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Weil Ich Euch Liebte

Weil Ich Euch Liebte

Titel: Weil Ich Euch Liebte
Autoren: Linwood Barclay
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ganz schön tiefe Wunde auf der Stirn, und das Blut war mir übers Gesicht gelaufen.
    Aber es waren nicht nur die Kopfschmerzen. Da war noch ein anderes Gefühl. Irgendwie schwindlig. Als ob die Küche sich um mich herum drehte. Anfangs hatte ich gedacht, es wäre die Kopfverletzung, aber jetzt war ich mir nicht mehr so sicher.
    Es fühlt sich an … ja, es fühlte sich an, als sei ich betrunken.
    »Jetzt fängt’s an zu wirken, stimmt’s?«, fragte Sally. »Ein Gefühl, als hätte man einen in der Krone, ja? Ich hab ziemlich viel Übung mit Injektionen. Musste ja Dad immer sein Insulin spritzen. Aber du hast kein Insulin bekommen. Dich hab ich mit Wodka abgefüllt.«
    »Sheila«, sagte ich. »Das hast du auch mit Sheila gemacht.«
    Sally sagte nichts. Sie sah mich nur an. Dann schaute sie auf ihre Armbanduhr.
    »Warum, Sally? Warum hast du das gemacht?«
    »Bitte, Glen, lass es einfach wirken. Bald wirst du dich echt toll fühlen. Und nichts mehr wird wirklich wichtig sein.«
    Sie hatte recht. In meinen Kopf breitete sich ein Nebel aus, der nicht von dem Schlag mit der Lasagneform kam.
    »Sag’s mir«, bat ich sie. »Ich muss es wissen.«
    Sally presste die Lippen zusammen. Sie sah weg, dann wieder her.
    »Er war noch nicht tot«, sagte sie.
    Die Worte ergaben keinen Sinn für mich. Der Alkohol in meinen Adern wirkte sich anscheinend schon auf mein Begriffsvermögen aus.
    »Ich … was?«
    »Mein Dad«, sagte sie. »Die Wirkung hatte noch nicht eingesetzt.«
    »Ich … kapier ich nicht.«
    »Als ich dich an dem Morgen anrief und dir sagte, er sei tot, da war er’s noch nicht ganz. Ich hatte ihm die doppelte Dosis Heparin gegeben und wartete drauf, dass er innerlich verblutete. Aber dann erholt sich der Idiot wieder ein bisschen. Und da platzt Sheila mit der scheiß Lasagne herein. Kommt einfach rein, ohne zu klopfen, und labert gleich los: ›Ach, Sally, es tut mir ja so leid für dich. Hier ist was, das kannst du in den Kühlschrank stellen, für später.‹ Und dann sieht sie meinen Dad. Und der atmet noch, und sie ist ganz verdattert: ›Was, er lebt?‹, sagt sie. Und dass wir unbedingt den Notarzt rufen müssen. Und hört gar nicht mehr auf.«
    Ich blinzelte wieder. Sally wurde mal scharf, dann wieder unscharf. »Du hast deinen Vater umgebracht?«
    »Ich konnte nicht mehr, Glen. Ich hab meine Wohnung aufgegeben – mit dem, was die Medikamente verschlangen, konnte ich mir die Miete nicht mehr leisten – und bin zu ihm gezogen. Aber das Geld für die Medikamente, Herrgott … und bald hätte ich ihn irgendwo unterbringen müssen, und hast du eine Ahnung, was das kostet? Ich hätte das Haus hier verkaufen müssen, und so wie’s wirtschaftlich im Moment aussieht, was glaubst du, wie viel ich für dieses Loch bekommen hätte? Ich hab’s schon vor mir gesehen, kaum hätte ich auf der Straße gesessen, wäre er auch gestorben. Ich musste das Ganze beschleunigen.«
    Sie seufzte. »Ich konnte doch nicht zulassen, dass Sheila zur Polizei rennt und sagt, ich hab meinen Dad umgebracht. Ich hab ihr eins übergezogen und sie mit Wodka abgefüllt.«
    »Sally, du erfindest das gerade, stimmt’s?«
    »Wie fühlst du dich, Glen. Jetzt müsste es eigentlich wirken. Keine Schmerzen und so?«
    »Der … Unfall.« Ich bemühte mich, deutlich zu sprechen.
    »Kämpf nicht dagegen an«, sagte sie. »Es ist besser so.«
    »Wie … hast du das gemacht?«
    Noch ein Seufzer. »Theo hat mir geholfen. Ist hergekommen und konnte gar nicht fassen, was ich getan hatte. Aber ich wusste, dass er diesen Elektroschrott von den Slocums gekauft und im Wilson-Haus installiert hat, da konnte er nicht nein sagen. Ich hab ihren Wagen auf die Ausfahrt gefahren, sie hinters Lenkrad gesetzt, und Theo hat mich zurückgefahren. Aber heute Abend muss ich alles ganz allein machen.«
    »Sally, Sally.« Ich bemühte mich, trotz des Zeugs, das da durch meine Adern floss, einen klaren Kopf zu behalten. »Du hast doch … du warst doch Teil der Familie …«
    Sie nickte. »Ich weiß. Das macht mir auch zu schaffen. Wirklich. Aber eins muss ich dir sagen, Glen: In letzter Zeit warst du ein bisschen sehr herablassend. Von wegen, ich habe nicht die richtigen Entscheidungen getroffen. Ich habe meine Entscheidungen getroffen, Glen. Ich habe mich entschieden, mich um mich selbst zu kümmern. Weil es sonst niemand tut.«
    »Theos Notizen«, sagte ich. »Dass es ihm leidtut …«
    Soweit ich es beurteilen konnte, schien Sally über etwas nachzudenken. »Ich weiß,
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