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Wenn die Zeit aber nun ein Loch hat

Wenn die Zeit aber nun ein Loch hat

Titel: Wenn die Zeit aber nun ein Loch hat
Autoren: Tom Holt
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unternehmen.
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    Der Antichrist blinzelte mit den Augen. »Einverstanden.«
    »Ich meine, das ist wirklich eine Schande«, grummelte Richard.
    »Da stimme ich dir völlig zu«, log der Antichrist.
    »Und was genau sollen wir nun tun?«
    »Wie bitte?«
    »Na, mit den langen Winterabenden«, fuhr der Antichrist mit vorgetäuschter Geduld fort. »Ich meine, willst du mehr Sonne im Winter haben? Dadurch würden zwar diese schönen Kornkreise versaut, aber was soll’s? Oder möchtest du im Sommer lieber weniger Tageslicht haben, was …«
    »Das ist doch wohl eher dein Problem«, unterbrach in der König rasch. »Unternimm einfach was dagegen, klar?«
    »In Ordnung.«
    »Gut, das war’s dann.«
    Der Antichrist beugte sich noch weiter vor, bis er mit den Rippen fast auf den Ohren des Pferdes lag.
    »Wie? Das soll schon alles gewesen sein? Kürzere Winterabende?« fragte er ungläubig. »Dieses ganze Theater hast du nur dazu veranstaltet, um kürzere Winterabende zu kriegen?«
    Giovanni drängte sich vor. »Nun machen Sie schon«, forderte er Richard auf und stieß ihm dabei kräftig in die Seite. »Sagen Sie’s ihm. Erzählen Sie ihm von der Kalenderreform.«
    »Ach ja!« Richard gab sich mit leicht gekünstelter Stimme überrascht. »Das hätte ich ja fast vergessen.
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    Aber sagen Sie’s ihm lieber«, bat er Giovanni verzweifelt.
    Zwar hatte Giovanni das Gefühl, sein Gaumen bestehe aus Leder, dennoch gab er sein Bestes, als er sagte:
    »Wir verlangen, daß irgendwas mit dem Kalender unternommen wird. Ich meine, das Ding ist die reinste Schande.«
    »Recht hat er!« dröhnte Richard durch das Visier hindurch. »Ein Skandal ist das!«
    »Geradezu infam«, stimmte Blondel zu.
    »Unerhört!«
    »Und wir lassen uns das nicht mehr länger bieten!«
    »Das kannst du wohl laut sagen, Guy.«
    »Wir sind doch nicht …«
    »Ruhe!«
    »Wie bitte?«
    »Ist ja gut«, besänftigte der Antichrist die aufge-brachten Gemüter. »Und jetzt sagt mir endlich, worum es überhaupt geht.«
    »Ich meine«, fuhr Giovanni fort und erweckte dabei den Eindruck, als hätte jemand seine Zunge mit dem Schlüssel aufgezogen, »einige von deinen Monaten sind einunddreißig Tage lang, andere dreißig und einer sogar nur achtundzwanzig. Überleg doch nur mal, was für ein Chaos das bei den Uhren verursacht.«
    »Bei den Uhren?«
    »Ja, du hast mich schon ganz richtig verstanden«, 436
    fauchte Giovanni. »Kalenderuhren. Wie soll so eine dämliche Maschine wissen, welcher Monat achtundzwanzig Tage hat und welcher …«
    »Und dann gibt es noch diese Schaltjahre«, mischte sich Blondel unterstützend ein. »Ich nehme an, da hat mal jemand eine ganz besonders tolle Idee gehabt.«
    Zwar hatte er sich redlich Mühe gegeben, in seinem Stimmenrepertoire einen rüden Tonfall zu entdecken, was ihm aber letztendlich nicht gelungen war.
    »Also gut, kürzere Winterabende und eine Kalenderreform«, faßte der Antichrist zusammen. »Ich se-he da kein Problem. Ich meine, es könnten ein paar Schwierigkeiten auftreten, wenn wir dazu die Mond-umlaufbahn leicht korrigieren müssen, aber wenigstens soll später niemand behaupten können, wir hätten es nicht versucht. Bist du dir sicher, daß es nicht noch etwas anderes gibt, Richard? Etwas«, zischte er bösartig, »das fast genauso wichtig ist?«
    »Nun … ähm …«
    »Ich meine«, krächzte der Antichrist mit unangenehm schriller Stimme, »wenn du alles das« – er deutete zum Horizont – »dem Boß erklären mußt und ihm sagst, du hättest das ganze Theater nur veranstaltet, um den Kalender in Ordnung bringen zu lassen und um im Dezember eine Extrastunde vor der Ver-dunkelung zu bekommen, dann, so fürchte ich, könn-te er schon ziemlich sauer reagieren, oder meinst du nicht?«
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    Wie aufs Stichwort verdunkelte sich der Himmel, und die Wolken zogen sich wie gewaltige Augenbrauen zusammen. Der Antichrist grinste breit übers ganze halbe Gesicht.
    »Ich meine, jemand da oben könnte sehr viel weniger tolerante Ansichten darüber haben als ich«, fuhr er hämisch fort. »Worte wie ›Aufrührer‹ oder
    ›Unruhestifter könnten fallen und das …«
    HALT’S MAUL!
    »Wer hat das gesagt?« fragte Guy; schließlich sollte ihm später niemand den Vorwurf machen können, er habe seine Aufgabe als Fragesteller nicht ernst genug genommen.
    ICH, DU WITZBOLD.
    »Wie kriegst du das hin, ohne dabei die Lippen zu bewegen … ?«
    UND WAS DICH ANGEHT, SO SOLLTEST DU LIEBER
    AUFHÖREN, SO DÄMLICH ZU GRINSEN.
    Der
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