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Gesichter im Nebel (German Edition)

Gesichter im Nebel (German Edition)

Titel: Gesichter im Nebel (German Edition)
Autoren: Joachim Feyerabend
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Vorwort
    Irland, Europas Bollwerk im Atlantik, ist das Ende einer Welt, die Jahrhunderte von der Existenz des amerikanischen Kontinents nichts wusste. Eine verzauberte Insel mit archaischen Wurzeln ihrer Bevölkerung. Ihre zerklüfteten Küsten, ihre Seenplatten und Flüsse, ihre lieblichen Auen und eine dramatisch üppige Pflanzenwelt im milden Klima des Golfstroms mit einem Farbspektrum für Maler wie gemacht, begeistern ihre Besucher vom europäischen Festland immer wieder aufs Neue. Viele werden geradezu süchtig. Ruinen von Kultstätten, Klöstern, Kirchen und Burgen zeugen von einer wechselvollen Geschichte im Lauf der Jahrtausende und lassen den fantasievollen Betrachter in eine Zeit versinken, in der es noch Feen, Geister und Trolle gab. Gleichwohl brachte das Eiland nach seiner Christianisierung den katholischen Glauben nach Mitteleuropa und bis in die Schweiz.
    Noch immer geistern Mythen und Märchen durch das Land, ist die keltische Vergangenheit bei seinen liebenswürdigen Menschen allgegenwärtig, besonders gilt das für einige vorgelagerte, oft Gälisch sprechende Inselwelten. Auf Cape Clear, einer von ihnen, spielt dieser Roman. Er ist zugleich eine Liebeserklärung an diesen Vorposten im Atlantik, der direkt dem Leuchtfeuer Fastnet Rock gegenüberliegt – einem einsamen Fels in der Brandung des Atlantischen Ozeans, der bei der Bevölkerung „Teardrop“ heißt. Denn an ihm fuhren all jene Tausende von Iren auf ihren mit Menschen vollgepferchten Schiffen und mit Tränen in den Augen vorbei, die vor Armut, Missernten und dem Diktat der englischen Besatzer in die Neue Welt, nach Amerika und Kanada flohen. Sie alle hatten die Hoffnung auf ein besseres Leben im Herzen. Und was im übrigen Europa kaum bekannt ist: Unter Oliver Cromwell wurden weit mehr Sklaven aus Irland für die Baumwoll- und Zuckerrohrplantagen in Übersee gepresst, als Schwarzafrikaner – schwere Schicksale, von denen sie oft nur der Tod erlöste. Für diese Unglücklichen hatte der Teardrop eine ganz besondere Bedeutung. Ungeachtet dessen und bis hin nach Australien blieben stets Heimatverbundenheit und Heimweh in den Herzen der neuen Auswanderer verankert. Der St. Patrick’s Day, der weltweit gefeierte Nationalfeiertag, legt Zeugnis für diese Verbundenheit ab.
    Ich selbst habe auf der Insel gelebt und war der erste Deutsche, der zusammen mit seinem Freund Wolf Saller 1963 Londonderry in Nordirland besucht hat und vom Magistrat der Stadt feierlich in der später durch die IRA zerbombten City-Hall empfangen wurde. Ich schreibe noch heute für das Magazin „Irland Journal“. Lange Jahre war ich meist um die Weihnachtszeit in Irland, das letzte Mal vor drei Jahren auf Cape. Die alten Kämpen von damals erkannten mich nach über 30 Jahren sogar wieder. Die mystische Aura dieser Insel hat mich bis heute bezaubert und nicht mehr losgelassen. Die Handlung spielt in den 1960er bis 1970er-Jahren mit entsprechenden Rückgriffen in eine ferne Vergangenheit noch vor der Zeit der Kelten. Und die begann vor 8 000 bis 10 000 Jahren.
     
    Joachim Feyerabend

Der geheime Rat
    Fast unwirklich mutet das Rauschen einer nur mäßigen Brandung an den steilen Klippen der Westküste an. Hier ist das Ende der europäischen Zivilisation, eine andere Zeit im gewaltigen Atem des Ozeans. Das ist das erste, was fremde Besucher spüren und der Eindruck trügt sie nicht.
    Dichter Nebel hatte sich an jenem Tag über die kleine Atlantikinsel Cape Clear gelegt. Die dichte, milchige Suppe machte die wenigen Insulaner, die sich nach Einbruch der Dunkelheit noch ins Freie trauten, fast orientierungslos, wäre da nicht in regelmäßigen Abständen der schwache, geisterhaft fingernde Schein des Leuchtfeuers „Fastnet Rock“ auf einem Felskegel vor der oft sturmgepeitschten Küste gewesen. Wie ein Lichtzeichen aus einer anderen Welt huschte er durch den beißenden Nebel. Ansonsten herrschte auf dem Eiland eine gespenstische Grabesstille. Die dichte Wand aus Wasserstaub schluckte fast jedes Geräusch. Nicht einmal Hundegebell war aus einem der kleinen, verstreut liegenden und geduckten Steinhäuser zu vernehmen.
    Nein, es war beileibe kein Wetter, um auf die Straße zu gehen, Nachbarn zu besuchen oder sich in den lange Jahre einzigen Insel-Pub, zu „Cotter’s“ am Hafen, auf einen Schlummertrunk zu schleichen. Nur schwach schütterte das Licht einer Lampe aus den Fenstern der fast leeren Kneipe auf den grasbewachsenen Vorplatz.
    Bei „Cotter’s“ trafen sich
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