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Weisse Haut - Schwarze Haut

Weisse Haut - Schwarze Haut

Titel: Weisse Haut - Schwarze Haut
Autoren: Angelika Friedemann
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Ausbreitung der wazungu, das heißt Weiße,
gerade in den fruchtbarsten Landesteilen, wurden die Schwarzen permanent
stärker auf so genannte Reservate zurückgedrängt. Die Kikuyu, das ist einer der
vielen Stämme dort und der größte, wanderten zwischen dem 17. und dem 19.
Jahrhundert in ihr heutiges Siedlungsgebiet ein. Viele der Kikuyu betreiben
Hackbau und Rinderzucht. Traditionell bauen sie Hirse, Sorghum, Bohnen, Erbsen
und Süßkartoffeln an. Sie leben mit ihren Viechern, Ziegen, Schafen, einigen
Rindern in Dörfern. Diese Gemeinschaften heißen mbari, die zwischen einigen
Dutzend und mehreren Hundert Mitgliedern zählen. Traditionell bildeten sie
polygame Familienverbände. Jede Frau bewohnte mit ihren Kindern eine eigene
Hütte.“
    „Was ist Sorghum?“
    „Mohrenhirse, eine Art Süßgras, das wie Getreide ist. Sie
kochen ugali, einen Brei daraus, den sie fast täglich essen. Ein schrecklich
dickes Zeug. Schmeckt scheußlich.“
    William nickte. Brei hasste er.
    „Das große Sagen in dieser Gemeinschaft hat der
Dorfälteste. Der wichtigste Mann ist der Mondomogo, so eine Art Zauberer. Diese
Männer haben einen erheblichen Einfluss auf alle, da jeder Mann, jede Frau
Angst vor einem thahu, also einem bösen Fluch hat. Tief verankerter alter
Aberglaube oder nicht. Keiner weiß das so genau. Sie glauben jedoch daran,
leben danach. Den Mount Kenya nennen sie Kirinyaga oder Kinyaa, das etwa
leuchtender Mountain bedeutet. Das Massiv gilt als der Thron des Ngai wa
Kirinyaga, der Gott des Kirinyaga. In der Kikuyu-Mythologie ist der Kirinyaga
der Mountain der Helligkeit, auf dem Ngai, der Schöpfergott, die Basis für ihre
Welt erschaffen hat und dort sitzt er heute noch und wacht über alle und alles.
Der Stammvater der Kikuyu erhielt von Ngai die erste Frau. Bei Problemen opfern
sie unter Migumobäumen und erheben ihre Arme in Richtung Kirinyaga. Soll
angeblich helfen. Die Kikuyu glauben an das Leben nach dem Tod. Die Vorfahren
leben so in den Nachfahren weiter. Die Kikuyu stammen nach Überlieferung von
dem Urvater Kikuyu ab. Mumbi, seine Frau gebar neun Töchter: Achera, Agachiku,
Airimu, Ambui, Angare, Anjiru, Angui, Aithaga und Aitherandu, die wiederum als
Urmütter der neun muhiriga, dass so viel wie Clan bedeutet, ab. Heute sind sie
zu einem beträchtlichen Teil christianisiert. Die Missionare haben es
jedenfalls versucht“, schmunzelte er. „So richtig geklappt hat es allerdings
nicht. Die meisten sind Heiden, beten ihre Götter an. Am Anfang haben die
Priester ihnen englische Namen gegeben und es gab die Kleidung der Weißen,
etwas zu essen. Also haben sie gute Miene dazu gemacht, sich taufen lassen,
danach sind sie zurück in ihre shamba und haben Ngai berichtet. Die Anrede
Ngais in allen Zeremonien ist Mwere-Nyaga. Besondere Menschen, man nennt sie
Arathi, hören die Botschaften Ngais und geben sie an das Volk weiter. Der
Mondomogo ist für die vielen Rituale, Heilungen oder Gerichtsurteile zuständig.
Um zum Beispiel Regen herbeizuwünschen, ist wiederum nur der Arathi berechtigt,
der gemeinsam mit den Ältesten Ngai ein Opfer, etwa eine Ziege oder ein Lamm
bringt.
    Wie überall in Afrika kommunizieren die Kikuyu mit ihren
Ahnen, pflegen einen Ahnenkult. Die missachteten Ahnen könnten Leid und Unglück
über die Clanmitglieder bringen, allerdings Wohlstand und Glück, wenn sie
beachtet werden. So verschütten Kikuyu etwas Bier auf den Boden oder platzieren
Essen, um der Ahnen zu gedenken. In höchster Not, wie dem drohenden Tod eines
Angehörigen, wenden sich Menschen und Ahnen gemeinsam an Ngai und bringen ein
Opfer. Die Vorfahren lebten in den Nachfahren weiter. Deswegen werden die
Kinder nach den Großeltern benannt. Solange ein Vorfahre benannt wird, muss er
nicht aus der als positiv gedachten Ahnenwelt weichen. Erst wenn er von den
Nachfahren vergessen wird, verschwindet er in einer diffusen Unterwelt, dem
Tod. Niemand möchte also seine Ahnen töten und er selbst möchte, dass man sich
später gleichfalls an ihn erinnert.
    Es gibt viele Regeln, Gesetze, nach denen sich jeder
richtet, partiell sehr sinnvolle. Die Männer haben mehrere Frauen, da meistens
eine schwanger ist. Würde sie nach der Geburt abermals schwanger, könnte sie
nicht so gut arbeiten, da sie ja den mtoto, das Kind, versorgen muss. Indes die
Weiber stillen, ist absolutes Beischlafverbot und das dauerte ungefähr zwei
Jahre, deswegen mehrere Frauen, da die Männer schließlich auf nichts verzichten
wollen. Das hat hingegen
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