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Weisse Haut - Schwarze Haut

Weisse Haut - Schwarze Haut

Titel: Weisse Haut - Schwarze Haut
Autoren: Angelika Friedemann
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Möwen flogen sehr tief, schrien laut, verschwanden
in dem nebligen Dunst.
    In einigen Stunden würde er auf dem Schiff sein, wenn er
großes Glück hatte. Die feuchte Kälte kroch langsam in seinem Körper empor. Er
zog seine dunkelblaue Jacke aus grobem Wollstoff enger um sich, kramte in
seiner Hosentasche, vergewisserte sich wohl zum hundertsten Mal, dass sein Geld
noch da war. Sieben Pound. Sein gesamtes Vermögen, neben einem kleinen Bündel
mit einigen Kleidungsstücken. So saß er wartend.
    Der Hafen, der Pier erwachten allmählich zum Leben. Männer
zogen Handkarren hinter sich her, dass es laut in der Stille widerhallte.
Schritte erklangen, man hörte die ersten Stimmen, Rufen, entfernter quietschte
etwas und folgend polterte es, dazwischen das laute Schreien der Möwen. Noch
war es dunkel, aber nun würde er bald wissen, ob ein anderes Leben für ihn
begann.
    Er schaute zum Horizont, jedoch noch konnte man den Morgen
nicht erkennen. Ein lauter, dumpfer Plumps ließ ihn zusammenzucken. Ein Mann
fluchte laut und ein anderer brüllte. Der Lärm wurde lauter, die Männer
bewegten sich hektischer. Der Arbeitsalltag begann. Die vertäuten Schiffe
mussten be- und entladen werden.
     
    Er stand auf, als er einige Matrosen schemenhaft auf Deck
der Afric Star erblickte. Er klopfte seine Hose ab, zog die Jacke ordentlich
herunter, griff nach seinem Bündel, lief näher zu dem Schiff, blieb direkt an
der Kante zum Wasser stehen und schaute hinauf. Zwei Männer schleppten gerade
eine große Kiste aufwärts, hinter ihm waren andere Arbeiter dabei, weitere
Behälter abzuladen.
    „Der Pott muss doch bald voll sein“, hörte er einen Mann
sagen.
    „Jack, da gehen noch Unmengen rein, wenigstens bei dem
Kahn sind wir bald fertig. Wird Zeit, dass wir mehr Tagelöhner kriegen. Es
kommen immer mehr Schiffe, das ist kaum noch zu schaffen und meine Knochen
wollen nicht mehr so.“
    „Wo ist denn dein Junge? Der war seit Tagen nicht da.“
    „Der hat bei Keether eine Stelle bekommen. Dort muss er
nicht so schwer schuften und nur vierzehn Stunden arbeiten. Er verdient gleich
ein paar Pence mehr. Gerade jetzt, wo Beth schwanger ist, tut das dem Jungen
gut.“ Die Männer zogen den Karren weg, ließen die Kisten an der Seite stehen.
    William schaute hoch. Er hörte sein Herz laut hämmern,
atmete nochmals tief durch und nahm allen Mut zusammen.
    „Hallo! Ich würde bitte gern den Kapitän sprechen“, schrie
er laut zu zwei Männern hinüber, von denen einer nun näher an die Reling trat.
„Was willst du vom Käpt’n?“
    „Arbeit und die Überfahrt nach British East Africa.“
    Die beiden Männer drehten sich weg und er dachte, das
war´s wohl. Trotzdem wartete er eine Weile, die ihm wie eine Ewigkeit vorkam.
    Enttäuscht wollte er gerade gehen.
    „Komm an Bord“, hörte er eine tiefe Stimme brüllen.
    Schleunigst stieg er den Holzsteg empor. Sein Herz klopfte
noch schneller. Oben angekommen schaute er sich verstohlen ein wenig um, zog
rasch seine Wollmütze ab, strich kurz über die Haare, als er den Mann
erblickte, der ihn musterte.
    „Komm mit und schlag nicht Wurzeln“, brummte der ältere
Mann und er folgte ihm nach vorn, wo zwei Männer in tadellosen blauen Uniformen
standen und sich unterhielten. Sie wandten sich um. „Was gibt es?“
    „Der Junge fragt nach Arbeit.“
    Die beiden Männer beäugten, taxierten ihn von oben bis
unten, schauten sich an, verständigten sich mit Blicken.
    „Wie heißt du und wie alt bist du?“
    „William Shrimes, ich bin siebzehn. Ich werde in einigen
Wochen achtzehn, Sir“, log er. Er war sehr groß für sein Alter, hatte bereits
breite Schultern. Seine dunkelbraunen Haare kurz geschnitten. Die braunen Augen
blickten die Männer direkt und offen an.
    „Warst du je auf einem Schiff?“
    „Nein, Sir. Ich habe bisher nur in der Fabrik bei Johnson
gearbeitet, nun möchte ich zu meinem Onkel nach Mombasa.“
    „Also in die Kronkolonie. Bei uns sind zwei Matrosen
ausgefallen, und wenn du arbeiten willst, bekommst du eine freie Überfahrt,
dazu Essen und sechs Shilling am Tag.“
    „Ja, Sir, mach ich gern.“ Am liebsten hätte er gejubelt.
    „Das heißt morgens um fünf an Deck sein und bis zum Abend
arbeiten. Machst du Ärger, deine Arbeit nicht richtig, gibt es nichts und wir
setzen dich am nächsten Hafen an Land. Verstanden?“
    „Ja, Sir!“ Erneut verneigte er sich leicht.
    „John, zeig ihm alles. Er wird die Arbeit von Scott
übernehmen und seine Koje. Willkommen an
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