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Weine nicht, Prinzessin

Weine nicht, Prinzessin

Titel: Weine nicht, Prinzessin
Autoren: Carolin Philipps
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Italienisch lernen. Andere machen auch ein Auslandsschuljahr. Deine Harfe kannst du mitnehmen. Tante Tina hat sich schon um einen Lehrer an der Musikhochschule gekümmert. Du kannst jeden Tag ans Meer, kommst auf ganz andere Gedanken.«
    »Und Coco?«
    »Darf auch mit.«
    Sie haben bereits alles geplant. Niemand interessiert, was Lara will. Und Lara will nicht weg.
    »Stell dir vor, sie können diesem Henk nichts nachweisen und er kommt frei! Lara, er kommt hierher und du … und dann geht alles von vorne los!« Tränen laufen der Mutter über das Gesicht.
    Lara wünscht sich nichts mehr, als Henk zu sehen. Nur einmal sehen, ihn umarmen. Ihr Herz klopft ganz wild vor Aufregung. Ihn nur einmal umarmen. Sie lächelt.
    »Lara! Wach auf! Oh mein Gott, du würdest wieder mitgehen!« Die Mutter nimmt sie in die Arme und drückt sie ganz fest. »Willst du dich wieder schlagen lassen? Willst du wieder mit fremden Männern …?« Jedes dieser Worte fällt der Mutter schwer. »Ich habe Angst um dich.«
    Lara zittert am ganzen Körper.
    Sie will nicht weg. Sie hofft, dass er kommt. Aber das kann niemand verstehen. Selbst Sandra schreibt: »Italien ist weit genug weg. Du wirst ihn vergessen. Und wenn du zurückkommst, ist alles vorbei!«
    Alles vorbei! Aber das will Lara doch gar nicht. So schlimm, wie alle sagen, ist Henk nicht. Und er hat sie auch nur geschlagen, weil sie Fehler gemacht hat. Er schlägt nicht einfach so. Er ist doch keiner von den brutalen Schlägertypen, wie sie im Fernsehen vorkommen! Er ist nur temperamentvoller als andere Menschen.
    »Ich will nicht nach Italien. Ich warte auf ihn«, schreibt sie der Freundin in Amsterdam.
    Und sie wäre auch nicht gefahren, wenn nicht am Abend eine weitere SMS von Sandra gekommen wäre: »Sie haben Henk zu einem Jahr Haft verurteilt. Fahr los, Lara!«
    Ein Jahr Haft! Armer Henk! Ein Jahr lang wird sie ihn nicht sehen können. Sie wird auf ihn warten. Ein Jahr, zwei Jahre, egal, wie lange es dauert. Sie steht vor dem Spiegel und betrachtet das große H auf ihrer Brust. »Für immer dein!«, flüstert sie und legt ihre Hand auf das H.
    Die Zugkarten werden gekauft. Die Mutter wird für die erste Woche mitfahren. Lara ist nun einverstanden, die Zeit wird in Italien schneller vergehen.
    Ihre Freundinnen beneiden sie. Meike ist sogar ein wenig traurig, denn sie und Lara verstehen sich fast wieder so gut wie früher. Fast, denn Lara würde jede Stunde mit Meike sofort gegen eine Minute mit Henk eintauschen.
    Ein Jahr Italien.
    Der Tag der Abfahrt ist gekommen. Während die Eltern das schwere Gepäck einschließlich ihrer Harfe aufgeben, blättert Lara lustlos die Zeitschriften im Buchladen in der Bahnhofshalle durch. Eigentlich will sie nach wie vor nicht wegfahren, auch wenn sie Henk in diesem Jahr nicht sehen darf. Aber sie wäre wenigstens in der Nähe. Vielleicht kommt er früher raus, weil er sich gut benommen hat. Und dann ist sie nicht da, um ihn zu empfangen.
    Aber nun ist es zu spät. In einer halben Stunde fährt der Zug ab.
    Plötzlich fängt Coco, der sie die ganze Zeit aufgeregt umkreist hat, an zu bellen.
    Im selben Moment legen sich zwei Arme von hinten um ihren Hals. Ein zarter Kuss wird auf ihren Nacken gedrückt, sie spürt, wie ihre Nackenhärchen sich aufrichten. Ein Kribbeln zieht durch ihren Körper.
    »Henk!«, flüstert sie.
    Sie dreht sich um und schmiegt sich an ihn.
    Endlich! Der Moment, auf den sie so lange gewartet hat.
    »Ich dachte, du bist eingesperrt.«
    »Ein Jahr auf Bewährung!«, sagt er. »Noch einmal Glück gehabt!«
    Bewährung. Das hat Sandra vergessen zu erwähnen. Versehen oder Absicht? Die Freundin wusste genau, dass sie sonst nicht fahren würde. Und die Eltern haben es bestimmt auch von der Polizei erfahren. Sie haben sie alle hereingelegt.
    Lara ist wütend.
    Coco springt an ihr hoch, bellt und will auf den Arm.
    Henk tritt mit dem Fuß nach ihm. »Hau ab, du blöder Köter!«
    »Henk, hör auf! Du tust ihm weh! Das ist Coco. Er gehört mir!« Lara bückt sich hinunter und will ihn auf den Arm nehmen.
    »Der gehört dir? Seit wann das denn? Sollte wohl ein Ersatz für mich sein, was?« Er lacht laut. Dann packt er ihren Arm und zieht sie hoch. »Du gehörst mir! Und ich will dich ohne Köter! Ich hasse alle Köter!«, fährt er sie böse an. »Sieh zu, dass du den Hund wieder loswirst. Lass ihn in Italien!« Da ist sie wieder, die eiskalte Stimme, die sie mehr fürchtet als alles andere auf der Welt.
    Ein Zittern geht durch Laras
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