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Weil wir glücklich waren - Roman

Weil wir glücklich waren - Roman

Titel: Weil wir glücklich waren - Roman
Autoren: Bastei Lübbe
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fügte er hinzu, als er sah, dass Elise im Begriff war, ihn zu korrigieren. »Aber ich bin kein Kind mehr. Und ich möchte glücklich sein. Ich habe es doch verdient, glücklich zu sein, oder?«
    Wir schwiegen nur einen Moment lang. »Genau wie jeder andere«, sagte Elise mit so munterer Stimme, als würde sie sich tatsächlich freuen, und stand auf, um ihn zu umarmen. Auch ich umarmte ihn, und meine Glückwünsche waren aufrichtig gemeint. Ich wünschte ihm, dass er glücklich wurde, ob er es verdient hatte oder nicht. Dabei ignorierte ich die bohrende Trauer, die Elise nicht zu empfinden schien, und konzentrierte mich auf den Schlag seines Herzens an meiner Wange.
    Doch sobald er pfeifend aus dem Zimmer ging, verblasste Elises Lächeln. Sie betrachtete ihr Spiegelbild in der Glasplatte und schob sich ihr Haar hinter die Ohren.
    »Es gibt einen Spruch«, sagte sie, und ich sah zu meiner Überraschung Tränen in ihren Augen. »Frauen trauern, Männer finden Ersatz.« Sie lachte ein bisschen, als sich unsere Blicke kurz kreuzten. »Weißt du was? Er hat noch nicht mal einen neuen Hund.«
    Mein Vater zupfte wieder an dem Rollkragen und betrachtete den Weihnachtsbaum. »Ich ziehe den jetzt aus«, sagte er. »Ich sage Susan einfach, dass ich die Dinger nicht ausstehen kann. Okay? Damit muss sie eben fertig werden.« Er packte den Pullover am Bund, zog ihn sich über den Kopf und gab den Blick auf ein T-Shirt mit einem neonfarbenen Kreditkartenlogo auf der Vorderseite frei. So etwas bekam man gratis, wenn man einen Antrag ausfüllte. »Sonst bekomme ich den Rest meines Lebens Rollkragenpullover geschenkt. Es tut mir leid, wenn ich damit ihre Gefühle verletze. Okay? Aber wenn wir heiraten wollen, muss sie die Wahrheit wissen.«
    Elise zeigte mit Miles' Klapper auf ihn und nickte. Mein Vater starrte sie grimmig an.
    »Gute Idee«, kommentierte ich. Ich griff nach seinem Geschenk unter dem Baum und reichte es ihm. »Wenn wir schon bei Ehrlichkeit in puncto Geschenken sind, hier ist deins. Es ist eine Mütze«, ergänzte ich. »Ich habe sie gestrickt.«
    Er stellte seinen Kaffeebecher auf den Teppich. »Vielen Dank«, sagte er ohne jeden Sarkasmus. Er packte die Mütze aus und setzte sie sofort auf. Wieder saß die Bommel eindeutig schief. Mein Vater sah albern aus, aber falls er es wusste, ließ er es sich jedenfalls nicht anmerken.
    »Fühlt sich warm an«, sagte er. »Sie gefällt mir.«
    Elise zog die Augenbrauen hoch und nickte. »Ich glaube, mit der Mütze gefällst du mir besser.«
    »Danke.« Er sah mich an. »Na, wie geht es deinem Ingenieur?«
    Jetzt war ich es, die sich ärgerte. Mittlerweile kannte mein Vater Tims Namen. Tim hatte die freien Tage zu Thanksgiving mit uns verbracht, mit mir bei Elise gewohnt und bereitwillig einmal mit unserem Vater und dann mit unserer Mutter ein Thanksgiving-Dinner gegessen, um keinen zu beleidigen. Mein Vater war mit uns in ein indisches Restaurant gegangen. Meine Mutter hatte Pizza bestellt. Beide hatten Tim auf Anhieb gemocht, was mich nicht überraschte. Was mich überraschte, war, dass jeder von ihnen später gefragt hatte, ob Tim dem anderen auch so gut gefiele.
    »Gut«, antwortete ich. »Er ist bei seiner Familie. Übrigens hat er gerade vorhin angerufen. Er lässt aus Illinois grüßen.«
    Mein Vater nickte ungeduldig. Das war nicht, was er wissen wollte. »Hat er schon Stellenangebote?«
    »Noch nicht.« Ich beschäftigte mich damit, Lametta aus dem Teppich zu klauben. Tim würde bald Stellenangebote bekommen. Im Februar wollte er zu einer Karrieremesse gehen, um mit Personalvermittlern aus dem ganzen Land Gespräche zu führen. Er würde eine Entscheidung treffen müssen, und er würde dabei nicht viel Rücksicht auf mich nehmen. Es ging nicht anders. Ich wusste ja nicht einmal, auf welche Uni ich gehen würde, und würde es im Februar immer noch nicht wissen. »Es sind doch nur zwei Jahre«, hatte Tim gesagt, obwohl wir beide wussten, dass es länger dauern konnte. »Und es gibt Flugzeuge.« Trotzdem waren wir uns der Risiken und der potenziellen Clydes und Clydettes durchaus bewusst.
    Elise blickte auf, als die Haustür aufging und ein kühler Wind durch den Weihnachtsschmuck und das Lametta raschelte. Charlie erschien in der Tür, in dünner Jacke und Jogginghose, auf dem blonden Haar die Mütze, die ich ihm gestrickt hatte, die Wangenknochen glänzend von Schweiß.
    »Habe ich nicht ein Glück?«, sagte er schwer atmend. »Zwei volle Tage ohne Büro, und das Wetter
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