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Wenn ich sterbe, stirbst auch du Kommissar Morry

Wenn ich sterbe, stirbst auch du Kommissar Morry

Titel: Wenn ich sterbe, stirbst auch du Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Nähe —“
    Miß Ipswichs vorstehender Adamsapfel wanderte zweimal rasch nach oben und wieder zurück. Ihre Augen hinter den dicken Brillengläsern weiteten sich. Sie schien nicht recht zu wissen, ob der junge Mann von Scotland Yard infolge seiner verrohenden Tätigkeit zu geschmacklosen Scherzen neigte, oder ob er meinte, was er sagte. Das letztere vermochte sie einfach nicht zu glauben.
    „Ihre Bemerkung ist, gelinde ausgedrückt, höchst unpassend“, erwiderte sie indigniert.
    „Ich räume gern ein, daß meine Feststellung einen empfindsamen Charakter leicht schockieren kann“, gab Patrick zurück und hielt die Nase noch immer erhoben, als prüfe er seinen Geruchssinn. „Aber seien Sie überzeugt, ich sage so etwas nicht leichtfertig. Ich habe eine gewisse, wenn auch traurige Erfahrung und weiß, welchen intensiven Eigengeruch tote Körper entwickeln. Dieser penetrante Geruch ist kaum mit einem1 anderen zu verwechseln.“
    „Und Sie wagen zu behaupten, diese Art von Geruch herrsche hier im Hause vor?“ japste Miß Ipswich, deren anfängliches Überraschtsein in Empörung umschlug. „Unerhört! Noch niemals in meinem Leben wurde ich so beleidigt! Ich werde mich über Sie beschweren! Das ist ein großes Haus, und es enthält viele Zimmer; ich hingegen bin eine alte Frau, die viel von ihrer früheren Beweglichkeit eingebüßt hat. Trotzdem sehe ich sorgfältig darauf, daß hier weder etwas verwest noch verschimmelt. Ich dulde selbstverständlich keinen Schmutz. Überzeugen Sie sich gefälligst augenblicklich davon, daß dies ein untadelig sauberes Haus ist.“
    Nachdem sie das gesagt hatte, klappte sie den Mund so kategorisch zusammen, als wäre sie entschlossen, ihn während der nächsten Stunden nicht wieder zu öffnen.
    „Beginnen wir mit der Küche“, schlug Patrick vor.
    Miß Ipswich ging im demonstrativ pikierter Haltung voran. Schweigend öffnete sie ihm die Tür.
    Patrick musterte die Räume nur sehr flüchtig. Miß Ipswich war darüber nicht wenig erstaunt. Nach seiner Ankündigung hatte sie wohl damit gerechnet, daß er alle Schränke und Truhen öffnen würde. Aber nichts dergleichen geschah.
    „Ich weiß wirklich nicht, was Sie suchen“, murrte sie, als sie ins erste Stockwerk stiegen.
    Hier waren die Zugänge zu den Korridoren mit dunkelroten Plüschportieren verhangen. Es roch muffig. Alle Ecken waren düster. Patrick sah, daß dieses Haus ein ideales Versteck für Leute war, die sich den Nachstellungen der Polizei zu entziehen hofften. Am obersten Treppenabsatz blieb er stehen. Er bewegte schon wieder schnüffelnd den Kopf.
    „Der Geruch wird stärker“, bemerkte er.
    „Ich möchte wirklich einmal wissen was Sie haben“, murrte Miß Ipswich, die nichtsdestoweniger ebenfalls so tat als versuche sie, einen fremden Geruch wahrzunehmen.
    „War es nicht so, daß Sie vorhin die Auffassung vertraten, der Gestank in der ganzen Umgebung verpeste alle Räume hier?“
    „Ich sprach von der Lederfabrik!“
    „Und ich spreche von dem leichenhaften Geruch!“
    Miß Ipswich lief rot an. „Wenn Sie nicht sofort mit diesen tödlichen Beleidigungen aufhören, sehe ich mich genötigt, Sie aus dem Haus zu weisen!“
    „Hören Sie, Miß Ipswich“, sagte Patrick gemessen freundlich, „wir halten uns, wie Sie selbst zugeben, in einem großen Haus mit vielen Zimmern auf. Zur Zeit wohnen Sie allein darin. Sie ließen mich vorhin wissen, daß Ihre Hörfähigkeit ohne das sehr nützliche Gerät stark eingeengt ist. Sie legen es mir darum hoffentlich nicht als Unhöflichkeit aus, wenn ich konstatiere, daß Sie womöglich nächtliche Eindringlinge kaum hören könnten.“
    „Was soll das heißen?“
    „Genau was ich sage. Wenn hier jemand einen Toten ins Haus trüge, würden Sie es wahrscheinlich kaum! bemerken!“
    Miß Rose reckte den Kopf hoch und sagte: „Ich glaube, Sie sind toll! Wollen Sie mir Angst einflößen?“
    „Keineswegs.“
    „Herrgott, ja, ich höre schwer. Wahrscheinlich könnte man nachts hier eindringen, ohne daß ich es höre. Ich könnte sogar verstehen, wenn Diebe dieses Haus mit seinen beträchtlichen Wertgegenständen heimsuchen wollten. Aber warum, um alles in der Welt, sollte jemand einen Toten hier ins Haus bringen?“
    „Keine Ahnung“, meinte Patrick. „Sie haben natürlich recht. Es ist ein höchst abwegig anmutender Gedanke. Aber mich irritiert dieser merkwürdige Geruch...“
    „Mir wird ganz übel“, sagte Miß Ipswich. „Ich habe immer sehr viel von dem guten

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