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Wenn er mich findet, bin ich tot

Wenn er mich findet, bin ich tot

Titel: Wenn er mich findet, bin ich tot
Autoren: Elisabeth Rapp
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Ahnung, ob Vanessa oder Jana keift.
    »Er ist mein Freund, du Arsch!« (Jana?)
    »Nein, meiner!« (Vanessa?)
    Wieder taucht Sandras Kopf auf. Sollen wir eingreifen? , fragen ihre blitzenden Augen.
    Nein, nein, nein! Ich schüttle entschieden den Kopf. Da kann man nur alles falsch machen.
    Vanessas Vorliebe gilt den Einsilbigen. Sie macht im fliegenden Wechsel mit Lars, Cem, Sam, Nils und Ben rum. Drama und zwei Schlägereien in Folge. Kaum verliert sie ihr Interesse an einem der Jungs, tröstet Jana Lars, Cem, Sam, Nils und/oder Ben. Drama. Beinahe-Schlägereien. Und jetzt behaupten beide, die jeweils Andere würde ihnen die täglich wechselnden Lover ausspannen. Öde.
    Ich muss dringend meine Panikbücher woanders verstecken.

4
Oktober
    Die Tage werden kälter, kürzer, dunkler. In den Tagesablauf kommt Routine rein. Das ist gut und schlecht. Innerhalb der Gruppe und was die Arbeit betrifft, fühle ich mich sicherer. Doch die ständige Bewegung in der Kälte macht einen fertig. Und außer dem Laufen bietet sich keine Rückzugsmöglichkeit. Ich gerate ins Dauergrübeln, und das ist meinem seelischen Wohlbefinden abträglich.
    »Willst du mit nach Ivalo?«, fragt Beck. »Voito Riski macht Besorgungen. Brauchst du auch was?«
    »Super.« Ich nicke. »Eine Stirnlampe und eine Laufjacke.«
    »Also los, er sitzt schon im Auto.«
    Ich lasse den Hammer fallen. Bevor irgendwer »Ungerecht!« schreien kann, bin ich weg.
    Gegen meine Englisch-Panik habe ich mich erfolgreich desensibilisiert. Und Riski ist mehr als okay. Absolut korrekt behandelt er uns. Gestern hat er Lars mit zwei Handgriffen zu Boden geworfen und ihn gezwungen, für eine Stunde sein dummes Maul zu halten. Absolut korrekt.
    Ich hau die Tür zu und sag: »Danke.«
    Hinter uns spritzt der Schotter weg. Riski fährt seinen Geländewagen offensichtlich gern schnell. Finde ich gut,ich will möglichst schnell weg. Richtung Nellim bemerke ich im Rückspiegel einen Wagen, der uns in großem Abstand folgt. »Ich dachte, wir wären die einzigen Menschen in der Einöde«, sag ich.
    Er lacht. »Merkwürdig, dass du als Großstadtmensch überhaupt ein Auto registrierst.«
    Ich halt die Klappe. Er muss nicht wissen, dass ich mich, seit ich denken kann, in einem Endlosversteckspiel verheddert habe. Eins, zwei, drei, vier Eckstein, alles muss versteckt sein. Hinter mir und vorder mir gilt es nicht, und an beiden Seiten nicht! Allerdings weiche ich von den Spielregeln ab, indem ich gar nicht erst aus dem Versteck rauskomme, weil ich ein erbärmlicher Angsthase bin und mich vor eingebildeten Verfolgern fürchte.
    Riski kann zum Glück keine Gedanken lesen. »Weißt du, dass ich zweimal Regionalmeister im Biathlon war?«
    Biathlon? Das ist doch Skilanglauf und Schießen, überlege ich. Okay, tut mir leid, ich hab nicht vergessen, dass die Region Inari gerade mal siebentausend Einwohner hat. Lass davon siebzig, was viel wäre, an Biathlon-Wettkämpfen teilnehmen … Ich bin also nicht beeindruckt, doch ihm zuliebe halte ich den Daumen hoch.
    »Ist das alles?« Riski spielt den Empörten. »Morgen laufen wir zusammen. Dann sehe ich ja, was du draufhast.«
    Ausrede. Er ist ein neugieriger Finne und fragt mich schon zum dritten Mal, ob ich mit ihm laufen gehe.
    »Du läufst doch nicht vorm Frühstück«, sage ich.
    »Wozu Hals und Knochen brechen auf der Schotterstraße? Wir laufen im Gelände.«
    Das wäre natürlich cool. »Ich hab Kantinen- und Küchendienst. Und außerhalb meiner Schicht ist es zu dunkel.«
    »Nicht, wenn du eine Stunde vor Mittag mit der Arbeit aufhörst und mit mir trainierst. Dann bist du befreit.«
    »In Ordnung«, sage ich bescheiden.
    Innerlich tanz ich den wilden Rentiertanz der Samen. Yippie! Nach dem Laufen kann ich in Ruhe duschen und mein neues Panik-Tagebücher-Versteck fertig machen. Meine Containermitbewohnerinnen stecken dann mitten im Kochstress. Ich habe Akne-Sam ein Spind-Regalblech geklaut, das als doppelter Boden für meinen Spind passt. Ich muss es nur noch einlegen, meine leicht muffelnden Laufschuhe darauf platzieren und fertig ist mein Geheimfach. Es ist nämlich nur noch eine Frage der Zeit, bis Vanessa und Jana endgültig zerstritten sind und ihre Betten und Spinde wieder auseinanderzerren werden.
    Riski reißt mich aus meinem zufriedenen Pläneschmieden.
    »Also, morgen ist der 16. Oktober, und wir beginnen unser gemeinsames Lauftraining.«
    »Ja, morgen häng ich dich ab.«
    Er lacht sich schlapp. Mir wär wohler, wenn er nicht so
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