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Weil wir glücklich waren - Roman

Weil wir glücklich waren - Roman

Titel: Weil wir glücklich waren - Roman
Autoren: Bastei Lübbe
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und ein bisschen aufräumen.«
    Beide sahen mich an. Charlie lächelte. »Ich passe auf Miles auf, wenn ich wieder da bin.« Er strich mit einer Hand über ihr Haar. »Dann kannst du dich ein bisschen hinlegen.«
    Mein Vater wedelte mit der Hand. »Mach dir keine Gedanken wegen Susan und mir. Wir nehmen immer noch keine Kohlenhydrate zu uns. Ich habe eine Tüte Mandeln mitgebracht. Wir können einfach die essen.«
    Elise schaute ihn an, sagte aber nichts.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Charlie. Er stand schon wieder auf, aber bevor er ging, würde er noch ihre Antwort abwarten. So wie ich Charlie kannte, hätte er auch gewartet, wenn mein Vater und ich nicht da gewesen wären.
    Sie nickte und schaute Miles an, der jetzt glücklich und zufrieden war. Charlie bückte sich, um ihr einen Kuss auf den Scheitel zu geben, bevor er sich umdrehte und die Treppe hinaufflitzte.
    Das Studentenwohnheim war während der Weihnachtsferien natürlich geschlossen. Als wir meine Mutter auf der anderen Seite der Glastür sahen, bedeutete sie uns mit stummen Lippenbewegungen, zu warten, und hielt eine Kette hoch, an der vielleicht fünfzehn Schlüssel hingen. Sie schob den größten ins Schloss und drehte ihn mit beiden Händen um, bis wir ein Klicken hörten. Ich war diejenige, die den Sack mit den Geschenken trug, aber sobald sie die Tür aufgezogen hatte, beugte sie sich vor und knuddelte Miles, der eine Weihnachtsmannmütze trug und mit dem Gesicht nach vorne in einem Babytragetuch saß, das Charlie sich umgebunden hatte.
    »Willkommen in der Gruft«, sagte sie mit der krächzenden Stimme, die sie benutzt hatte, wenn sie uns - als wir klein waren - Geschichten über Kobolde und Hexen vorlas. Sie trug Hausschuhe und einen Bademantel, und ihre Haare waren noch feucht vom Duschen.
    Als wir drinnen waren, schaute sich Elise um, zog die Nase kraus und drückte die Weinflasche fest an ihren Mantel. »Ein bisschen gruselig ist es hier.« Sie spähte an dem unbesetzten Empfangstisch vorbei in die große Eingangshalle, die nur von zwei flackernden Ausgangsschildern beleuchtet wurde. Die schweren, malvenfarbenen Vorhänge waren alle zugezogen.
    »Bist du ganz allein hier im Haus?«
    »Das will ich hoffen.« Meine Mutter warf den Schlüsselbund in die Luft und fing ihn mit beiden Händen wieder auf. Als sie unsere nervösen Gesichter sah, lachte sie. »Schon gut. Es ist nur ein bisschen unheimlich, wenn ich abends nach Hause komme. Wenn ich erst mal in meiner Wohnung bin, ist es in Ordnung. Genauso wie sonst, wenn die Kinder hier sind.«
    Ich sah mich um und lächelte in mich hinein. Nicht einmal die Assistentin des Verwalters sollte die Bewohner ihres Wohnheims »Kinder« nennen. Sie hatte mit mir zusammen den Sommerkurs besucht, und auch sie war eindringlich ermahnt worden, die Collegestudenten in ihrem Heim nur als Männer und Frauen zu bezeichnen. Wahrscheinlich nannte sie sie Männer und Frauen, wenn sie arbeitete. Sie war was ihre Arbeit anging genauso gewissenhaft, wie Gordon Goodman es von ihr erwartet hatte, als er ihr empfahl, sich um den Job zu bewerben. Aber jetzt war sie entspannt, und die Wahrheit kam ans Licht: In ihren Augen waren die Studenten einfach Kinder.
    »Wenigstens ist es kleiner als mein Wohnheim«, sagte ich. Ich trug immer noch Mütze und Mantel. Im Eingangsbereich war es kälter als draußen. Anscheinend hatten sie über die Ferien die Heizung abgestellt. »Das hier ist nur halb so groß, stimmt's?«
    Sie nickte und berührte eine goldene Girlande, die vorne am Empfangstisch hing. Neben dem Fahrstuhl stand eine Staffelei mit einem großen Bogen Papier, auf dem in der sauberen, gleichmäßigen Handschrift meiner Mutter »WIR WÜNSCHEN FROHE WEIHNACHTEN!« zu lesen war.
    »Hier wohnen nur vierhundert Studenten.« Sie steckte lächelnd die Schlüssel ein. »Und ich würde sagen, nur sieben davon machen mir regelmäßig Ärger.« Sie wandte ihre Aufmerksamkeit Charlie zu und hängte sich bei ihm ein. »Hallo, mein Hübscher«, sagte sie.
    »Hallo, Natalie.« Er schaute sie an und lächelte. Zu Thanksgiving hatte er sie »Schwiegermutter« genannt, und sie hatte ihm befohlen, das nie wieder zu tun.
    Sie sah Miles an und schnalzte mit der Zunge. »Bringen wir den Kleinen lieber in meine Wohnung. Dort ist es viel wärmer.«
    Das war es. Sie hatte in ihrem Wohnzimmer ein kleines Heizgerät, und die untere Hälfte des großen Fensters war mit Dampf beschlagen. Es roch würzig und gut. Ein zugedeckter Topf stand auf einer
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