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Weine nicht, Prinzessin

Weine nicht, Prinzessin

Titel: Weine nicht, Prinzessin
Autoren: Carolin Philipps
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mit seiner Nummer? Sie hatte es in der Hosentasche, als sie gestern aus dem Zimmer geklettert war. Anderes Gepäck hat sie nicht mitgenommen. Die Hose liegt noch in ihrem Zimmer, so wie sie sie gestern ausgezogen hat. Die Taschen sind leer.
    Ob die Mutter das Handy gefunden hat? Sie traut sich nicht zu fragen. Vielleicht ist es im Auto aus der Hosentasche gerutscht. Mit dem Auto ist der Vater unterwegs, erst nach Mitternacht wird er zurück sein.
    Bis dahin ist es zu spät für eine Warnung.
    Das Auto steht auf dem Parkplatz hinter dem Pfannkuchenhaus. Sie holt sich den Ersatzschlüssel aus dem Schlüsselkasten.
    »Ich geh mal bei Meike vorbei«, sagt sie.
    Die Mutter ist erleichtert. »Willst du nicht vorher anrufen?«
    »Ich habe sie so lange nicht gesprochen. Es ist so viel passiert … Ich muss … Es ist besser, ich treffe sie direkt.«
    Lara macht sich zuerst auf den Weg zum Pfannkuchenhaus. Unterwegs kommt sie an der Eisdiele vorbei, wo sie auf Meike und andere Schulfreundinnen trifft.
    »Hey, Lara. Auch zurück aus dem Urlaub?«
    »Erzähl mal! Wo warst du?«
    »Was hast du mit deinem Auge gemacht?«
    »In Amsterdam bei Freunden!«, sagt Lara.
    »Kommst du heut Abend mit ins Kino?«, fragt Meike.
    Lara nickt.
    »Halb acht vor dem Eingang!«
    Lara eilt weiter. Auf dem Parkplatz hinter dem Pfannkuchenhaus steht das Familienauto. Und unter dem Sitz findet Lara tatsächlich ihr Handy.
    Mit zittrigen Händen tippt sie: »Du musst abhauen, Henk. Die Polizei sucht dich.«
    Hoffentlich erhält er die Nachricht noch rechtzeitig und kann sich in Sicherheit bringen.
    Am Abend sitzt Lara neben Meike und ihren Freundinnen, einen Eimer Popcorn in der einen Hand, eine Cola in der andern. Um sie herum fröhliche Menschen, die lachen und sich köstlich amüsieren.
    Keine zehn Minuten kann sich Lara auf den Film konzentrieren. Immer wieder fliegen ihre Gedanken zu Henk.
    Was macht er?
    Hat er es geschafft?
    Oder haben sie ihn bereits … Diesen Gedanken mag sie nicht zu Ende denken.
    »Das war cool!«, sagt Meike, als sie aus dem Kino hinausgehen. Sie hakt sich bei Lara unter, so wie früher. Erst später fällt Lara auf, dass niemand nach Henk gefragt hat. Sollte ihre Mutter Meike informiert haben? Damit sie sich um Lara kümmert?
    Auch in den nächsten Tagen geht Lara die altbekannten und doch so fremd gewordenen Wege, trifft die altbekannten und so fremd gewordenen Menschen.
    »Na, Lara, hast du einen schönen Urlaub gehabt?«, fragen die Nachbarn. Sie denken, Lara komme von einer Ferienfreizeit zurück.
    Niemand fragt sie aus, auch die Eltern nicht. Sie können die Einzelheiten nicht ertragen. Sie behandeln Lara wie eine Kranke.
    Und krank fühlt sie sich auch.
    Krank vor Sehnsucht nach Henk.

21
    Lara weint viel und isst wenig. Die Mutter bleibt auch die nächsten Tage zu Hause.
    »Ich brauche keinen Aufpasser!«, beschwert sich Lara. »Ich laufe nicht weg.«
    »Ich weiß«, sagt die Mutter, obwohl Lara sicher ist, dass sie ihr nicht glaubt.
    Die Eltern können es kaum erwarten, dass die Therapeutin, bei der sie Lara sofort angemeldet haben, endlich einen freien Termin hat. Lara soll reden, das Furchtbare endlich verarbeiten.
    Die Therapeutin gibt sich große Mühe. Lara erzählt ihr von Henks Schulden und was sie getan hat, um ihm zu helfen. Die Therapeutin erklärt ihr, dass er sie nur ausgenutzt hat, dass seine Liebe nur geheuchelt war. Dass er schlecht für sie ist.
    Lara weiß das alles, theoretisch, und die Gespräche tun ihr gut, aber sie heilen nicht ihre Sehnsucht.
    Stunde um Stunde holt die Therapeutin den ganzen Dreck hervor, der sich in Laras Seele angesammelt hat. Der Henk, vor dem sie sich fürchtet, wird zerlegt, analysiert, bis sie die Furcht vor ihm verliert. Je länger sie über ihn spricht, desto mehr verstärkt sich in Lara der Eindruck, dass sie ihn nun bearbeitet hat und dass sie ihn vergessen kann. Ihn, den schrecklichen Henk.
    Übrig bleibt nur die Erinnerung an den zärtlichen Henk, nach dem sie sich immer stärker sehnt.
    »Sie sollten ihn mal kennenlernen«, sagt sie.
    »Lara, es ist dieselbe Person! Den einen gibt es nicht ohne den anderen! Willst du dich weiter schlagen lassen?«, fragt die Therapeutin.
    Nein, natürlich nicht.
    »Willst du dich einsperren lassen, wenn ihm etwas nicht passt, was du tust?«
    Nein, nie wieder!
    »Willst du lachen müssen, wenn du weinen möchtest?«
    »Nicht weinen, Prinzessin! Rote Augen versauen das Geschäft!«
Sie hört seine Worte so deutlich, als ob er vor
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