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Weisse Haut - Schwarze Haut

Weisse Haut - Schwarze Haut

Titel: Weisse Haut - Schwarze Haut
Autoren: Angelika Friedemann
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heißt. Oftmals sagt
man nur jambo. Die Begrüßung hat einen hohen Stellenwert, da es als unhöflich
gilt, sofort auf den Punkt zu kommen. Zuerst erfolgen längere Erkundigungen
über das Befinden der Familie und Diskussionen über das Wetter oder Erklärungen
darüber, wo man gerade herkommt und wohin man möchte. Sie verabschieden sich
oft mit tuta onana, wir sehen uns noch, am Abend mit lala salama, friedlichem
Schlaf oder mit kwa heri, was so viel wie auf Wiedersehen oder bis bald
bedeutet.“
     
    Von dem Tag an verbrachte William jede freie Minute mit
dem zwölf Jahre älteren Mann. Er fragte und fragte, hörte seinen Erzählungen zu
und fragte erneut. Er lernte die ersten Wörter Kisuaheli, schrieb sie auf,
murmelte sie ständig leise vor sich hin, etwas, dass die gesamte Belegschaft
amüsierte. Daneben fertigte er eine Liste mit Dingen, die er benötigen würde.
    Doug Masters bereitete es Spaß mit dem Jungen, nein, man
konnte ihn fast als Mann bezeichnen, zu reden. Es amüsierte ihn, wie begierig
der alles in sich aufsaugte, wie ein Schwamm das Wasser. Wenn ihn seine
Menschenkenntnis nicht völlig trog, würde dieser Shrimes das schaffen, was er
sich erträumte. Es verkürzte ihm en passant die partiell langweilige Fahrt.
     
    Sie fuhren in die Straße von Gibraltar ein. Tanger! Er
nahm das erste Mal die Bilder Afrikas in sich auf, als sie in die Bucht von der
marokkanischen Stadt einliefen. Fremdartige Menschen in komischen Gewändern,
einige mit einem seltsamen Hut auf dem Kopf, eilten herum. Daneben standen
einige Weiße in Uniformen. Er vermutete, dass es Franzosen waren. Eigentümliche
Gerüche, ein Geraune, von dem er nichts verstand, erreichten ihn. Männer,
manchen hellbraun, andere mit einer Hautfarbe, die ihn an den Tee seiner Mutter
erinnerte, barfuß, in weißen, schmutzigen langen Hemden schleppten Kisten und
Kartons auf Deck. Unten am Kai oder auf irgendwelchen wackligen, alten Booten
priesen Jugendliche lautstark Waren an: Obst, Gemüse, lebende Hühner, Stoffe
und andere Dinge. Einige Passagiere verließen das Schiff, wurden sofort von
Menschentrauben umlagert, bis französische Beamte einschritten. Es waren
überwiegend Deutsche, wie er von Doug erfahren hatte. Juden, die aus
Deutschland flohen, da sie dort immer mehr den Quälereien der
Nationalsozialisten ausgeliefert waren. Man hatte ihnen den Besitz enteignet,
Approbationen entzogen, sie schikaniert, wie ihm Doug berichtete. In die
Kronkolonie wollten ebenfalls einige einwandern.
     
    Nach einem Tag Aufenthalt, an dem man den Proviant
aufgefüllt hatte, setzte das Schiff die Fahrt Richtung Mittelmeer fort und er
bestaunte den großen Felsen von Gibraltar. Wesentlich interessanten fand er die
andere Seite der Durchfahrt. Man sah die Küste von Nordafrika zeitweise in der
Ferne auftauchen. Nur sehr viel erkennen konnte er nie. Nur etwas und das
gefiel ihm sehr: Fast weiße Bauten konnte er erkennen. Sie verkörperten für
ihn, Reinheit, frische, saubere Luft ohne Ruß oder Qualm.
    Sie passierten kleinere klapprige Boote, auf denen
hellbraune Männer standen, die winkten, bevor sie sich weiter dem Fischfang
widmeten. Von immenser Wärme, die den Kontinent so anhaftete, spürte man
nichts. Es war kühle Luft, ein ständiger, teilweise böiger Wind.
     
    In der Silvesternacht stand er draußen und war in Gedanken
bei der Familie, Freunden, Verwandten in Southampton. Das Jahr 1939 hatte
begonnen und er hoffte, dass es für ihn ein erfolgreiches Jahr werden würde.
Den Daheimgebliebenen wünschte er leise alles Gute für das neue Jahr. Die
aufkommenden Tränen hielt er jedoch unter Kontrolle. Nun war er kein Kind mehr
und Männer weinten nicht.

*
    L angsam änderte sich das Klima. Die Tropennächte
wurden wärmer, die Tage schwül warm. Sie näherten sich Port Said, der Einfahrt
in den Suezkanal, was er aufmerksam verfolgte, obwohl es in Strömen regnete.
    Als die Afric Star anlegte, hatte der Himmel ein Einsehen
und die Sonne schob sich zwischen den Wolken hindurch. Hier sahen die Menschen
anders aus. Viele trugen lange weiße Gewänder und rote Kappen mit Bommeln
daran, den Fez, den Keffiye, manche einen Turban, den Burnus. Daneben sah man
britische Offiziere, Soldaten in ihren Uniformen. Sie spazierten, als hätten
sie einen Stock verschluckt, kerzengerade, wirkten arrogant. Zum ersten Mal
erblickte er fast schwarze Männer, die sehr groß, kräftig, muskulös waren. Die
Haut glänzte in der Sonne, wie mit Fett eingeschmiert. Junge Männer
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