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Weil ich Layken liebe

Weil ich Layken liebe

Titel: Weil ich Layken liebe
Autoren: Colleen Hoover
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mal im Sitz zurück und beobachte Kel und den anderen Jungen, die sich anscheinend auf Anhieb so gut verstehen, dass sie sich gleich einen imaginären Schwertkampf auf der Straße liefern. Ich beneide meinen kleinen Bruder darum, dass er sich mit unserem Umzug so problemlos abfindet, während ich mich wie ein wütendes, trotziges Kind fühle.
    Als Mom uns vor zwei Monaten eröffnet hat, dass wir wegziehen würden, hat Kel im ersten Moment furchtbar geweint, was allerdings vor allem mit seinem Baseballteam zu tun hatte. Natürlich wird er die anderen Jungs vermissen, aber sein allerbester Freund existiert – wie bei so vielen Neunjährigen – sowieso nur in seiner Fantasie. Nachdem Mom ihm versprochen hatte, ihn beim Eishockey anzumelden, hatte er sich mit dem Gedanken, in Michigan zu wohnen, ganz schnell angefreundet. Eishockey zu spielen ist schon seit einer Ewigkeit sein Traum, der allerdings immer daran gescheitert ist, dass es im ländlichen Süden von Texas einfach so gut wie keine Eishockeyclubs gibt. Jedenfalls konnte er es von da an kaum erwarten, endlich hierherzuziehen.
    Ich weiß, dass wir es uns nicht leisten konnten, in Texas zu bleiben. Mein Vater hat als Geschäftsführer eines Farbengeschäftsso viel verdient, dass wir gut davon leben konnten. Mom hat als Krankenschwester zwar hin und wieder Vertretungsdienste übernommen, sich aber ansonsten hauptsächlich um uns Kinder und den Haushalt gekümmert. Sie musste nicht arbeiten. Nach Dads Tod konnte es so natürlich nicht weitergehen. Obwohl die Trauer um ihn und die Verantwortung für uns sie wahnsinnig viel Kraft kostete, hat Mom schon einen Monat nach der Beerdigung eine Vollzeitstelle angenommen.
    Ein paar Monate später hat sie uns dann beim Abendessen erklärt, dass ihr Gehalt nicht ausreicht, um für unseren Lebensunterhalt aufzukommen und die Hypothek für unser Haus abzubezahlen. Als sie unsere erschrockenen Gesichter sah, hat sie uns schnell beruhigt. Ihre alte Schulfreundin Brenda hätte ihr eine Stelle in einem Krankenhaus vermittelt, wo sie wesentlich mehr verdienen könnte. Allerdings müssten wir dafür nach Ypsilanti ziehen, die Kleinstadt in der Nähe von Detroit, in der sie aufgewachsen ist.
    Ich mache ihr deswegen keinen Vorwurf. Ihr blieb gar nichts anderes übrig, als das Angebot anzunehmen. Meine Großeltern leben nicht mehr und sie hat niemanden, der ihr finanziell unter die Arme greifen könnte. Wie gesagt, ich verstehe absolut, dass sie diese Entscheidung treffen musste – aber etwas zu verstehen macht es nicht automatisch einfacher, auch damit klarzukommen.
    »Jetzt bist du dran!«, brüllt Kel durchs offene Fenster und rammt mir sein unsichtbares Schwert in die Kehle. Ich weiß, dass er darauf wartet, dass ich zusammensacke, aber ich verdrehe bloß die Augen.
    »Ich hab dich voll erwischt, Layken. Du musst sterben«, verlangt er.
    »Glaub mir, ich bin längst tot«, murmle ich, öffne die Wagentür und steige aus.
    Kel steht mit hängenden Schultern vor mir und lässt enttäuscht die Hand mit der unsichtbaren Waffe sinken. Sein neuer Freund sieht genauso geknickt aus, worauf ich prompt ein schlechtes Gewissen bekomme, weil ich meine Laune an ihnen auslasse.
    »Ich bin längst tot«, wiederhole ich, diesmal aber mit röchelnder Monsterstimme, »weil ich nämlich ein … Zombie bin!«
    Als ich die Arme vorstrecke, den Kopf zur Seite lege und gurgelnde Laute ausstoße, rennen die beiden kreischend davon. »Meeeenschenfleisch!«, brülle ich und folge ihnen steifbeinig um den Umzugswagen herum. »Lecker, lecker Menschenfleisch!«
    Im nächsten Moment bleibe ich abrupt stehen. Auf dem Gehweg steht ein junger Typ, der meinen Bruder und den anderen Jungen am Kragen gepackt hält. »Ich hab sie!«, ruft er.
    Er ist ein paar Jahre älter als ich, schwarzhaarig, ziemlich groß, und den meisten Mädchen würde bei seinem Anblick wahrscheinlich sofort das Wort »heiß« durch den Kopf schießen. Aber ich bin nicht wie die meisten Mädchen. Kel und der andere Junge versuchen sich wild zappelnd loszureißen, doch der Dunkelhaarige hält sie so fest, dass sich unter seinem langärmligen Shirt sein Bizeps deutlich abzeichnet.
    Anders als bei Kel und mir sieht man den beiden auf denersten Blick an, dass sie Geschwister sind. Abgesehen von ihrem offensichtlichen Altersunterschied könnten sie glatt als Zwillinge durchgehen. Beide haben einen ziemlich dunklen Teint, fast schwarze Haare und sogar den gleichen Kurzhaarschnitt. Plötzlich gelingt
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