespielt haben mochten.
    „Bitte, setzen Sie sich doch“, bat die Magd und rückte Patrick einen hölzernen, hochlehnigen Stuhl zurecht, obwohl sich eine Reihe tiefer und bequemer Sessel im Raum befanden.
    Wahrscheinlich will sie die Ungetüme schonen, schoß es dem belustigten Patrick durch den Kopf. Er nahm Platz und legte ein Bein über das andere. Seine Blicke, mit denen er die Einrichtung gemustert hatte, wandten sich wieder der Bediensteten zu, die sich auf dem äußersten Rand eines Sofas mit Umbau niedergelassen hatte.
    „Sie wissen, warum ich gekommen bin, nicht wahr?“ sagte er freundlich.
    Die Magd nickte. Sie trug eine Nickelbrille mit dicken Gläsern, die ihre Augen starr und wie fixiert erscheinen ließen. Sie mochte etwa sechzig Jahre alt sein. Ihr faltiges Gesicht machte den Eindruck, als habe sie es zeit ihres Lebens keinem Sonnenstrahl ausgesetzt. Es war, als läge eine hauchdünne Schicht grauen Mehls darauf.
    Das einzige an ihr, was den Kontakt zur modernen Zeit herstellte, war ein kleines Hörgerät aus elfenbeinfarbigem Plastikmaterial. Es war eine knopfgroße Kugel, die am rechten Ohr befestigt war und von der ein dünner Draht zu dem Batteriegehäuse führte, das sie in der Schürzentasche trug.
    „Das Reiseziel von Mrs. Cumberland ist Ihnen nicht bekannt?“
    „Nein, Sir. Die gnädige Frau liebte es, ins Blaue zu reisen. Ich habe keine Ahnung, wohin sie diesmal gefahren ist.“
    „Welches Gepäck hat sie mitgenommen?“
    „Das übliche, Sir. Nur einen Koffer. Wenige Kleider zum Wechseln, ein paar Bücher, die Toilettensachen.“ Das bejahrte Hausmädchen errötete. „Natürlich auch die notwendige Wäsche. Wirklich nicht viel. Auf keinen Fall genug, um vier Wochen auszureichen.“
    „Wer brachte sie zum Bahnhof?“
    „Niemand. Sie nahm ein Taxi, Sir.“
    „Pflegte sie die Fahrkarten selbst zu kaufen oder beauftragte sie ein Reisebüro damit?“
    „Sie besorgte sich die Karten selbst, Sir, und zwar unmittelbar vor der Abfahrt des Zuges.“ „Begleiteten Sie Mrs. Cumberland regelmäßig zum Bahnhof?“
    „Niemals, Sir.“
    „Woher wollen Sie dann wissen, daß Mrs. Cumberland die Karten erst vor der Abfahrt des Zuges löste?“
    „Wir haben zwar Telefon im Hause, Sir, um angeruf en werden zu können, aber Mrs. Cumberland weigerte sich entschieden, es jemals zu einem Anruf zu benutzen. Alles, was zu erledigen ist, wird von mir geregelt. Ein Auftrag für ein Reisebüro befand sich noch nie darunter.“ „Verstehe. Hm... wie heißen Sie eigentlich?“
    „Mein Name ist Ipswich, Sir. Rose Ipswich.“ Patrick nickte und dachte darüber nach, was sich das Schicksal wohl gedacht haben mochte, als es diesem holztrockenen Geschöpf den Namen ,Rose‘ schenkte.
    „Miß Ipswich“, fragte er, „haben Sie vor Mrs. Cumberlands Reise etwas Besonderes feststellen können?“
    „Etwas Besonderes?“
    „Na ja..., erhielt sie keinen Brief, war sie aufgeregt..., ich meine, gab es Anzeichen dafür, daß diese Reise sich von den bisherigen unterscheiden würde?“
    „Nicht im geringsten, Sir.“
    „Soweit mir bekannt ist, gehörte die Reiselust nicht immer zu Mrs. Cumberlands Gewohnheiten, nicht wahr?“
    „Die gnädige Frau reist erst seit zwei Jahren, Sir.“
    „Hat die Änderung von Mrs. Cumberlands Eigenarten auch andere Auswirkungen gezeitigt? Ich meine, war der Ausbruch der Reiseleidenschaft von einer generellen Umwandlung der Lebensgewohnheiten begleitet?“
    Rose Ipswich zögerte ein wenig mit der Antwort. Schließlich sagte sie: „Ja, es gibt da einige Punkte, die mir auffielen und mich anfangs erschreckten. Mrs. Cumberland
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