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Weissbier im Blut - Ein Kriminalroman aus dem bayerischen Unterholz

Weissbier im Blut - Ein Kriminalroman aus dem bayerischen Unterholz

Titel: Weissbier im Blut - Ein Kriminalroman aus dem bayerischen Unterholz
Autoren: Joerg Graser
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zu tun, von früh bis spät. Und Tote haben den Vorteil, dass sie nicht mehr jammern. Aber sie können einem auch ganz schön auf den Wecker gehen. Diese vorwurfsvollen Blicke…«
    »Na, dann schaun Sie mal, ob Sie ein Auge finden.«
    Kreuzeder wandte sich an einen Kollegen von der Spurensicherung, der mit einer Pinzette ein zerfranstes Lederstück aus dem Matsch fischte und in einem Zellophanbeutel verstaute.
    »Was dabei, womit wir was anfangen können?«
    »Lauter Schmarren.«
    »Sauber.«
    Er sah sich um. Einer der Streifenwagen hatte ein Freyunger Kennzeichen. Auf dem Beifahrersitz saß ein Polizist und aß ein Butterbrot. Den knöpfte er sich vor.
    »Sind Sie von hier?«
    »Mhm.«
    »Wer hat denn die Polizei verständigt?«
    »Der Bauer. Holzner heißt er. Wir haben dann gleich in Passau angerufen, wie wir die Scheiße gesehen haben.«
    »Haben Sie eine Flüstertüte?«
    »Haben wir noch nie gehabt.«
    »Dann müssenS’ jetzt Ihre Stimmbänder strapazieren. Alle Autos, die nicht auf den Hof gehören, müssen weg. Und von dem Auto, das übrig bleibt und das nicht dem Bauern gehört, da stellenS’ den Besitzer fest.«
    Der Polizist hatte aufgehört zu kauen und sah sich ratlos um.
    »Dazu müssenS’ natürlich aus dem Auto aussteigen, Herr…«
    »Wobka.«
    »Wir sind heut alle gefordert, Herr Wobka.«
    Im Haus waren die Vorhänge zugezogen. Kreuzeder watete durch den Matsch und ging hinein, ohne anzuklopfen. Im Vorraum standen drei Paar Gummistiefel. Die Küche war verwaist und so gemütlich wie ein Krankenhausaufenthalt. Aus dem Halbdunkel schimmerten giftgrüne Plastikmöbel aus den Siebzigerjahren. Am anderen Ende des Raums war eine Tür, hinter der Musik dudelte. Es war das Wohnzimmer. Die Töne kamen aus dem Fernseher. Superman flog gerade zwischen Wolkenkratzern umher. Es war wohl eine Wiederholung, weil es ja erst nachmittags war. Soweit es bei dem wenigen Licht zu erkennen war, gab es drei Zuschauer, den Bauern, seine Frau und ein Kind. Sie ließen sich nicht stören.
    »Mahlzeit.«
    Der Mann war der Einzige, der sich umdrehte.
    »Mahlzeit.«
    »Ich bin von der Kripo. Kann ich Sie mal was fragen?«
    »Von mir aus.«
    »Ja, wenn Sie bitt schön mal in die Küch mitkommen würden. Sie auch, Frau Holzner.«
    Die beiden Bauersleute erhoben sich schwerfällig aus ihren Sesseln und folgten dem Kommissar missmutig in die Küche.
    »Ich möcht nicht unbedingt vor dem Kind mit Ihnen reden. Ist Ihnen der Tote bekannt?«
    Der Bauer murmelte mehr, als dass er sprach. Sein Gesicht war so widerborstig wie seine struppigen Haare. Er sah aus, als hätte ihm gerade jemand seinen Traktor zerbeult.
    »Nicht, dass ich wüsst. Man sieht ja nix. Der ist ja in der Maschin.«
    »Wo sindS’ denn gewesen, wie das passiert ist?«
    »Am Feld.«
    »Sie auch, Frau Holzner?«
    Die Bäuerin nickte.
    »Kann das sonst noch irgendwer bezeugen?«
    Der Bauer brummte erst, bevor er sich zu einer Antwort bequemte.
    »Hmm. Ich weiß nicht. Ich hab niemand gesehen. WissenS’ schon was?«
    »Nein. Ich bin grad erst gekommen. Außerdem ist mir schlecht. Ich hab einen ziemlich fetten Schweinsbraten erwischt.«
    »MögenS’ einen Obstler?«
    »WennS’ einen dahaben.«
    Der Bauer nickte seiner Frau kurz zu, und sie holte zwei Schnapsgläser aus dem giftgrünen Hängeschrank und stellte sie auf den Tisch, während er eine Flasche hinter dem Vorhang hervorzog, die auf dem Fensterbrett gestanden hatte. Es war kein Etikett drauf. Er pellte den Gummistopfen herunter und schenkte ein. Die beiden Männer tranken. Holzner blickte den Kommissar erwartungsvoll an, und der sah sich direkt zu einem Lob genötigt.
    »Sehr gut. HabenS’ den selber gebrannt?«
    »Sag ich nicht.«
    Die Wohnzimmertür sprang auf, und der Bub kam hereingerannt. Sein rundes Gesicht strahlte. Er hatte struppige Haare wie sein Vater und eine helle Kinderstimme.
    »Der Superman ist der Sieger!«
    Kreuzeder schmunzelte.
    »Das hab ich mir fast gedacht.«
    »Der kämpft für das Gute und gegen das Böse.«
    »Sowieso.«
    Die Holznerin schob ihren Sohn zurück ins Wohnzimmer.
    »Jetzt geh nur wieder rüber, Moritz, und tu schön fernsehen.«
    »Wo doch grad Werbung ist.«
    »Dann schaltst halt so lang um.«
    Sie machte die Tür hinter ihm wieder zu. Holzner schenkte erneut ein und bot seinem Gast nun sogar einen Stuhl an, was der gerne annahm.
    »Gibt’s hier noch viel Bauern in der Gegend?«
    »Die meisten haben schon aufgegeben.«
    »Lohnt sich nimmer, gell?«
    »Mei, nicht so
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