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Wen liebst du, wenn ich tot bin?

Wen liebst du, wenn ich tot bin?

Titel: Wen liebst du, wenn ich tot bin?
Autoren: Arena
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leuchtenden Augen –, und ich muss daran denken, wie sie aufschrie, als er stürzte, und wie sie auf den Rücksitz des Motorrads gestiegen ist.
    »Ich werde es nicht vergessen«, sage ich. Sie nickt, denn sie wird es ebenfalls nicht vergessen. Und dann geht sie davon, mit hängenden Schultern, und sucht ihren Vater. Sie legt den Kopf an seine Brust und er küsst sie auf die Stirn.
    Matty drückt meinen Arm, aber sie umarmt mich nicht. Sie weiß, was dann passieren würde.
    »Das habe ich für Sam gemacht.« Sie hält mir ein blaues Etwas aus Keramik hin.
    Ich drehe es in meinen Händen hin und her. »Was ist das?«
    »Für Blumen«, sagt sie. »Es ist eine Vase.«
    »Sieht aus wie eine Socke.«
    »Hau bloß ab«, sagt sie, und sie ist über sich selbst so überrascht, dass sie Rotz aus der Nase schnaubt, während sie lacht oder weint oder was auch immer wir beide gerade tun, und dann treten wir in den Sonnenschein hinaus, um zu sehen, ob es uns dort besser geht.

Vierundvierzig
    T raktoren kommen und ernten das Maisfeld ab.
    Es ist September, und die Polizei ist zu uns gekommen, um meine Aussage aufzunehmen. Sie widerspricht dem, was Punky und Dean zu Protokoll gegeben haben, aber zumindest Leanne hat die Wahrheit gesagt. Trick hat auch die Wahrheit gesagt. Ich habe einen Brief bekommen. Er hat drei Küsse daraufgemalt und meinen Namen unterstrichen, darunter war eine Zeichnung, die wohl eine Iris darstellen soll. Ich habe Dad erzählt, was Trick ausgesagt hat, und er hat genickt. Es ist immer noch schwer, darüber zu sprechen.
    Mein Therapeut sagt, ich soll nicht mehr ständig daran denken. Ich sei nicht schuld, sagt er. Es habe keinen Sinn, immer Was wäre, wenn zu fragen.
    Was, wenn ich einfach nicht mit dem Waswärewenn aufhören kann, frage ich ihn. Er lacht nicht darüber.
    Solche Dinge brauchen Zeit, gibt er zur Antwort. Das sagt er oft.
    Halb traurig, halb erleichtert höre ich das Dröhnen der Traktoren vor dem Haus. Ich renne mit Fiasco über den Hof und über die Koppel. Dad hat sie schließlich doch gemäht, jetzt sieht sie aus, als wäre niemals jemand dort gewesen. Wir laufen über die Trittsteine, unter dem Stacheldraht hindurch, an der alten Eiche vorbei.
    Die Traktoren fressen sich durch das Feld und bahnen sich den Weg auf den Hügel hinauf, wo unsere Kinositze noch immer an der einsamen Eiche angenagelt sind. Ich habe auf diesen Tag gewartet. Dad hatte mich gewarnt, er würde bald kommen.
    Ich renne, so schnell ich kann, ich will unbedingt dort sein, ehe mich der Bauer bemerkt. Ich möchte mit niemandem reden. Fiasco läuft vor mir her. Als wir es zum Baum geschafft haben, frage ich mich, ob das eine gute Idee war.
    Die Kissen wurden von Wind und Wetter herumgeweht, sie liegen jetzt auf einem Haufen im Maisfeld, aber der Stuhl aus Silverweed steht dort, wo er immer stand. In der Nähe liegt ein Haufen Maiskolben und rottet vor sich hin und ich denke an die Iris, die mir Trick geschickt hat. Ich habe sie zum Trocknen an meinem Fenster aufgehängt, zerdrückt wie sie war. Die Aufkleber, die wir von den Verpackungen gekratzt haben, liegen irgendwo zwischen den Getreidereihen.
    Ich hebe den Stuhl und die Kissen auf und lege sie in das hohe Gras neben der Eiche. Ich will, dass die Traktoren unbehindert fahren können.
    Ich hebe Fiasco bis zur ersten Astgabel hoch, dann klettere ich selbst hinauf. Ich benutze dazu den Nagel, den Trick für mich eingeschlagen hat.
    Die Traktoren kommen näher.
    Fiasco kratzt am Stamm, sie hat Angst so hoch oben. Ich klopfe auf den Sitz neben mir und sie springt hinauf und peitscht mit dem Schwanz gegen den weinroten Samt.
    Der Lärm tut weh. Als ich die Äste auseinanderbiege, sehe ich, wie einer der Traktoren direkt auf das Versteck im Maisfeld zukommt. Die Erde zittert. Der Baum erbebt. Der Traktor fährt dicht an uns vorbei, mäht alle Stängel um, erntet die Kolben. Fiasco springt auf meinen Schoß und ich drücke sie fest.
    »Hab keine Angst, Mädchen. Hier ist nichts, wovor du dich fürchten müsstest. Ich passe auf dich auf. Es wird alles gut.«
    Ich kraule ihre langen braunen Ohren und sie beruhigt sich wieder.
    Ich denke an Trick, in seiner roten Weste und seinen hochgekrempelten Jeans, der immer nach Zigaretten roch, obwohl ich ihn nie habe rauchen sehen.
    Ich denke an seine ungewöhnlichen Augen und wie nett er ausgesehen hat, als er auf den Stufen des Wohnwagens saß, etwas in den Händen hielt und sich seine kleinen Schwestern um ihn scharten. Ich denke
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