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Wege zu einem humanen, selbstbestimmten Sterben

Wege zu einem humanen, selbstbestimmten Sterben

Titel: Wege zu einem humanen, selbstbestimmten Sterben
Autoren: Unknown
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mildern. Dazu gehören auch Maßnahmen, bei denen die Möglichkeit
besteht, dass der natürliche Prozess des Sterbens verkürzt wird, sei es durch
eine hochdosierte Schmerzmedikation oder starke (palliative) Sedierung, ohne
die eine Beherrschung belastender Symptome nicht möglich ist. Auf den bisher in
diesem Zusammenhang verwendeten Begriff der „indirekten Sterbehilfe” sollte
verzichtet werden, weil der Tod des Patienten weder direkt noch indirekt das
Ziel des Handelns ist.
    Wir wollen darauf aufmerksam
machen, dass medizinische Therapie am Lebensende ihre Grenzen hat, und längst
nicht jedes Leiden und nicht jedes von einer Krankheit verursachte Gebrechen
lindern kann. Ärzte informieren darüber nicht immer ausreichend deutlich. Aus
Hospiz-Studien in den USA geht hervor, dass Patienten nicht selten angeben, in
ihren letzten Lebenswochen stark an Schmerzen und Beklemmungen zu leiden.
Übelkeit, Verwirrtheit, Erschöpfung und komplette Abhängigkeit sind noch
schwieriger zu behandeln und kommen vor dem Sterben öfter vor als tatsächliche
Schmerzen, auch bei bester palliativer Versorgung. 4
    Wenn Schmerzen, Beklemmungen
oder andere Beschwerden, die aus einer tödlichen Krankheit resultieren, nicht
mehr behandelbar sind, kann ein Arzt einen Patienten, nach gründlicher
gemeinsamer Überlegung, in einen tiefen Schlaf versetzen, der vorübergehend
sein, aber auch so lange dauern kann, bis der Tod eintritt. Wenn der Patient
mit unbehandelbaren Symptomen in einen tiefen Schlaf versetzt wird, der später
in den Tod übergeht, spricht man von palliativer Sedierung (manchmal auch von
terminaler Sedierung). Oft wird in einem solchen Falle keine Flüssigkeit mehr
zugeführt, weil das Sterben absehbar ist. Es ist die Entscheidung eines Arztes,
ob die Indikation für palliative Sedierung gegeben ist. Der Bitte eines
Patienten um palliative Sedierung muss ein Arzt nicht nachgeben, wenn er
glaubt, dass es noch andere, weniger schwerwiegende Behandlungsmöglichkeiten
gibt. Nach Anwendung palliativer Sedierung tritt der Tod häufig innerhalb von
48 Stunden ein, aber es kann auch länger dauern, manchmal bis zu einer Woche.
    Angehörigen fällt es oft
schwer, mit anzusehen, wie ein ihnen nahestehender Mensch, der kurz vor dem
Sterben in einen tiefen Schlaf versetzt wurde, während einiger Tage keine
Kontrolle mehr über seine basalen Körperfunktionen, wie Harndrang, hat und
womöglich stark schnarcht oder gar röchelt. Sie bitten den Arzt dann, „diesen
Zustand zu beenden”, weil man so „nicht mal einen Hund” behandeln würde.
Manchmal ist es schwierig, ihnen klar zu machen, dass die Person in dieser
allerletzten Phase nicht mehr bei Bewusstsein ist und deshalb nicht mehr leiden
kann, und dass es ohne Leiden keine Rechtfertigung 18 für tödliche Handlungen
gibt.
     
    Dem Arzt stehen in Ländern, in
denen dies gesetzlich gestattet ist (siehe Kapitel 5) zwei Wege zur aktiven
Sterbehilfe mit Medikamenten offen:
    4. Beihilfe zur Selbsttötung,
wobei der Patient selbst die tödlichen, vom Arzt erhaltenen Mittel einnimmt und
somit selbst die tödliche Handlung ausführt.
    5. Ärztliche Tötung auf
Verlangen, wobei der Arzt auf Wunsch des Patienten eine oder zwei tödliche
Spritzen verabreicht, um den Tod, der krankheitsbedingt noch nicht eintreten
würde, herbeizuführen. Im Unterschied zur ärztlichen Beihilfe zur Selbsttötung
führt hier nicht der Betroffene selbst, sondern ein Arzt die tödliche Handlung
aus.
    Ein Arzt kann in Ländern, in
denen dies gesetzlich gestattet ist, niemals verpflichtet werden, Leben zu
beenden, auch nicht auf ausdrücklichen Wunsch des Patienten. Die gesetzlich
festgelegte Sorgfaltspflicht muss in jedem Fall eingehalten werden. Ein Arzt
kann immer auch die Beihilfe zur Selbsttötung und Tötung auf Verlangen
verweigern, wenn die damit zusammenhängenden Handlungen seine moralischen
Grenzen überschreiten.
     
    Der Vollständigkeit halber
nennen wir hier auch die beiden Wege würdigen Sterbens durch selbständiges
Handeln des Patienten. Diese werden nicht in diesem Kapitel, sondern in den
Kapiteln 2 bis 4 ausführlich besprochen.
    6. Lebensbeendung durch
freiwilligen Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit mit gleichzeitiger
palliativer Pflege (Kapitel 2). Der Ethikrat hat sich in seiner Stellungnahme
nicht bezüglich einer Lebensbeendung durch bewussten und freiwilligen Verzicht
auf Nahrung und Flüssigkeit (fvnf) geäussert.
In der Praxis mit Krebspatienten gibt es öfters Fälle, bei denen
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