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Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)
Autoren: Carola Herbst
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seine Füße umschmeichelte. Dabei fiel sein Blick auf seine Füße.
    „Oje, gestern ist wohl das Waschen ausgefallen.“ Nur mit seinem Hemd bekleidet sah er sich suchend um und entdeckte hinter einem Wandschirm die unberührte Waschschüssel, einen Wasserkrug zum Nachfüllen und das Nachtgeschirr. Seife, Rasierzeug und Handtücher lagen in griffbereiter Nähe. Er fand sogar Zahnpulver auf dem Waschtisch. Zügig machte er sich daran, sich in Ordnung zu bringen. Sein lockiges dunkles Haar war nach der französischen Mode kurz geschnitten. Er trug lange Koteletten, die sein jugendliches Gesicht reifer erscheinen ließen. Graue Augen mit dunklen dichten Wimpern, um die ihn jedes Mädchen beneidet hätte, darüber männlich gerade Brauen gaben ihm ein verführerisches Aussehen. Eine römisch geformte Nase und volle Lippen unterstrichen seine ebenmäßigen Züge. Er wusste sehr wohl, welchen Eindruck seine Erscheinung machte. In den Kriegsjahren hatte er seine Wirkung auf Damen reichlich erprobt.
    Nach einer sorgfältigen Rasur prüfte er seine Fingernägel. Zu seiner Erleichterung fand er sie recht manierlich, denn an ein Manikürbesteck hatte er bei Reiseantritt nun wirklich nicht gedacht. Kopfzerbrechen bereitete ihm seine Uniform, er erinnerte sich an ihren Zustand, der weiß Gott nicht geeignet war, um darin dem versammelten Landvolk gegenüberzutreten.
    Vater wird sich für den Auftritt seines jüngsten Sohnes schämen müssen, dachte er verdrossen.
    Erst jetzt wurde er sich bewusst, dass ihm an diesem Morgen – oder war es bereits heller Tag? – besagte Kleidungsstücke noch nicht unter die Augen gekommen waren. Nur sein Säbel lehnte lässig an der Anrichte.
    Zur Einrichtung des Zimmers gehörte ein großer Schrank, der Franz’ Hoffnung barg, etwas Brauchbares zum Ankleiden zu finden. Der Gedanke, im Hemd, noch dazu in einem schmutzigen, nach einem Hausmädchen klingeln zu müssen, behagte ihm gar nicht. Ja, er war eitel, aber er glaubte, seine rühmlichen Eigenschaften (ohne sie an dieser Stelle aufzählen zu wollen) machten die Schwäche wieder wett. Und wer war eigentlich nicht eitel?
    Beklommen öffnete er die Schranktüren, auf denen ein Künstler die vier Jahreszeiten verewigt hatte. Der frische Geruch von Seife und Wäschestärke schlug ihm entgegen. Die Schrankfächer offenbarten säuberlich aufgestapelte gestärkte und gebügelte Hemden, Halsbinden, ordentlich gefaltete Unterhosen und Strümpfe, Letztere ausnahmslos in gedeckten Farben. Sein Uniformrock und seine Hose hingen gereinigt, gebürstet und aufgebügelt an einer Kleiderstange. Die Stiefel entdeckte er auf einem Schemel. Sie waren sorgsam poliert und mit Spannern versehen worden. Erleichtert sendete er ein Stoßgebet gen Himmel und freute sich ehrlich über Fleiß und Umsicht der Hausdienerschaft.
    Es mischte sich aber noch etwas anderes in seine Betrachtungen: Er dürfte, entgegen seiner soldatischen Gewohnheiten, wie ein Toter geschlafen haben.
    Er riss sich das schmutzige Hemd vom Leib und betrachtete seinen Oberkörper in einem Wandspiegel. Franz von Klotz war nicht mit Muskelpaketen bepackt, sondern der schlanke, sehnige Typ. Spielerisch ließ er seine Brustmuskulatur auf und nieder hüpfen. Als er dabei die kleine dunkle Narbe neben seiner linken Brustwarze entdeckte, verfinsterte sich sein Gesicht.
    „So ist das halt, Licht und Schatten berühren einander“, murmelte er, wandte sich ab und zog sich rasch an.
    Kurze Zeit später, als Franz über den langen Flur zur Treppe eilte, die in die Halle führte, spürte er eine seltsame Anspannung. Ihm wurde flau im Magen, als stünde Großes bevor. Das Haus schien ihn mit all seinen Tagesgeräuschen zu begrüßen. Ein helles Mädchenlachen drang aus der Küche zu ihm herauf, Töpfe klapperten, Türen fielen ins Schloss, Hundepfoten kratzten über gescheuerte Fliesenböden. Franz überkam ein gewaltiges Déjà-vu-Erlebnis. Ihm schwindelte leicht und er hielt sich am Geländer fest. Einen Moment lang verweilte er auf dem Treppenabsatz und fragte sich verwirrt, wie er sich an die Atmosphäre des Hauses habe erinnern können, wo er doch niemals zuvor hier gewesen war?
    Er schüttelte sich, dann wendete er sich entschlossen der Küche zu, in der Absicht ein spätes Frühstück einzunehmen.
     
    Franz’ Erscheinen in der Küche zauberte Elsi ein breites Lächeln auf die Lippen. Ungläubig starrte die 14-jährige Anne die Köchin an, wo die sonst über alle Gefühlsausbrüche erhaben war. Vom
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