Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wenn du lügst

Wenn du lügst

Titel: Wenn du lügst
Autoren: Anna Salter
Vom Netzwerk:
herum und eine schwere Gehirnerschütterung. Als sie dann zu Bett ging, war sie nicht mehr in der Lage, sich die Zähne zu putzen, weil das ihren Kopf zu sehr durchrüttelte. Sie schlief jetzt im Nachbarzimmer.
    »Ich weiß nicht, wie es euch geht«, sagte Betsy, »aber ich bin total erledigt. Sich Sorgen zu machen, ist eine elende Sache.«
    Niemand widersprach. Die Erleichterung darüber, Lily aus Jerrys Gewalt befreit zu wissen, war einer betäubenden Erschöpfung gewichen.
    »Ich fahre morgen nach Hause«, verkündete ich. »Ich werde Lily mitnehmen. Solange man uns nicht zu Jena lässt, gibt es hier im Moment nichts für uns zu tun. Das ist zumindest meine Meinung. Wie steht’s mit dir, Mandy?«
    »Mit mir? Ich reise auch ab. Da gibt’s noch eine unerledigte Sache, um die ich mich kümmern muss.«
    »In Seattle?«, fragte ich. »Willst du auf Mrs Parks aufpassen?«

    »Nein. Die brauchen mich da nicht. Ich hätte da überhaupt nie hinfahren sollen.«
    »Es hätte keinen Unterschied gemacht, wenn du hier gewesen wärst«, sagte ich. »Niemand hat damit gerechnet, dass Jerry Lily in eine Falle locken würde.«
    »Es hätte einen riesigen Unterschied machen können«, widersprach sie. »In Bezug auf Leroy. Wie oft kommt es schon vor, dass einem ein verrückter alter Mann das Leben rettet? Ohne diesen seltsamen Glücksfall hätte Leroy dich getötet, während ich in Seattle auf einer Couch gesessen und höflich zuhört hätte, wie Robert eine Zeugin befragt.«
    »Sei nicht zu streng mit dir, Mandy«, sagte ich sanft. »Die Sache mit Sissy hat dich einfach nicht losgelassen.«
    Mandy warf mir einen schnellen Blick zu, dann sah sie wieder weg. Ich dachte daran, sie zu fragen, was in ihrem Leben die Suche nach Sissys Mörder ersetzen würde, hatte jedoch das Gefühl, nicht das Recht dazu zu haben.
    »Also, was ist diese unerledigte Sache?«, fragte Betsy.
    »Ein Mann. Du hast ihn kennengelernt«, sagte Mandy an mich gewandt. »Mac.«
    Ich sah Betsy an. »Heißer Typ. Bauchmuskeln wie ein Waschbrett.«
    »Na hoppla«, sagte Betsy. »Was haben wir denn da?«
    »Vermutlich nichts«, meinte Mandy. »Wir haben früher mal was gehabt, aber das habe ich ebenfalls versiebt. Jedenfalls werde ich nach Hause fahren. Ich könnte aber mal zu Besuch kommen - wenn niemand was dagegen hat. Ich habe das Gefühl, es Lily schuldig zu sein. Ich hab sie im Stich gelassen.«
    »Du kommst runter zu uns, wann immer du magst,
Schätzchen«, sagte Betsy. »Wir haben hier alles zu bieten. Wir haben Kriminelle und Waisen und Leute, die Farben sehen, wenn man mit ihnen redet. Verdammt, wir haben sogar verrückte Typen, die sich für Blackbeards Ersten Offizier halten. Könnte allerdings was dran sein, soweit ich das beurteilen kann. Kümmert euch nicht um mich«, sagte sie, während sie aufstand und sich streckte. »Ich gehe zu Bett.«

Epilog
    Es vergingen drei Wochen, bevor die Ärzte uns zu Jena ließen. Zu diesem Zeitpunkt hatte Carter Bennington III die juristische Seite ihres Falls bestens unter Kontrolle. Dave und seine Frau waren hergeflogen, um bei der Polizei eine Aussage darüber zu machen, wie Jerry Jena behandelt hatte. Anscheinend konnten sie Dave kaum noch stoppen, nachdem er einmal begonnen hatte. Er stellte außerdem Kontakt zu dem Detective her, den er etwa ein Jahr zuvor hinzugezogen hatte, damit er Jena davon überzeugte, Jerry zu verlassen. Durch Dave, seine Frau, den Detective und Jenas Narben konnte ohne jeden Zweifel bewiesen werden, dass Jena über lange und grausame Jahre hinweg von Jerry misshandelt worden war. Dave meinte, dass, wenn irgendwer das in Frage stellen sollte, man es ihn nur wissen lassen möge, dann werde er anfangen, seine Angestellten einen nach dem anderen runterzuschicken, damit sie als Zeugen aussagten.
    Carter hatte bereits am ersten Tag einen Gerichtspsychiater hinzugezogen. Da Jena stumm und vollkommen weggetreten war, war es ihm nicht schwergefallen, sie als vorübergehend psychotisch zu befinden, wenngleich sich niemand sicher war, was das »vorübergehend«
betraf. Carter hatte versucht, die Polizei dazu zu bringen, sie sofort von ihrem eigenen Psychiater untersuchen zu lassen, aber man hatte es abgelehnt mit der Begründung, dass dies Sache der Anklage sei. Der Fall wurde erst ein paar Tage später an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet, die daraufhin eine ganze Weile brauchte, um sich zu organisieren und einen Experten hinzuzuziehen.
    Das Ganze war ein Fehler, wenn man sie anklagen wollte -
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher