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Wenn du mich brauchst

Wenn du mich brauchst

Titel: Wenn du mich brauchst
Autoren: Jana Frey
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ausgerechnet Sky Lovell kannte? Es war doch erstaunlich, dass wir bei weit über vier Millionen Einwohnern, die diese Stadt hatte, einen gemeinsamen Bekannten zu haben schienen.
    Vorsorglich parkte Shar diesmal unten auf der Straße und wir schlichen uns zu Fuß zu unserem Haus. Aber als wir näher kamen, sahen wir, dass jemand auf unserer Türschwelle saß.
    »Sieh mal, Han, da sitzt einer«, flüsterte Shar warnend und hielt mich am Arm fest. »Vielleicht ein Perverser, der uns aufschlitzen will oder so. Was sollen wir machen? Alarm schlagen?«
    Aber es war kein Perverser. Es war mein Cousin Chajm aus Tel Aviv.
    »Hi«, sagte er matt und erhob sich mit hochgezogenen Schultern.

33. SKY
    »Warum tut er das?«, murmelte Rosie erschöpft und tippte wieder und wieder diese unbekannte Mobilnetznummer in unser Telefon, unter der Moons SMS gekommen war. Aber die Nummer war und blieb ausgeschaltet, so oft es Rosie auch versuchte.
    Trotzdem kam noch am selben Abend eine weitere SMS von Moon.
    Bin in Deutschland. Berlin. Macht euch keine Sorgen um mich.
    »In Deutschland?«, murmelte Rosie verblüfft.
    Erstaunte sie das tatsächlich? Der Pass, das Geld, das er mitgenommen hatte? Kendra und ich hatten so etwas schon vermutet.
    Hastig versuchte Rosie ein weiteres Mal, Moon auf diesem neuen Handy zu erreichen. Aber es war bereits wieder abgestellt.
    »Warum regst du dich so auf?«, fragte ich verwundert. »Du bist damals in die Staaten gegangen. Er geht nach Deutschland. Was ist daran so schlimm?«
    Meine Mutter fuhr herum. »Ich bin damals vor meinen entsetzlichen Eltern geflohen«, sagte sie mit zitternder Stimme. »Wovor flieht er?«
    Ich überlegte gerade, ob das eine ernst gemeinte Frage gewesen war und sie darauf eine Antwort ertragen würde, ohne zusammenzubrechen, als durch einen Windstoß dieser verrückte, immer noch herumliegende Klangschalenflyer vom Esstisch wehte.
    »Was ist das?«, fragte Rosie und hob ihn auf, ehe Godot ihn besabbern konnte.
    Ich sagte es ihr.
    »Lieb von Leek, aber Bob sagt, ich soll mich nicht verzetteln«, murmelte Rosie, während sie immer noch das regenbogenfarbene Blatt betrachtete.
    »Wieso verzetteln?«, fragte ich.
    »Die Lachtherapie. Bob hält nichts von diesem New-Age-Kram.«
    »Aber es hat dir doch geholfen«, sagte ich ärgerlich.
    »Aber Bob meint …«
    »Mom!«, rief ich genervt. »Warum hörst du immer auf andere? Bob Bellamy ist nur ein stinknormaler Typ mit einer Therapeutenzulassung, mehr nicht. Er ist nicht Gott. Oder dein Guru. Oder etwas in der Art. Du kannst alleine über dich entscheiden. Du kannst machen, was du willst!«
    Wir schauten uns an und zwischen uns lagen Welten. Ich musste, obwohl ich es nicht wollte, wieder an Delia Greenberg denken. Und Rosie anscheinend ebenfalls. Ihr traten Tränen in die Augen. »Sag nichts, Mom«, sagte ich schnell. »Ich bin froh, dass ich bei dir aufgewachsen bin. Ich liebe dich. Und Leek. Und Moon. – Und das – alles hier …«
    Aus irgendeinem Grund umarmten wir uns plötzlich. Und etwas später, als ich schon auf Gershon wartete, mit dem ich heute ins Kino wollte, sagte Rosie plötzlich: »Ich schreibe Moon eine SMS, Sky. Ich schreibe ihm, dass es hier – anders wird, wenn er nur wieder nach Hause kommt …«
    Ich drehte mich zu ihr um und nickte. »Mach das, Mom«, sagte ich leise. »Aber krach nicht zusammen, wenn er nicht direkt drauf antwortet. Er wird es lesen. Da bin ich mir sicher.«
    Ich war froh, als Gershon draußen hupte und ich dieses Miniaturirrenhaus verlassen konnte, wenigstens für eine Weile.
    »Sky?«, rief mir Rosie hinterher, als ich schon in der Tür stand.
    »Ja?« Ich blieb zögernd stehen. Was kam jetzt wieder? Würde sie mich bitten, heute zu Hause zu bleiben? Oder würde sie wollen, dass ich Kontakt zu Ramirez aufnahm, damit er ihr Cannabisnachschub vorbeibringen würde?
    »Kann ich – vielleicht … heute Abend mal – deinen Wagen nehmen?«, fragte sie stattdessen. »Ich würde gerne etwas erledigen.«
    Ich lächelte ihr zu.
    »Klar, Mom.«

34. HANNAH
    Chajm war die Sensation der Nacht. Dabei versuchten Shar und ich, ihn möglichst unauffällig und behutsam ins Haus zu schmuggeln, aber Sharonis Lieferwagen hatte uns bereits im Vorfeld verraten. Meine Mutter war aufgewacht, als wir vor knapp einer Stunde losgefahren waren, und hatte seitdem auf unsere Rückkehr gewartet.
    Ich warf Shar einen vorwurfsvollen Blick zu und meiner Mutter einen entschuldigenden. Aber sie achtete kaum auf mich.
    »Chajm!
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