Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)
Autoren: Carola Herbst
Vom Netzwerk:
Pferdestall aus hatte sich die Nachricht von der Ankunft des jungen Herrn wie ein Lauffeuer verbreitet. Deshalb glaubte Anne auch, auf das Zusammentreffen mit dem Grafenspross vorbereitet zu sein. Allerdings war der Anblick des Mannes in der tadellos sitzenden Uniform, der im Gegenlicht der Fenster wie eine Heiligenfigur umstrahlt wurde, ein Schock für das junge Mädchen. Anne spürte, wie eine Hitzewelle ihren Körper ergriff und ihren Halsausschnitt entflammte. Das Mieder wollte ihr plötzlich die Luft abdrücken. Lodernde Röte, die erst ihren Hals und schließlich ihr Gesicht überzog, konnte sie ebenso wenig aufhalten, wie sie die Sonne am Weiterwandern hindern konnte. Als sie aufsprang, glitt ihr beinahe die Schüssel voll Erbsen vom Schoß, denn bevor die uniformierte Lichtgestalt in die Küche getreten war, hatte Anne Erbsen auspulen müssen. Verlegen blickte sie den grünen Murmeln nach, die über den Schüsselrand gesprungen waren und nun keck davonrollten. Ausgerechnet vor den polierten Stiefelspitzen des jungen Herrn blieben sie liegen.
    Franz tat jedoch so, als hätte er das Missgeschick nicht bemerkt. Er schlenderte zwanglos zum Tisch.
    „Ich wünsche den Damen einen guten Morgen“, sagte er, wohl wissend, die Begrüßung sei für die Mägde unangemessen. Er amüsierte sich im Stillen über das junge Mädchen, das er jetzt mit einem langen Blick musterte.
    Annes Augen weiteten sich. Plötzlich war sie sich ihres unschicklichen Betragens bewusst geworden. Wie konnte sie den jungen Herrn nur so lange anstarren. Sie hatte sogar vergessen, einen Knicks zu machen und gegrüßt hatte sie auch nicht. Ihre glühende Gesichtsfarbe wich durchscheinender Blässe, der Schweiß brach ihr aus und ihre Finger krallten sich in die Falten ihres Rockes.
    Franz verfolgte Annes Farbwechsel und fragte besorgt: „Geht es dir gut? Möchtest du einen Schluck Wasser?“
    „Oh ...“, brachte Anne heraus und stürzte im nächsten Augenblick mit wehendem Rock zur Hintertür hinaus.
    Irritiert drehte sich Franz zu Elsi um.
    „Was ...“, begann er, doch Elsi schnitt ihm das Wort mit einer Handbewegung ab.
    „Euer Gnaden müssen es unserer Anne nachsehen, sie ist ein liebes und fleißiges Mädel, aber sie hat bisher noch keine Erfahrungen mit ...“, Elsis Blick wurde unruhig, als sie fortfuhr: „ ... mit Männern . Wissen Euer Gnaden eigentlich, wie es in der Franzosenzeit hier zugegangen ist? Unsere jungen Mädels haben wir verstecken müssen. Schlimme Zeiten sind das gewesen. Jedem Rock sind die verdammten Soldaten hinterhergestiegen, einerlei, ob Franzose oder Unsriger. Sie wird nur Angst vor Euer Gnaden haben.“
    „Ach so, ich dachte schon, es liegt an mir“, witzelte Franz, dabei an den Knöpfen seiner Uniform spielend.
    „Elsi, es ist dir doch recht, wenn ich dich so nenne?“
    „Selbstverständlich, Euer Gnaden.“ Geschmeichelt machte Elsi einen kleinen Knicks, den sie trotz ihrer fülligen Figur mit Eleganz zuwege brachte.
    Franz registrierte das unbewusst, weil er mit ihrer Zustimmung gerechnet hatte. Er war in Gedanken bereits bei seiner nächsten Frage: „Mein Bruder ... äh ... der junge Herr, hätte er nicht längst auf dem Gut sein müssen?“ Franz war in der vergangenen Nacht nur vom Verwalter begrüßt worden. Wäre Johann auf dem Gut gewesen, hätte der es sich gewiss nicht nehmen lassen, den jüngeren Bruder persönlich willkommen zu heißen. Immerhin hatten sie sich mehrere Jahre nicht gesehen. Aber Stein hatte gestern Abend nicht von Johann gesprochen.
    „Der junge Herr ist immer zum Ende der ersten Heuernte eingetroffen. Wir haben geglaubt, er sei angekommen ... gestern Nacht“, fügte Elsi erklärend hinzu, „weil doch das erste Heu lange unterm Dach ist.“ Schuldbewusst, sich nicht über Franz’ Ankunft gefreut zu haben, senkte sie den Blick und schob ihm abbittend einen Teller mit belegten Broten und gekochten Eiern zu.
    „Hm, dann ist er also noch nicht da“, murmelte Franz vor sich hin. „Und wer ist bitte schön wir ?“
    „Oh.“ Elsi errötete. „Tja, ich ...“, stammelte sie verlegen.
    Franz winkte ab, so genau wollte er es nun auch wieder nicht wissen. In der vergangenen Nacht hatte er sich nur gewundert, weil er sein Pferd sofort in sachkundige Hände hatte geben können.
    Elsi atmete erleichtert auf und beeilte sich, Franz mit allerlei Leckereien wie Blechkuchen und Pudding auf andere Gedanken zu bringen.
    „Schmeckt es, Euer Gnaden?“
    „Ich habe noch nie so gut
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher