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Weil wir glücklich waren - Roman

Weil wir glücklich waren - Roman

Titel: Weil wir glücklich waren - Roman
Autoren: Bastei Lübbe
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ERSATZSCHLÜSSEL. ICH SCHENKE IHN DIR NICHT WIRKLICH.«
    Ich machte die Schachtel auf und fand darin einen Autoschlüssel an einer Kette mit einem silbernen, vierblättrigen Kleeblatt.
    »Ich wünschte, ich könnte dir den Van geben«, sagte meine Mutter und wand sich ein bisschen, als wäre sie verlegen. »Aber gelegentlich brauche ich ihn selbst. Du kannst ihn immer haben, wenn ich im Dienst bin. Schau einfach im Kalender nach. Du musst nicht einmal fragen.«
    Vor Freude klatschte ich in die Hände, stand auf und lief um den Tisch, um sie zu umarmen. Ich wollte ihr zeigen, dass es ihr nicht peinlich sein musste, sondern dass es ein wunderbares Geschenk war. Sie hatte mir in letzter Zeit ein paarmal den Van geliehen, und schon das war toll gewesen. Aber es wäre noch viel besser, nicht fragen zu müssen, einfach zum Parkplatz ihres Wohnheims zu gehen, mit meinem eigenen Schlüssel, und irgendwohin zu fahren. Mein Vater hatte davon gesprochen, mir einen Wagen zu kaufen, wenn ich zur Uni ging, aber ich war mir nicht sicher, ob er dabei bleiben würde. Manchmal grummelte er immer noch wegen Jimmys Auto, weil er jetzt höhere Versicherungsbeiträge zahlen musste.
    »Danke«, sagte ich, mein Gesicht in ihren neuen, weichen Schal gedrückt. »Ich werde gut darauf aufpassen.« Ich sprach es nicht aus, aber ich dachte: Weil ich weiß, dass der Wagen außer der Couch das Einzige ist, was du besitzt.
    »Okay, schon gut«, sagte sie beiläufig. »Ich hatte Angst, du würdest mein Geschenk schäbig finden.« Ich trat einen Schritt zurück, und sie sah auf ihre Uhr. »Oh! Schon fast drei!« Sie räusperte sich und grinste. »Ich habe eine Überraschung«, erklärte sie.
    »Flambierte Kirschen?« Elise, die gerade Miles stillte - den Mantel über die Brust drapiert -, tat so, als würde sie unter den Tisch schauen. »Meine Güte, Mom. Ich bin echt beeindruckt von der Lasagne. Meine wird nie so gut, und ich brauche keinen Schlüssel, um zu unserem Herd zu kommen.«
    »Deine ist genauso gut«, kommentierte Charlie sachlich.
    Elise winkte ab und sah meine Mutter an. »Zurück zum Nachtisch. Was ist es?«
    Meine Mutter schüttelte den Kopf. »Ich habe keinen Nachtisch gemacht. Aber meine Überraschung hat etwas damit zu tun.« Sie sah jeden von uns an, einen nach dem anderen, als hoffte sie, jemand würde es erraten. Als feststand, dass niemand dazu in der Lage war, gab sie mit einem Seufzer auf. »Heute Morgen hat mich Mr. Wansing angerufen.«
    Nur Charlie wusste nicht, wovon die Rede war. Er war nur einmal auf der Kuchenparty in unserer alten Wohngegend gewesen, an Weihnachten vor zwei Jahren - das erste Weihnachten, das er mit meiner Familie verbracht hatte, und das letzte vor der Scheidung meiner Eltern.
    »Er lebt noch?«, fragte Elise.
    Meine Mutter runzelte die Stirn. »Liebes, du hast ihn vor zwei Jahren noch gesehen.«
    »Ich weiß. Wie alt ist er, achtzig?«
    »Mag sein.« Sie wirkte verärgert. »Aber das bedeutet noch nicht, dass er demnächst sterben muss, Elise. Er gibt immer noch Partys, um Himmels willen.« Jetzt lächelte sie wieder. »Und er hat angerufen, um uns einzuladen, was sehr nett von ihm war. Ich finde, wir sollten hinfahren.«
    Elise und ich wechselten einen Blick, unschlüssig darüber, was wir sagen sollten. Schließlich war es eine Party unter Nachbarn. Wir gehörten nicht mehr dazu. Außerdem war unser Vater jedes Jahr mitgekommen. Er mochte Kuchen, und er liebte es, wenn Mr. Wansing von der Zeit erzählte, als er in den Fünfzigerjahren Unterliga-Baseball gespielt hatte. Es würde seltsam und vielleicht auch ein bisschen traurig sein, ohne ihn dahin zu gehen.
    »Wie hat er dich gefunden?«, fragte Elise meine Mutter. »Wie ist er an deine neue Telefonnummer gekommen?«
    »Bei Google.« Sie zuckte die Achseln. »Ich habe im Wohnheim einen Festnetzanschluss. Und ich habe meinen Namen nicht gewechselt.«
    Natürlich. Ich stellte mir vor, wie Mr. Wansing vor einem Computer saß und den Namen meiner Mutter eintippte. Hatte er sich die Mühe gemacht, auch den meines Vaters einzugeben? Wahrscheinlich nicht, und das war verständlich. Nach Mrs. Wansings Tod war es meine Mutter gewesen, die bei Glatteis Mr. Wansing anrief, um ihn zu fragen, ob er etwas aus dem Supermarkt oder der Apotheke bräuchte. Und weil sie es war, die Bowzer ausführte, war sie es auch, der er regelmäßig bei seinen eigenen, gemütlichen Morgenspaziergängen begegnete. Ich glaube, Mr. Wansing mochte meinen Vater. Er fand, dass er witzig
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