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Wenn du lügst

Wenn du lügst

Titel: Wenn du lügst
Autoren: Anna Salter
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wird mit meiner Mutter geschehen?«
    »Nichts, solange ich ein Wörtchen mitzureden habe. Zerbrech dir darüber nicht deinen hübschen Kopf. Soviel ich verstanden habe, war es Notwehr?«
    »Das stimmt«, sagte Lily etwas zu schnell. »Er hätte sie umgebracht. Er hat es versucht. Ich hab ihn gehört.« Sie sah nun nach unten, um seinem Blick auszuweichen.
    Ich beobachtete, wie Carter den Kopf zur Seite legte und sie taxierte, aber er vertiefte das Thema nicht. »Kann ich einen Moment mit Ms Breeze hier sprechen?« Lily nickte zögerlich. »Es geht nur um ein paar juristische Formalitäten«, beruhigte er sie. »Das würde dich schrecklich langweilen.«
    Wir gingen zusammen ein paar Schritte. »Ich bin nicht sicher, ob die Frau in diesem Zimmer in der Lage ist, bei ihrer Verteidigung zu helfen«, sagte er. »Verdammt,
lassen Sie mich das anders formulieren. Ich bin sicher, dass sie nicht in der Lage ist, bei ihrer Verteidigung zu helfen. Sie scheint nicht zu wissen, welcher Tag heute ist, vielleicht noch nicht einmal, welches Jahr. Was zum Teufel stimmt nicht mit ihr?«
    »Sie leidet vermutlich an einer dissoziativen Störung«, erklärte ich. »Sie hat ohne jeden Zweifel eine Posttraumatische Belastungsstörung, und manchmal driften Menschen mit einer schweren PTBS völlig weg. Ich weiß nicht, inwieweit Sie über den Fall informiert sind, aber er hat sie jahrelang misshandelt. Schlimm misshandelt. Sie hat Zigarettenverbrennungen, Würgemale, Gott weiß was noch alles. Im Grunde genommen hat er sie gefoltert. Sie sollten mit ihrem Chef sprechen. Er wurde depressiv davon, auch nur von außen mit ansehen zu müssen, was mit ihr geschah.«
    Carter schüttelte den Kopf. »Dreckskerl. Würde es Ihnen etwas ausmachen, ihren Chef anzurufen und ihm meine Nummer zu geben?«
    »Natürlich nicht.«
    »Was ist mit der Geschichte des Mädchens?«, fragte er.
    Ich schwieg einen Moment, dann sagte ich: »Ich denke, sie wird dabei bleiben. Mehr kann ich nicht sagen.«
    »Also, was ist da wirklich passiert in diesem Zimmer?«
    »Meiner Einschätzung nach hat sie einfach die Kontrolle verloren. Jena hatte Lily zu mir geschickt, damit sie wegkommt von Jerry, ihrem psychopathischen Ehemann. Jerry hat Lily über E-Mails, in denen er sich als ihre Mutter ausgab, aus meinem Haus gelockt. Ich bin mir sicher, dass er geplant hatte, Lily wieder zurück nach
Chicago zu bringen. Ich bezweifle, dass Jena irgendetwas davon wusste, bevor sie hier ankam. Sie erlebte einen Schock, als sie erkannte, dass er Lily zurückgeholt hatte, und dann hat er das Mädchen auch noch zusammengeschlagen. Sie haben ihr Gesicht gesehen. Das hat er nie zuvor getan.«
    »Interessant.« Carter starrte einen Moment lang den Flur hinunter. »Die Leute hier in der Gegend haben nicht viel Verständnis für misshandelte Frauen«, sagte er dann. »Sie denken, dass sie die Mistkerle einfach verlassen sollten. Warum sie gleich erschießen? Normalerweise müsste sie mit einer langen Gefängnisstrafe rechnen.«
    Ich setzte zu einer Erwiderung an, aber er hob beschwichtigend die Hände. »Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Sie hat genügend Narben, damit sie ihre Meinung vielleicht ändern. Außerdem habe ich für heute Nachmittag einen Psychiater herbestellt, der ihren Geisteszustand beurteilt. Die Polizei ist herzlich eingeladen, dasselbe zu tun. Ich denke, dass nicht einmal die Staatsanwaltschaft irgendeine Gerichtshure auftreiben könnte, die sie im Moment für psychisch zurechnungsfähig erklärt.«
    »Und Lilys Geschichte?«, fragte ich.
    »Was das anbelangt, gefallen mir die Chancen der Dame zwar ohnehin, aber eine kleine Rückversicherung kann nie schaden. Es gibt niemand, der die Geschichte erzählen könnte, außer Ms Jensen und ihrer Tochter. Der Verstorbene wird Miss Lily nicht widersprechen, und ich bezweifle, dass Ms Jensen sich überhaupt daran erinnert, was geschehen ist. Wenn das Mädchen bei seiner
Geschichte bleibt, sollte es kein Problem geben. Je nachdem welcher Staatsanwalt den Fall bekommt, müssen wir vielleicht noch nicht mal vor Gericht.«
     
    Es war ein trübsinniges Grüppchen, das sich an diesem Abend in einem Hotelzimmer um chinesisches Fastfood versammelte. Unseren Plan, essen zu gehen, hatten wir aufgeben, da bei Lily Kopfschmerzen einsetzten, die immer heftiger wurden. Schließlich rief ich im Krankenhaus an und erfuhr, dass Lilys Verletzungen schlimmer waren, als ich geahnt hatte. Sie hatte eine Fraktur des Okzipitalknochens um das Auge
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