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Weltraumpartisanen 29: Zeitspule

Weltraumpartisanen 29: Zeitspule

Titel: Weltraumpartisanen 29: Zeitspule
Autoren: Mark Brandis
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reichte mir zum Abschied die Hand. Weshalb hatte er mich aufgesucht? Nur um sich nach den Verhältnissen auf der Erde zu erkundigen? Ich wurde nicht klug aus ihm. Auf der Schwelle drehte er sich um; noch einmal zeigte er mir sein gewinnendes Lächeln.
    »Ich hörte von diesem Zwischenfall auf INTERPLANAR XII. Wirklich – sehr übel. Das Gesindel schreckt vor nichts zurück.« Sir Olegs Stimme klang sorgenschwer. »Es waren doch wohl Raumbanditen?«
    Über die Antwort hatte ich gründlich nachgedacht: »Oder Agenten, Sir Oleg, die sich den falschen Mann gegriffen haben. Die Art und Weise, wie man versucht hat, Commander Busch zum Sprechen zu bringen, läßt gewisse Rückschlüsse zu. Es ist die Methode der VORs.«
    »Ach! Und weshalb war Commander Busch der falsche Mann?«
    »Aus irgend einem Grunde hat man ihn für einen gewissen Smirnoff gehalten.«
    »Ach. Und wer soll das sein?«
    »Ich sagte gestern schon zu meinem Navigator: Außer meinem alten Philosophielehrer ist mir kein Smirnoff bekannt.«
    Das Visiofon schlug an. Sir Oleg hob noch einmal zum Gruß die Hand und ließ mich allein. Ich nahm das Gespräch entgegen.
    Die Nachricht erschütterte mich. Tausend Gedanken wirbelten mir durch den Kopf: Erinnerungen ebenso wie Vorwürfe.
    Commander Elmar Busch war auf dem Operationstisch an den Folgen der Mißhandlungen gestorben.
    Auf einmal empfand ich das Verlangen nach frischer Luft. Der Duft von Sir Olegs Rasierwasser war in meiner Kammer zurückgeblieben. Warum verursachte es mir plötzlich Beklemmungen wie ein böser Traum? Eine Erinnerung tauchte auf, aber bevor sie sich festhalten ließ, hatte sie sich schon wieder verflüchtigt. Busch hatte nichts damit zu tun.
    Nichts hielt uns länger auf der Venus. Ich machte mich auf den Weg zur Brücke.

3.
    Der zweite für Metropolis bestimmte Konvoi – wieder ein Transport von konzentrierter Nahrung aus dem uranischen SOS-Silo – erreichte seinen Bestimmungsort ohne Verluste.
    Mit zwei Leichten Kreuzern legte sich selbst das vor Hunger schier tollwütige Raumgesindel nicht freiwillig an, und die Durchquerung des venusnahen Lima-Sektors ersparte ein zeitraubendes Umfliegen der Goldonischen Sperre, die sich im Erde-Venus-Mond-Dreieck unter einer bestimmten, noch nicht entschlüsselten Konstellation aus zusätzlicher Gravitation, in diesem Fall einem Schwarzen Zwergloch, und siedender kosmischer Strahlung aufbaut.
    Allmählich kehrten in die vom Atlantik umschäumte Hauptstadt der EAAU wieder Gesetz und Ordnung ein, die schlimmsten Hungerexzesse gehörten der Vergangenheit an, doch noch immer war es ratsam, den Umschlag der Fracht auf dem Rampengelände der VEGA vorzunehmen, in deren Dienst ich lange gestanden war. Der Sicherheitsbeauftragte Jackson und seine bewaffnete Platzgarde sicherten die zwanzig Schwergutfrachter und sieben Rettungskreuzer, die den zweiten Konvoi bildeten, gegen Übergriffe.
    John Harris, der die Leitung der halbautonomen Raumfahrtbehörde VEGA bald nach dem Bürgerkrieg übernommen hatte, prüfte die Frachtbriefe, die ich ihm in sein Büro gebracht hatte.
    »Schön«, sagte er. »Das gibt der Stadt wieder einmal einen Aufschub. Aber machen wir uns nichts vor …«
    In den letzten Monaten war Harris merklich gealtert. Er hatte an Gewicht verloren; der schlaff herabhängende leere rechte Jackenärmel war übermäßig betont. Harris sah überarbeitet aus.
    »Wenn es möglich gewesen wäre, Sonnenlicht zu tanken, Sir«, erwiderte ich mit Blick auf das fahlgraue Zwielicht vor dem Fenster, »weiß Gott, ich hätte es getan.«
    Zwischen uns herrschte ein offener, fast freundschaftlicher Ton. Wir kannten uns seit vielen Jahren: seit jener Zeit, als ich unter ihm geflogen war. Danach hatte ich ihm zur Seite gestanden, als er den opfervollen Widerstand organisierte gegen den Putschgeneral Smith, dessen Regime der Reinigenden Flamme das Land mit Gewalt und Haß überzog. In der rauschhaften Phase des Wiederaufbaus hatte Harris dann das Amt des Präsidenten der EAAU bekleidet. Ja, und auf dem Höhepunkt des Neubeginns war er zurückgetreten, denn die VEGA, das Tor zu den Sternen, seine große Liebe, ließ ihn nicht los. Und nun war er der Direktor dieser weltumspannenden Institution, die hervorgegangen war aus den bescheidenen Anfängen eines privaten Unternehmens, das sich »Venus-Erde, Gesellschaft für Astronautik« nannte, abgekürzt: VEGA.
    »Metropolis lebt von Almosen«, stellte Harris fest, »und auf den Kontinenten lebt man vom Eingemachten. Wie
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