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Weinen in der Dunkelheit

Weinen in der Dunkelheit

Titel: Weinen in der Dunkelheit
Autoren: Unbekannter Autor
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statt. Hatte sie der Schüler von einem anderen Schüler, wurde er dazugeholt. Dieses Spiel dauerte so lange, bis die Pädagogen endgültig wußten, wie die Hefte ins Heim gelangt waren. Sie konnten nur von Kindern mitgebracht worden sein, die am Wochenende zu ihren Eltern fuhren. Kam dann heraus, wer die Hefte mitgebracht hatte, durfte der »Schuldige« bis zur nächsten Elternversammlung am Wochenende nicht nach Hause. Die Strafe war für die Kinder besonders hart.
    Hielt ein Schüler dicht, schlossen ihn die Erzieher von besonderen Anlässen aus. Noch härter war die Kollektivstrafe, dann galt das Verbot, zum Beispiel »Kino«, für die gesamte Gruppe, bis der Schüler seine »Schuld« gestand. Nicht selten rasteten einige Mäd-chen darüber dermaßen aus, daß sie auf die Betreffende so lange einschlugen und sie anspuckten, bis sie alles gestand. Einmal kam ich dazu. Fünf Mädchen hielten Conny mit Gewalt fest, sie lag auf dem Boden und konnte sich nicht wehren. Zwei weitere Mädchen rissen ihr den Mund auf und spuckten mehrmals hinein.
    »Ihr Schweine!« schrie ich.
    Augenblicklich ließen sie Conny los und drohten mir:
    »Halts Maul, sonst bist du dran!«
    Ich rannte davon und heulte. Allein kam man gegen so viele nicht an.
    Nach der Schule aßen wir zu Mittag, hielten Mittagsruhe und erledigten unter Aufsicht der Erzieher unsere Schulaufgaben. Danach war Freizeit. Entweder gingen wir zur Arbeitsgemeinschaft, oder wir spielten draußen. Vor dem Abendbrot erledigten wir schnell noch einmal die Ämter, und danach war Nachtruhe.
Gruppenkeile
    Die Schule stank jeden Tag nach alten Schmalzstullen. Schmalzstullen gab es täglich, und niemand mochte sie mehr. Sie lagen in den Toiletten, auf dem Schulhof, in den Gängen und im Klassenzimmer. Waren sie vertrocknet, bogen sie sich nach oben, und man rutschte darauf herum. Zwar bemühten sich die Lehrer um Sauberkeit, Ordnung und Disziplin, aber der Gestank und die Stullen blieben. Deswegen stank mich die Schule im wahrsten Sinne des Wortes mächtig an. Um so mehr freuten sich alle Kinder, als verkündet wurde, daß die Schule für einige Tage wegen Kohlenmangels geschlossen würde. Warme Gruppenräume brauchten wir dringender.
    Ein sehr strenger Winter brachte uns unverhofft noch einmal ein paar Tage schulfrei. Fröhlich rannte ich in meine Gruppe. An meiner Schlafzimmertür blieb ich wie angewurzelt stehen. Mein Schrank war ausgeräumt. Die Sachen lagen verstreut auf dem Fußboden, und die Mädchen standen lauernd daneben. Es blieb mir nichts anderes übrig, als mir die Angst, die in mir hochkroch, nicht anmerken zu lassen. Ruhig bückte ich mich nach meinen Klamotten, da stürzten sie auf mich zu.
    Die Schläge taten sehr weh. Ein Mädchen hatte sein Handtuch so lange gedreht, bis es hart wie ein Seil war, damit schlug es auf mich ein. Ich wehrte mich, ohne zu weinen, den Triumph gönnte ich ihnen nicht. Nach einer Ewigkeit hörten sie mit den Schlägen auf, aber dafür brüllten sie mich jetzt an:
    »Los, sag, wo die Dinger sind, du Drecksau!«
    »Du Schwein, du hast Schmöker versteckt!«
    Nun erfuhr ich, worum es eigentlich ging. In der Mappe meines Bruders hatten die Lehrer bei der Morgenkontrolle verbotene Westsc hm öker gefunden. Sofort durchsuchten sie seinen Schrank, fanden aber nichts. Daraus folgerten die Erzieher, daß sie dann wohl bei mir versteckte Hefte finden würden.
    Natürlich verfolgten die Mädchen die Aktion in meinem Schrank, und als sie dazu aufgefordert wurden, sofort Meldung zu machen, wenn diese Dinger bei mir auftauchten, wollten die Lieblinge der Erzieher nicht mit der Erfolgsmeldung warten. Deshalb bekam ich Prügel.
    Man verdächtigte mich zu Unrecht, ich besaß nicht ein einziges Heft. Seitdem traute ich keiner aus meinem Zimmer mehr.
Pech für zwei
    Gern ging ich in unseren Tierpark. Hier traf man eigenartigerweise kaum Kinder. Wir hatten viele Tiere vom richtigen Berliner Tierpark. Prof. Dr. Dathe schenkte sie dem Heim: zwei Füchse, Hängebauchschweine, Schafe, Rehe und Hühner.
    Eines Tages ging ich mit Petra, einem Mädchen aus meiner Gruppe, in den Tierpark. Wir wollten uns das neue Zwergpony ansehen. Der Tierwärter beschäftigte sich gerade mit dem Ausmisten der Schweineställe, eine günstige Gelegenheit für uns zum Reiten. Wir hatten noch nie auf einem Pferd gesessen, und das Pferd hatte sicherlich noch nie einen Reiter auf seinem Rücken getragen. Als Petra oben saß und ich dahinter, stellte es sich auf die Hinterbeine,
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