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Wenn der Acker brennt

Wenn der Acker brennt

Titel: Wenn der Acker brennt
Autoren: Brigitte Maerker
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besorgt hinter Adam hervor.
    »Nein, alles gut«, versicherte ihm Rick.
    »Geht schon mal vor, Jungs, ich komme gleich nach.« Johann wollte noch einen Augenblick mit Rick allein sein.
    »Okay, wir sind schon fort.« Adam hatte verstanden. Er drängte Stefan zurück und schloss die Tür.
    »Sie sind verunsichert, Rick«, sagte Johann.
    »Warum?«
    »Das weißt du genau. Du machst schließlich keinen Hehl daraus, dass du genug von uns hast.«
    »Es geht nicht um euch, sondern um das Leben, das ich führe. Davon habe ich genug.«
    »Wenn es so ist, dann solltest du es ändern. Deinen Dämonen wirst du allerdings nicht entkommen, auch wenn du dein ganzes Leben umkrempelst. Du kannst sie nur besiegen, wenn du dich ihnen stellst.« Johann griff nach der Gitarre, die an der Wand lehnte, und entlockte ihr eine leise Melodie.
    »Es ist schon so lange her. Warum kann ich nicht einfach alles vergessen? Warum kann ich es nicht wie einen alten Text aus meinem Gedächtnis ausradieren?« Rick ließ sich auf das breite französische Bett fallen und starrte das weiße Nichts der Decke an, in der Hoffnung, das Gedankenkarussell dadurch anhalten zu können.
    »Vergessen wäre das Beste, sicher, aber ich befürchte, es wird nicht funktionieren. Du hast dich niemals wirklich den Tatsachen gestellt. Sage mir nur eins: Kann ich den Jungs versichern, dass du diese Tournee mit uns beendest?«
    »Ich lasse euch nicht im Stich.«
    »Gut. Dann bis später.« Johann stellte die Gitarre beiseite, schwang sich aus dem Sessel und verließ das Zimmer.
    Rick blieb auf dem Bett liegen. Seine Gedanken kreisten weiter, ließen sich nicht anhalten. Die Schrecken der Vergangenheit lauerten darauf, ihn wieder in ihren Besitz zu nehmen. Er schaute auf das Telefon, das neben ihm auf dem Bett lag. Sollte er Georg Denninger anrufen oder ihn im Ungewissen darüber lassen, ob er auch in diesem Jahr kommen würde? Er hatte ihm vor der Tournee geschrieben, in welchem Hotel er absteigen würde. Aber der alte Mann hatte sich bisher nicht bei ihm gemeldet. Er nahm wie immer Rücksicht, wollte sich nicht aufdrängen, obwohl er seit Jahren nur darauf wartete, dass er endlich mit ihm über das Unglück sprach, das damals in Sinach passiert war und sie alle aus der Bahn geworfen hatte. Aber Rick wollte nicht reden, und er war Denninger dankbar, dass er ihn nie mit Fragen gequält hatte.
    Er blinzelte gegen die Sonne, die zum Fenster hereinfiel und ihn blendete. Das grelle Licht erinnerte ihn an die Sommernachmittage seiner Kindheit. Im Juli und August, wenn die Mittagshitze auf dem Hof unerträglich wurde, hatten sie die dunklen Holzfensterläden geschlossen und die Zeit bis zum Abend im kühlen Haus verbracht.
    Wenn die Großeltern zu Besuch waren, verschwanden seine Eltern manchmal für eine Weile im Schlafzimmer. Er hatte keine Ahnung, was diese merkwürdig verhaltenen Laute zu bedeuten hatten, die bald darauf aus dem Raum drangen. Wenn er seine Großmutter dann verunsichert ansah, nahm sie ihn liebevoll in ihre Arme und murmelte: »Jetzt ist es so, wie es sein soll, Bub. Aber nur der Herr weiß, ob es so bleibt.«
    Er hatte sie nie gefragt, was sie damit meinte. Er spürte, dass sie ihm keine Antwort darauf geben würde. Die Welt schien für ihn in Ordnung zu sein, alles war gut so, wie es war. Erst als er acht Jahre alt war, brach diese Ordnung zusammen. Nichts war mehr gut und würde auch nie wieder gut werden, nicht nach diesem Unglück, das sein junges Leben von nun an so traurig machte. Nach den schrecklichen Ereignissen in Sinach gab sein Vater den Lindenhof auf und akzeptierte das Angebot eines Freundes, ein Weingut in der Toskana zu übernehmen. Mit den Großeltern gingen sie nach Italien und bemühten sich jeden Tag darum, die Vergangenheit zu vergessen. Auch Rick sollte nicht mehr an den Sommer 1982 erinnert werden, aber er konnte nicht vergessen. Es war seine Schuld, dass Amata nicht mehr lebte.

3
    Als er am nächsten Morgen aufwachte, war es kurz vor acht. Kathrin lag neben ihm. Ihr Atem ging ruhig und gleichmäßig. Er war froh, dass sie noch schlief. Das würde ihm lästige Fragen ersparen. Vorsichtig schlug er die Decke zurück, stand leise auf, duschte und zog sich an. Bevor er sich auf den Weg machte, ging er noch einmal ins Schlafzimmer, um seine Uhr zu holen.
    Die Bettdecke war auf den Boden gerutscht. Er betrachtete Kathrins nackten Körper. Die vollen runden Brüste, die schmalen Hüften, die samtig zarte Pfirsichhaut. Ihr langes blondes Haar
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