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Wenn die Zeit aber nun ein Loch hat

Wenn die Zeit aber nun ein Loch hat

Titel: Wenn die Zeit aber nun ein Loch hat
Autoren: Tom Holt
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»Ich bin mir sicher, das würde alles für euch und auch für uns sehr viel leichter machen.«
    Nach langem Schweigen kratzte sich Melroth schließlich an der Nase, dann sagte er: »Interessante Idee, aber nein, würde nicht funktionieren, schon wegen Behördenträgheit. Außerdem würden das die Gewerkschaften niemals hinnehmen. Dann gibt es vertragliche Verpflichtungen. Die Aufwandskosten 445
    für ein solches Großprojekt wären viel zu hoch, zumal wir unter Budgetkürzungen leiden. Mhm …«
    »Bist du dir sicher?«
    »Es besteht kein Bedarf. Die öffentliche Meinung spricht gegenwärtig auch dagegen. Wir haben es in der Vergangenheit schon mal versucht, und es hat sich als nicht durchführbar herausgestellt. Von hochqualifizierten Spezialisten erstellte Forschungsbe-richte haben das bewiesen. Zudem sprechen verfas-sungsrechtliche und andere nicht näher zu bestim-mende Gründe dagegen.«
    »Ach, wirklich?«
    »Hör zu« – Melroth schrumpfte sichtbar zusammen, und die Ärmel seiner Robe rutschten ihm noch tiefer über die Handgelenke –, »du bist bei weitem nicht der erste, der so etwas vorschlägt, verstehst du?
    Es ist nur so …«
    »… daß jemand vor langer Zeit Mist gebaut hat, und jetzt will das niemand zugeben, stimmt’s?« half Guy ihm auf die Sprünge.
    Melroth nickte.
    »Schön, dann ist es doch egal. Keiner weiß was davon, also braucht auch keiner jemals etwas davon zu erfahren. Du brauchst einfach alles nur … irgendwie wieder in Ordnung zu bringen, und das war’s schon.
    Verstehst du, was ich meine?«
    Melroth blickte ihn skeptisch an. »Hältst du das für gut?«
    »Ja.«
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    »Mhm.«
    Guy quetschte den letzten Tropfen Entschlossenheit aus der schwammartigen Masse, in der sich sein restlicher Verstand befand. »Ich meine, die Gelegenheit ist günstig, und du solltest sie nutzen. Denk mal drüber nach.«
    »In Ordnung.«
    »Ich weiß, das ist leichter gesagt als getan …«
    Guy riß die Augen auf. »Was hast du eben gesagt?«
    »Ich habe gesagt, in Ordnung«, wiederholte Melroth.
    »Zufrieden?«
    »Ja, das ist … das ist wirklich prima«, stammelte Guy überrascht. »Danke schön.«
    »Ich will damit sagen«, fuhr Melroth nervös fort,
    »daß wir durchaus darauf hören, was die Bewohner, ich meine, was die Normalsterblichen uns erzählen.
    Das landet nicht einfach alles irgendwo in einem großen Schuhkarton. Na ja, nicht ganz. Jedenfalls müssen wir den etwa einmal im Monat ausleeren, und dabei fällt natürlich das ein oder andere heraus.
    Wir heben das dann aber auf und lesen uns auch durch, was da steht, und … ich meine, es gibt durchaus eine Reaktion unsererseits. Ganz bestimmt.«
    »Das klingt ja wirklich sehr beruhigend«, seufzte Guy.
    »Schön, dann verstehen wir uns ja richtig.«
    »Absolut.«
    »Tja, dann muß ich wohl …« Melroth zögerte.
    Heutzutage passiert es nur noch sehr selten, daß ein 447
    Engel etwas tun muß, was er noch nie zuvor getan hat, und er war ziemlich nervös. Schließlich schloß er die Augen und holte tief Atem. »Danke.«
    »Keine Ursache«, antwortete Guy, »stehe zu jeder Zeit zur Verfügung.«
    »Jeder was?«
    »Zeit.«
    »Ach so«, seufzte Melroth, » die alte Geschichte.«
    Ein Handwagen bewegte sich langsam durch eine unendliche kahle Landschaft.
    Gezogen von einem einbeinigen, einarmigen und halbgesichtigen Humanoiden, der trotz seiner beschränkten Mittel sein Bestes gab.
    In dem Handwagen lag ein buntbemalter großer Gummisack, dahinter gingen ein paar Männer, die Kisten trugen.
    Die Beamten der Zentralregierung können aus na-heliegenden Gründen nicht den Arbeitsplatz verlieren, aber man kann ihnen ein anderes Arbeitsfeld zuweisen, ihnen Überstunden streichen, sie degradie-ren und – in extremen Fällen – versetzen.
    Von den Mitarbeitern des el des Larmes Chaudes waren etwa neunzig Prozent in die Behörde für Landschaftspflege versetzt worden, wo sie von nun an Steine blankpolieren und nach interstellaren Kon-ferenzen Schwarze Löcher gründlich saubermachen mußten. Sie hatten es gut getroffen.
    »Chef?«
    Der Antichrist blickte sich nach hinten um und er-448
    kannte unter Tonnen von Akten und einer Schreibmaschine Pursuivant.
    »Was willst du?«
    »Was genau werden wir machen, wenn wir erst mal dort sind?«
    »Halt’s Maul!«
    »Ja, Chef.«
    Die nächste Viertelstunde, während Mordaunt (wahrscheinlich mit Absicht) die Kiste fallen ließ, in der sich das Faxgerät befand, und Mountjoy über das Spiralkabei des Ventilators
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