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Weinen in der Dunkelheit

Weinen in der Dunkelheit

Titel: Weinen in der Dunkelheit
Autoren: Unbekannter Autor
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und ich sauste über den Pferdehintern nach unten in den Schweinetrog. Anstatt mir beim Herausklettern behilflich zu sein, lachte Petra sich halb tot. Während ich versuchte, den Dreck unter einem Wasserhahn abzuspülen, sann ich für Petras schadenfrohes Lachen auf Rache. Da entdeckte ich die Laubgrube, in der die Wärter das Herbstlaub verbrannten.
    Im Sport war ich sehr gut, und ich dachte mir, wenn wir über diese Grube springen, wird sie es nicht schaffen und hineinfallen.
    »Komm, wir machen Wettspringen«, sagte ich.
    Aber sie zweifelte daran, daß sie die Grube über-springen konnte.
    »Ist doch ganz einfach«, sagte ich, nahm Anlauf und sprang hinüber. Da lief Petra los, sprang und landete genau in der Mitte des Erdloches. Jetzt mußte ich lachen, ich tanzte um die Grube herum und sang »Häschen in der Grube«.
    Petra hüpfte wie Rumpelstilzchen herum und schrie fürchterlich. Erst dachte ich, vor Wut, aber dann sah ich, daß unter dem frischen Laub glühende Asche lag. Sie schrie vor Schmerzen, ich mußte mich auf den Bauch legen, um ihre Hand zu erreichen, und zog sie heraus. Ihr rechter Fuß qualmte und hinterließ eine richtige Rauchwolke. Sie tat mir leid, das hatte ich nicht gewollt.
    »Stell deinen Fuß in den Trog, dann kühlt er schneller ab«, riet ich ihr.
    Aber als sie ihn aus dem Schweinefraß zog, sah er noch schlimmer aus. Stinkend, mit Brandlöchern an Fuß, Strumpf und Schuh in der Hand, humpelte sie mit mir zur Krankenstation. Dort lag sie zwei Wochen. Jeden Abend ging ich sie besuchen. Um mit ihr reden zu können, mußte ich zum Fenster hochklettern und mich am Gitter festhalten. Sie erfuhr von mir immer das Neueste vom Heim. Nach einiger Zeit, als ihr das Bein nicht mehr so weh tat, freute sie sich über die schulfreie Zeit und war nicht mehr böse auf mich.
Die Verpflegungstüte
    Einmal holten mich meine Pflegeeltern erst am Sonnabend ab. Darüber war ich nicht traurig. Im Gegenteil, denn am Freitag hatte ich schon die Verpflegungstüte erhalten. Sie hatte jedesmal den gleichen Inhalt: eine lange harte Wurst, 250 Gramm Butter und ein ganzes Brot. Diese Tüte erhielten neuerdings alle Kinder, die an den Wochenenden zu Pflegeeltern fuhren.
    Bald darauf hatten fast alle Kinder Pflegeeltern. Ich glaubte nicht an die plötzlich aufkommende Kinderliebe, sondern daran, daß es an den Tüten lag, daß sich so viele Eltern fanden.
    Mit meinen drei besten Freundinnen versteckte ich mich im Gebüsch, und wir rissen gierig die Tüte auf. Es machte wahnsinnigen Spaß, einfach in das Brot zu beißen. Endlich konnten wir uns mal richtig satt essen.
    Wir bettelten oft vor Hunger bei den Küchenfrauen um Essen. Zwei von ihnen, Tante Meta und Tante »Lapaloma« (sie sang immer das Lied »La Paloma, ohe«), steckten uns manchmal etwas Eßbares zu. Sie waren lustige, dicke Frauen, die im Notfall aber auch ernst und streng sein konnten. Das restliche Küchenpersonal wechselte genau so häufig wie die Erzieher. Tante Meta und Lapaloma gehörten zu uns, deswegen mochten wir sie sehr.
    Am nächsten Tag sagte ich zu meinen Pflegeeltern, es habe keine Verpflegungstüte gegeben. Meine Pflegemutter fragte nicht bei den Erziehern nach. Von diesem Tag an hockten wir öfter mit den Tüten im Gebüsch. Jede von uns mußte einmal ihre Tüte opfern.
Meine erste Banane
    Wenn meine Pflegemutter Zeit hatte, fuhr sie mit mir nach West-Berlin, um Verwandte zu besuchen.
    An eine Begebenheit erinnere ich mich noch genau. Ich fand auf der Straße einen Westgroschen; stolz zeigte ich ihn ihr. Sie nahm ihn und sagte:
    »Dafür bekommst du eine Banane.«
    Für einen Zehner eine Banane, ich konnte es nicht glauben. An einem Marktstand kaufte ich tatsächlich eine Banane, es war meine erste. Sie schmeckte so gut, daß ich sie in Ruhe genießen wollte. Als sie merkte, wie langsam ich an der Banane herumkaute, herrschte sie mich an:
    »Beeil dich gefälligst, sonst muß ich den Kindern, wo wir hingehen, auch noch welche schenken.«
    Da wußte ich, warum ich sie nie richtig leiden konnte: Sie mochte Kinder nicht.
Juri Gagarin
    Am 12. April 1961 betrat mitten im Unterricht der Geschichtslehrer den Klassenraum. Wir erhoben uns von den Plätzen, er sagte: »Setzen!«
    Dann tuschelte er leise mit der Klassenlehrerin. Erwartungsvoll schauten wir auf die zwei. Was würde jetzt Unerwartetes folgen? Stolz sprach er zu uns: »Liebe Kinder! Es ist heute unserem Bruderland, der Sowjetunion, gelungen, ein bemanntes Raumschiff ins Weltall zu
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