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Wenn du mich brauchst

Wenn du mich brauchst

Titel: Wenn du mich brauchst
Autoren: Jana Frey
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sah.«
    Meine Eltern lächelten sich zu.
    Und Moon und ich schauten uns an. Leek würde heute nicht nach Venice fahren. Heute Nacht würde er garantiert bleiben. Es würde eine Nacht voller Sex und Haschisch im Wohnzimmer geben, weil Rosie immer im Wohnzimmer übernachtete, wenn Leek bei ihr blieb. Das kleine esoterische Schlafzimmer reichte für die Leidenschaft unserer verrückten Eltern nicht aus.
    Sie mochten es, sich bei offener Terrassentür mit Blick auf Himmel und Moons Olivenbaum zu lieben, wenn sie sich schon mal liebten und nicht stritten. Und sie liebten es, dort mit Rosies Wasserpfeife viel zu viel Shit zu rauchen und irgendwann nackt und ineinander verschlungen einzuschlafen. Und so fanden wir sie dann, wenn Moon oder ich morgens runterkamen und Kaffee kochten.
    Leek blieb tatsächlich an diesem Abend und wir fanden die beiden am nächsten Morgen, aber das lag inzwischen auch schon wieder Ewigkeiten zurück.
    »Leek, da gibt es nichts weiter zu diskutieren«, fauchte meine Mum ins Telefon. »Sky braucht ein Kleid für den Ball, basta.«
    Ich seufzte und zog Kendra hinaus mit in den Garten, um Rosie zu entkommen. Ich konnte es einfach nicht mehr hören und außerdem hatte ich Angst, dass sie gleich in Tränen ausbrechen würde.
    Wir setzten uns zu Moon unter den Olivenbaum.
    »Noch sechs Wochen bis zu diesem idiotischen Ball«, sagte Kendra seufzend. »Meine Mutter ist schon völlig aus dem Häuschen vor Glücksseligkeit. Ich könnte kotzen! Wer hat diesen Schwachsinn eigentlich erfunden? Könnt ihr mir das mal sagen?«
    In Moons Händen wechselten sich sein schwarzer Filzstift und sein schwarzer iPod ab.
    Denn die einen sind im Dunkeln; und die anderen sind im Licht; und man siehet die im Lichte; die im Dunklen sieht man nicht, schrieb er in kleinen, akkuraten Buchstaben auf das linke Hosenbein seiner Skaterhose.
    Kendra liebte Moon, aber Moon liebte sie nicht zurück. Moon liebt nur seinen Olivenbaum, Sonnenuntergänge und traurige Gedichte. Und dann noch seinen PC und sonst nichts.
    »Von wem ist das?«, fragte Kendra sinnend.
    »Von Bert Brecht, wie alles in der letzten Zeit«, sagte ich und bürstete Good-old-Godots Hundefell. Er war hinter uns hergetrottet und lag jetzt halb auf meinen Knien. »Moon ist im Brecht-Fieber – mal wieder.«
    »Okay. – Aber um noch einmal auf den Abschlussball zurückzukommen?«, sagte Kendra. »Erfinder? Sinn? Zweck? – Außer mich wahnsinnig und meine bornierte Mutter glücklich zu machen?«
    Kendras Mutter ist einer der konservativen, uramerikanischen Aggressoren, wie Kendra nicht müde wird zu betonen. Sie wählt Republikaner, liebt Barbecue und Squaredance und natürlich Abschlussbälle. Kendras Familie lebt in einem sehr edlen Wohnkomplex im westlichen Teil des San Fernando Valley. Etwa dreißig Häuser stehen dort auf je zweitausend Quadratmeter großen Grundstücken, gruppiert um künstliche Seen und Lagunen. Um aufs Gelände zu kommen, muss man sich über eine Sprechanlage anmelden. »Plastikwelt«, nennt Kendra ihr Zuhause und meidet es, so gut es geht.
    »Keine Ahnung, wer diese Ball-Idee hatte«, sagte ich. »Irgendein durchgedrehter, wahnsinniger Ami halt.«
    »Diese schwachsinnigen Erinnerungsfotos – Weibchen mit devot entrücktem Blick geschmiegt an Männchen – unter einem Rosenbogen aus Plastik! Hallo? Warum schafft das nicht endlich mal einer ab? Dieses Foto haben schon meine Grandma und mein Grandpa gerahmt an ihrer Wand hängen. Und meine blöden Eltern ebenfalls. Himmel, bedeutet das etwa, ich muss den Affen, mit dem ich zu diesem blöden Ball gehe, mein L-e-b-en l-a-n-g behalten?«
    »Nein, nicht alle, die da zusammen rumstehen und sich anschmachten, heiraten hinterher«, sagte ich beruhigend. »Mein Dad zum Beispiel war mit einer dicken Phyllis Sowieso da – und er hat dann doch lieber meine Mutter genommen.«
    »Eure Eltern sind eben die Ausnahme von der herrschenden Regel«, seufzte Kendra mit dramatischer Stimme. »Und das liegt einzig und alleine daran, dass eure Mom damals ja noch überhaupt nicht in den Staaten war. Darum musste euer Dad sich ja mit dieser fetten Phyllis Sowieso die Zeit vertreiben.«
    »Mit wem wirst du denn hingehen?«, erkundigte sich Moon und schrieb Zahme Vögel singen von Freiheit – wilde Vögel fliegen!, auf seinen linken Chuck. War er in einer regressiven Phase? Mit diesem Satz hatte er uns vor etwa zwei Jahren ständig genervt.
    »Hallo? Bist du taub oder was? Ich will gar nicht hingehen«, fuhr Kendra ihn
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