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Weltraumpartisanen 29: Zeitspule

Weltraumpartisanen 29: Zeitspule

Titel: Weltraumpartisanen 29: Zeitspule
Autoren: Mark Brandis
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verlassen.
    Ruth bemerkte: »Es wird nicht mehr geplündert, Mark. Das ist schon sehr viel. Die Ordnungsmächte funktionieren wieder. Hastings hat die gesamte Führung der Gendarmerie ausgetauscht. Für die konzentrierte Nahrung gibt es Ausgabestellen in jedem Bezirk. Niemand braucht mehr zu verhungern.«
    Harris hatte von Almosen gesprochen. Aus eigener Kraft vermochte Metropolis nicht zu leben. Auf einer künstlichen Insel im nassen Dreieck zwischen den Kontinenten Europa, Afrika und Nordamerika errichtet, war die Hauptstadt der EAAU eine Stadt ohne Hinterland, angewiesen auf regelmäßige Zulieferung. Im Augenblick zehrten ihre Einwohner von den Beständen des uranischen SOS-Silos, das ursprünglich dafür angelegt war, um im Falle eines bewaffneten Konflikts mit den Vereinigten Orientalischen Republiken unserer Strategischen Raumflotte zur Verfügung zu stehen. Die Vorräte waren nicht unerschöpflich. Und dann? Was weiter?
    In unserer Wohnung war es kalt. Geheizt wurde nur stundenweise. Auch am Strom mußte gespart werden. Die meisten Lampen und elektrischen Geräte waren außer Betrieb. Aber die Spuren der Plünderung waren von Ruth mit geschickter Hand beseitigt worden.
    Und bei allem, was auf der Erde los war, tat es doch gut, wieder einmal zu Hause zu sein.
    Als wir uns am Abend zu Tisch setzten – zu einem Mahl, das auch nach Aufbesserung durch den von mir mitgebrachten Bordproviant noch immer bescheiden war, überraschte mich Ruth damit, daß sie ein Tischgebet sprach: »…und segne, was Du uns bescheret hast.« Sie sah mich an. »Man lernt, dankbar zu sein, Mark. Wir haben alles besessen – bis auf die Bescheidenheit. Die erfahren wir jetzt.«
    Während Ruth nach dem Essen Junior zu Bett brachte – ungeachtet seiner Proteste –, beschäftigte ich mich mit den Ereignissen des Tages. Stella-TV sendete wieder. Auf der TV-Wand erschien die bebilderte Bilanz der unbewältigten Krise: nichts, was einem Mut machen konnte.
    Joffrey Hastings hielt als Präsident der EAAU eine erste Pressekonferenz ab. Sein Cäsarenkopf trug die tief eingekerbten Schrunden und Furchen physischer Erschöpfung. Zu viel Verantwortung, zu wenig Schlaf …
    Hastings nannte die Lage unumwunden verzweifelt.
    »Die Menschheit – und mit Menschheit meine ich auch die Einwohner der VOR, die von der Großen Katastrophe ebenso betroffen sind wie wir, die Menschheit wird nur dann überleben, wenn sie ihre Intelligenz mobilisiert.«
    Im Anschluß daran stellte Hastings seinen wissenschaftlichen Krisenstab vor. Große Namen waren vertreten: Biologen, Botaniker, Physiker, Chemiker, Agrartechniker, Genetiker.
    Ein Kommentator erläuterte die Hintergründe.
    »Die Suche nach nützlichen Aufzeichnungen des Genetikers Albert Gregorius hat noch zu keinem Erfolg geführt. Es ist heute nicht auszuschließen, daß sie im Verlauf der letzten Wirren ein Opfer der Flammen geworden sind. Es soll nun der Versuch unternommen werden, die genetische Formel des sogenannten Gregorius-Weizens, einer nachtfesten und darüber hinaus äußerst genügsamen Getreideart, im Eilverfahren neu zu erarbeiten.«
    Hastings ergriff noch einmal das Wort.
    »Ich würde gerne verkünden: Wir haben eine gute Chance. Leider ist dem nicht so. Unsere Chance, das Wettrennen gegen den Hunger zu gewinnen, ist verschwindend gering. Aber wir dürfen nicht aufgeben.«
    Ruth rief mich, damit ich Junior den Gutenachtkuß gäbe. Ich war nicht auf der Hut. Mein Adoptivsohn nahm die Gelegenheit wahr, mich in die Nase zu beißen.
    »Junior!« rügte Ruth. »Du benimmst dich unmöglich.« Dann sah sie mich an, und ihr Blick wurde fragend: »Mark, was ist los?«
    Ja, was war los? Ich wußte es selbst noch nicht einmal. Es hing mit diesem Gregorius-Weizen zusammen. Die Sache wollte mir nicht aus dem Sinn.
    Busch. Der Gregorius-Weizen. Smirnoff …
    »Ich durchschaue es nicht, Ruth«, sagte ich. »Auf jeden Fall sind wohl auch die VORs hinter dem Gregorius-Weizen her.«
     
    Wladimir Maximow, ein ruhiger, freundlicher Moskowiter, der seit Jahresfrist dem Rechenzentrum der VEGA vorstand, hatte mit mir eines gemeinsam: Er und ich hatten die gleiche Astronautenschule besucht, wenn auch, da Maximow etwas jünger war, nicht zur gleichen Zeit.
    Ich hatte Maximow angerufen und mich angekündigt, so daß, als ich mit der Libelle den Exzelsior-Turm im Süden von Metropolis ansteuerte, das Landedeck beleuchtet war. Ich stieg aus, stellte fest, daß der Fahrstuhl aus Gründen der Energieersparnis außer
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