Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weil Ich Euch Liebte

Weil Ich Euch Liebte

Titel: Weil Ich Euch Liebte
Autoren: Linwood Barclay
Vom Netzwerk:
Frühstück?«
    »Möchtest du Cheerios, Cheerios oder Cheerios?«, fragte Sheila.
    Kelly tat, als müsse sie überlegen. »Ich glaub, ich nehm Müsli«, sagte sie und setzte sich an den Tisch.
    Frühstück war bei uns nichts, wofür sich die Familie am Tisch versammelte, anders als beim Abendessen. Obwohl: Auch beim Abendessen klappte das nicht immer, insbesondere wenn ich wieder einmal von einer Baustelle nicht wegkam oder Sheila arbeitete oder auf dem Sprung zu ihrem Kurs war. Aber abends versuchten wir es wenigstens. Morgens war es aussichtslos. Ich nahm meinen Toast und meinen Kaffee im Stehen zu mir und überflog dabei üblicherweise die Schlagzeilen der Morgenzeitung auf der Arbeitsplatte. Sheila löffelte Joghurt und Obst, und Kelly schaufelte ihre Frühstücksflocken möglichst schnell in sich hinein, damit sie nicht matschig wurden.
    Während sie den nächsten Löffel zum Mund führte, fragte sie: »Wieso geht man freiwillig abends zur Schule, wenn man erwachsen ist und da gar nicht mehr hin muss?«
    »Wenn ich mit diesem Kurs fertig bin«, sagte Sheila, »dann kann ich deinem Vater mehr helfen, das hilft der ganzen Familie und damit auch dir.«
    »Wie soll mir das helfen?«, fragte Kelly.
    Da schaltete ich mich ein. »Weil die Firma, wenn sie gut geführt wird, mehr Geld abwirft, und das hilft dir.«
    »Weil du mir dann mehr kaufen kannst?«
    »Nicht unbedingt.«
    Kelly trank von ihrem Orangensaft. »Ich würde nie abends zur Schule gehen. Oder im Sommer. Da lass ich mich eher umbringen.«
    »Wenn du wirklich gute Noten schreibst, wird das auch nicht nötig sein«, sagte ich mit einem warnenden Unterton. Ihre Lehrerin hatte schon angerufen, weil Kelly ihre Hausaufgaben nur unvollständig erledigte.
    Darauf wusste Kelly nichts zu sagen und konzentrierte sich auf ihre Cheerios. Auf dem Weg zur Tür umarmte sie ihre Mutter, ich musste mich mit einem Winken begnügen. Sheila merkte, dass mir die abweisende Geste nicht entgangen war, und sagte: »Das kommt davon, wenn man so gemein ist.«

    Gegen zehn rief ich zu Hause an.
    »Hi«, sagte Sheila.
    »Ah, du bist zu Hause. Ich war mir nicht sicher, ob ich dich erwischen würde.«
    »Bin noch da. Was gibt’s?«
    »Sallys Vater.«
    »Was ist mit ihm?«
    »Sie hat ihn vom Büro angerufen, und als er sich nicht meldete, ist sie heimgefahren. Ich hab sie gerade angerufen, um mich zu erkundigen, wie’s ihm geht. Es ist vorbei.«
    »Er ist tot?«
    »Ja.«
    »O Gott. Wie alt war er denn?«
    »Neunundsiebzig, glaub ich. Er war ja schon fast sechzig, als Sally auf die Welt kam.« Sheila kannte die Geschichte. Der Mann hatte eine zwanzig Jahre jüngere Frau geheiratet und es trotzdem geschafft, sie zu überleben. Sie war schon vor zehn Jahren an einem Aneurysma gestorben.
    »Was ist passiert?«
    »Keine Ahnung. Ich meine, er hatte Diabetes, und mit dem Herz hatte er’s auch. Könnte ein Herzinfarkt gewesen sein.«
    »Wir müssen was für sie tun.«
    »Ich habe ihr gesagt, ich komme vorbei, aber sie sagte, sie hätte jetzt alle Hände voll zu tun. Die Beerdigung ist wahrscheinlich in ein paar Tagen. Wir können alles besprechen, wenn du aus Bridgeport zurück bist.« Wo Sheilas Kurs stattfand.
    »Wir helfen ihr. Wir waren immer für sie da.« Ich sah Sheila direkt vor mir, wie sie den Kopf schüttelte. »Hör mal«, sagte sie. »Ich mach mich jetzt auf die Socken. Ich habe Lasagne für dich und Kelly gemacht. Nach der Schule geht sie zu Joan und –«
    »Alles klar. Danke.«
    »Wofür?«
    »Dafür, dass du nie aufgibst. Dich nicht unterkriegen lässt.«
    »Ich tu halt, was ich kann.«
    »Ich liebe dich. Ich weiß, ich kann ein richtiger Kotzbrocken sein, aber ich liebe dich.«
    »Dito.«

    Jetzt war es schon nach zehn. Sheila hätte längst zu Hause sein müssen.
    Zum zweiten Mal innerhalb von zehn Minuten probierte ich es auf ihrem Handy. »Hallo, hier ist Sheila. Ich bin entweder gerade am Telefon, habe es nicht bei mir oder Angst ranzugehen, weil ich gerade mit dem Auto unterwegs bin. Bitte hinterlassen Sie eine Nachricht.« Dann der Piepton.
    »Hallo, ich noch mal«, sagte ich. »Ich steh tausend Ängste um dich aus. Ruf zurück.«
    Ich legte das Schnurlostelefon zurück in die Ladeschale und lehnte mich mit verschränkten Armen an die Arbeitsplatte. Sheila hatte, wie versprochen, für Kelly und mich zwei Portionen Lasagne in den Kühlschrank gestellt, beide mit einer Frischhaltefolie luftdicht verschlossen. Als wir nach Hause gekommen waren, hatte ich Kellys Portion
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher