Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)
Autoren: Carola Herbst
Vom Netzwerk:
gegessen“, brachte Franz mit vollem Mund zwischen einem Bienenstich und einem Leberwurstbrot heraus. „Außer in Pommern – bei meiner Großmutter.“
    Elsi lächelte. Großmütterliche Konkurrenz schien sie geschmeichelt hinzunehmen, doch dann wurde sie ernst und sie fragte scheu: „Dem gnädigen Herrn Johann wird doch nichts zugestoßen sein?“
    Mit einem Ruck hob Franz den Kopf und starrte sie an. Elsis besorgter Gesichtsausdruck erschreckte ihn. Sollte ihre Frage die Erklärung für die Eildepesche sein, die sein Vater ihm hatte zukommen lassen?
    Johann hatte vor zwei Jahren an der Universität zu Rostock ein Studium an der Philosophischen Fakultät aufgenommen, nachdem er bei Hermann Stein mehrere Jahre auf Hohen-Lützow in die „Lehre“ gegangen war. Die studienfreie Zeit im Sommer, das wusste Franz, verbrachte Johann gern auf dem Gut des Vaters.
    „Nein, nein ...“, versuchte er Elsi und sich zu beruhigen, „das glaube ich nicht.“ Er machte eine Pause und lächelte unverbindlich. „Er ist bestimmt wegen allerlei Verpflichtungen an seinen Studienort gebunden.“ In Gedanken ging er bereits die eine oder andere Möglichkeiten durch: Prüfungen, wissenschaftliche Belegarbeiten, Frauen? Am letzten Punkt seiner Überlegungen angelangt räusperte er sich und sagte: „Nun, es wird gewiss harmlos sein und wenn der Graf nächste Woche in Hohen-Lützow ...“ Als er sah, dass Elsi kugelrunde Augen bekam, verstummte er sofort.
    „Der Graf! Der Graf kommt!“, rief sie aus, dann schlug sie die Hände fassungslos vors Gesicht und plumpste völlig unelegant auf den nächsten Schemel.
    Franz verfluchte im Stillen seine vorschnelle Bemerkung. Er hätte es dem Verwalter überlassen müssen, die Dienstleute des Gutes zu unterrichten.
    Ob es Zweck hätte, Elsi um Stillschweigen zu bitten?
    Wie er sie einschätzte, würde sie ihn nicht verraten. Aber das zwangsläufig folgende Backen und Kochen würde ihn entlarven. Resigniert kam er zu dem Schluss, er müsse Stein beichten, was er angerichtet habe.
    Wie von einem Seil gezogen erhob sich Elisabeth Schulz und ging entschlossen auf Vorratskammer und Keller zu. Im selben Moment erschienen drei Mägde an der Hintertür. Sie hatten frisches Gemüse geerntet. Gleich würde hier umtriebige Geschäftigkeit ausbrechen und Franz entschloss sich zur Flucht nach vorn.
     
    Auf dem Vorplatz des Herrenhauses blieb Franz stehen und sah sich um. Ein blank geputzter Himmel wölbte sich über ihm und am Stand der Sonne erkannte er, dass es bereits Mittag war.
    Das Tageslicht hatte seinem Vaterhause die beschauliche Gemütlichkeit geraubt, die Franz des Nachts so einladend gefunden hatte. Geradezu majestätisch ragte das zweigeschossige Haus in die Höhe. Sein Baumeister hatte klare Linien gewählt und auf Schnörkel wie Türmchen und Erker verzichtet. Ein Mansardendach bekrönte es und rundete den imposanten Eindruck ab. Einzig das prunkvoll gestaltete Portal, das mit dem Wappen des Grundherrn geschmückt worden war, verriet das Barocke des Stils. Der Eingang selbst sprang etwas zurück und wurde von zwei Säulen flankiert. Eine Freitreppe betonte den herrschaftlichen Charakter.
    Erst jetzt bemerkte Franz, dass das Herrenhaus auf einer Insel erbaut worden war. Die kleine Steinbogenbrücke, die sich über einen Graben oder Bach spannte, hatte er in der Dunkelheit nicht gesehen. Der Bach gabelte sich und staute sich auf der rückwärtigen Seite des großen Hauses zu einem schmalen Teich auf. Ein Blumengarten dehnte sich gleichfalls hinter seinem Vaterhause. In einiger Entfernung entdeckte er noch weitere, bedeutend kleinere Gebäude aus Backsteinmauerwerk und Fachwerk. Eingehende Betrachtung erschloss ihm den Sinn der Anlage: Am Teich stand eine Wassermühle; der Wasserbedarf des Mühlteiches wurde über ein Wehr geregelt, an dessen Rückseite das aufgestaute Wasser auf das natürliche Niveau des Baches hinunterstürzte.
    Hinter der Brücke – in Sichtweite – lag der Wirtschaftshof des Gutes, und zwar linker Hand zum Vorplatz des Herrenhauses. Franz hörte Geräusche emsiger Geschäftigkeit. Er beschleunigte seine Schritte. Sein Ziel war der Pferdestall. Er wollte nach Tizian sehen, obwohl er davon überzeugt war, seinem Wallach fehle es an nichts.
    In den vergangenen Tagen hatte Franz Tizian viel abverlangt, heute wollte er ihm einen leichten Ausflug von ein, zwei Stunden gönnen.
    War es Franz anfangs noch ungewöhnlich vorgekommen, bisher nur wenigen Menschen begegnet zu sein,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher