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Weil wir glücklich waren - Roman

Weil wir glücklich waren - Roman

Titel: Weil wir glücklich waren - Roman
Autoren: Bastei Lübbe
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ist richtig mild.« Er deutete auf die Tür. »Da draußen sind es schon mindestens zehn Grad.« Er blieb stehen und zeigte mit beiden Händen auf seinen Kopf. »Vielleicht war mir aber auch nur mit meiner tollen, neuen Mütze so warm.«
    Ich mochte Charlie. Ich vergaß ständig, dass er ebenfalls Anwalt war. Zwar war er auch lebhaft und laut, aber nicht so streitlustig wie Elise und mein Vater. Neulich hatte er mir erzählt, dass er, als er noch jung war, nie auf die Idee gekommen sei, er könnte etwas anderes werden als Profi-Skateboarder. Nach dem Tod seines Vaters hatte er sich auf dem College selbst durchgeschlagen, indem er in einem Restaurant arbeitete, das sich auf Kindergeburtstagsfeiern spezialisiert hatte. Er kannte immer noch den Text und die begleitenden Handbewegungen zum Hauslied des Lokals, und wenn er ein bisschen beschwipst war, konnte man ihn dazu überreden, es auf Englisch und auch auf Spanisch zu singen.
    »Schön für dich«, sagte mein Vater. »Joggen am Weihnachtsmorgen!« Er hatte Charlie auch gern.
    Charlie legte seine Hände auf seine schmalen Hüften und spähte über Elises Schulter. »Und wie geht es dem Star der Show?«, fragte er.
    »Quengelig. Er meckert schon den ganzen Morgen.« Sie griff hinter sich, um Charlies Wange zu streicheln, zog ihre Hand dann aber hastig zurück. »Igitt«, sagte sie und lachte ein bisschen. »Lass deinen Schweiß nicht an das Baby.«
    »Ich gehe gleich duschen.« Er küsste sie aufs Ohr und richtete sich wieder auf. »Immerhin war ich eine ganze Weile joggen. Der Brunch ist um elf, stimmt's? Und dann fahren wir zu deiner Mutter? Um wie viel Uhr muss ich wieder hier sein?«
    Sie drehte sich um und schaute ihn an. Ich konnte ihr Gesicht nicht sehen, aber Charlie hob beide Hände.
    »Du musst noch weg? Am Weihnachtsmorgen? Wo willst du hin?«
    »Warum muss ich das sagen?«
    Mein Vater und ich starrten beide in den glitzernden Weihnachtsbaum und täuschten plötzliche Taubheit vor. Als Charlie und Elise vor zwei Nächten von der Weihnachtsfeier in Charlies Büro zurückgekommen waren, hatten sie richtig gestritten, so laut, dass ich es im Gästezimmer hören konnte. Elise sagte, sie werde nicht mehr auf seine blöden Partys gehen, wo alle sie behandelten, als wäre sie kein Mensch, als gäbe es nichts Interessantes an ihr. Darauf hatte er etwas erwidert, das ich nicht verstehen konnte, und sie war aus dem Schlafzimmer gegangen und hatte die Tür hinter sich zugeknallt. Er machte die Tür wieder auf und rief: ›Elise, knall die Tür nicht zu.‹ Worauf sie wiederum behauptete, das hätte sie gar nicht getan, und eine Weile stritten sie darüber. Als Charlie am nächsten Tag von der Arbeit kam, passte ich auf das Baby auf, während sie zusammen einen Spaziergang machten. Als sie zurückkamen, waren sie guter Laune, lächelten, hielten Händchen, und ihre Wangen waren von der Kälte gerötet.
    Charlie kauerte sich zwischen Elise und dem Weihnachtsbaum auf den Boden. »Okay, ich geb's zu«, flüsterte er. »Ich muss Geschenke einkaufen.«
    Wieder eine Pause.
    »Was ist? Ich hatte viel zu tun.«
    »Du hast ein bisschen zu lange gewartet. Heute ist Weihnachten. Da hat kein Geschäft geöffnet.«
    Eine längere Pause. Mein Vater sah aus dem Fenster und verkündete - vielleicht mir -, dass es draußen tatsächlich warm aussehe, vor allem für Dezember.
    »Okay. Geh ruhig. Fein.« Miles gluckste auf ihrem Schoß. »Aber kauf nichts für mich. Ich will kein Geschenk von einer Tankstelle.«
    Ich stimmte meinem Vater zu. Es sehe draußen wirklich warm aus!
    »Elise. Ich hatte schrecklich viel um die Ohren. Das weißt du. Warum machst du es mir so schwer?«
    »Du könntest Gutscheinkarten kaufen.« Mein Vater zeigte auf Charlie. »Die bekommt man überall, auch am Feiertag. Das mache ich schon seit Jahren! Es spart Zeit, und jeder freut sich.«
    Charlie nickte höflich und schaute dann wieder Elise an.
    »Schön«, sagte sie schließlich. »Aber nur damit du es weißt, ich hatte auch ziemlich viel um die Ohren. Ich habe letzte Nacht ungefähr vier Stunden geschlafen, falls du dich nicht erinnerst. Und jetzt muss ich für fünf Personen einen Brunch vorbereiten. Und eine sechste füttern. Und ich habe noch nicht mal geduscht! Wie gesagt, ich hatte auch einiges zu tun.«
    Ich beugte mich vor. Sie sah müde aus, und ihre Augen waren verquollen. »Ich kann dir helfen«, bot ich an. »Du wolltest French Toast machen, oder? Das übernehme ich. Und ich kann den Tisch decken
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