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Wege im Sand

Wege im Sand

Titel: Wege im Sand
Autoren: Luanne Rice
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ganze Arbeit geleistet – auf rätselhafte Weise war es ihm gelungen, unliebsame Gefühle hinwegzuspülen und alles wieder ins Lot zu bringen. Emma nahm einen Mund voll Salzwasser, spie es aus. Gefühle kamen und gingen, aber diese beiden Mädchen waren ihre allerbesten Freundinnen, die sie liebte und immer lieben würde.
    »Was unternehmen wir heute Abend?«, fragte Madeleine.
    »Zuschauen, wie der Mond aufgeht«, antwortete Stevie.
    »Ins Strandkino gehen, sehen, wer sich dort rumtreibt. Also: Seid auf der Hut, Jungs …«
    »Vielleicht können wir beides haben«, antwortete Madeleine lachend. »Den Mond und das Kino.«
    »Das ist ganz in meinem Sinn.« Emma sah, wie Stevie schweigend zum Himmel emporblickte. Die Wellen brandeten gegen den sichelförmigen Strand. Der Halbmond vom Vorabend war noch sichtbar, ein weißer Schatten, der das perfekte Blau des Himmels verunzierte. Emma schauderte und wandte dem Mond den Rücken zu, konzentrierte sich auf den strahlend blauen Himmel, der sich über ihren Köpfen wölbte, alle Strände und alle Beachgirls umfangend.
    Der Sommer hatte gerade erst begonnen.

[home]
    Erster Teil
    1. Kapitel
    Juni 2003
    D ie Freundin ihrer Mutter wohnte in einem blauen Haus, doch das war alles, was Nell Kilvert wusste. Deshalb hatte sie vom ersten Augenblick ihrer Sommerferien an, als sie mit ihrem Vater am Strand eingetroffen war, die Augen offen gehalten in der Hoffnung, ein blaues Haus zu entdecken. Auf ihre Frage hin, wo es sein könnte, hatte ihr Vater erklärt, er könne sich nach so vielen Jahren nur an eines genau erinnern: dass er sich auf der hölzernen Strandpromenade von Hubbard’s Point in ihre Mutter verliebt habe.
    Einmal Beachgirl, immer Beachgirl … Nell waren die Geschichten ihrer Mutter von Hubbard’s Point, wo sie während ihrer Kindheit die Sommermonate verbracht hatte, noch immer gegenwärtig. Sie hatte erzählt, dass Tante Madeleine und ihre beste Freundin – wie lautete ihr Name? – und sie am glücklichsten waren, wenn sie die Füße im Salzwasser hatten. Und dass sie durch den blauen Sommerhimmel, die kräftigen Winde, unverhofften Stürme und den heißen Sand am Strand unter ihren bloßen Füßen für immer miteinander verbunden sein würden, ungeachtet dessen, wo sie sich gerade befanden oder wohin das Leben sie verschlagen hatte.
    Der heiße Sand am Strand …
    Nell spürte ihn jetzt, er versengte ihre zarten Fußsohlen. »Autsch, autsch«, sagte sie laut.
    Ein Mädchen, ungefähr neun – also im gleichen Alter –, blickte von ihrem Strandhandtuch auf. »Komm, stell dich hierher«, sagte sie und rückte zur Seite, um Nell eine Zuflucht vor dem heißen Sand zu bieten.
    »Danke.« Nell stellte sich an den Rand des Handtuchs.
    »Wohnst du hier?«, fragte das Mädchen.
    »Wir haben ein Ferienhaus gemietet. Mein Vater und ich.«
    »Prima. Wie heißt du?«
    »Nell Kilvert. Und du?«
    »Peggy McCabe. Ich lebe hier. Das ganze Jahr.«
    »Aha.« Nell fand es merkwürdig, auf einer Ecke des Handtuchs zu stehen, das einem fremden rothaarigen Mädchen gehörte, und dachte, wie toll es wäre, das ganze Jahr am Strand zu leben. Dann weiteten sich ihre Augen, als ihr klar wurde, dass sie eine Besucherin von Hubbard’s Point vor sich hatte. »Kennst du irgendwelche blauen Häuser hier in der Gegend?«
    Peggy sah verdutzt aus. »Also – nur das da drüben.« Sie zeigte darauf.
    Nell blickte hinüber. Am Ende des Strandes wuchs hohes Gras, so dass der Sand liegen blieb und nicht durch Stürme abgetragen werden konnte. Ein großes blaues Haus schmiegte sich an eine niedrige Düne – Nell hatte es für einen Strandclub gehalten, doch ihr Vater hatte gesagt, es gehöre einer Familie, die sich glücklich schätzen dürfe. Es sei auf Pfählen errichtet, um es vor der Flut zu schützen, und in jungen Jahren sei er mit ihrer Mutter darunter geschlichen, um sich zu küssen. Gehörte es Moms Freundin?, hatte Nell aufgeregt gefragt. Nein, wir kannten die Besitzer nicht, hatte ihr Vater erwidert.
    »Es muss noch ein anderes blaues Haus geben«, sagte Nell nun zu Peggy.
    »Oh.« Peggys Gesichtsausdruck war mit einem Mal sonderbar. »Das Haus der Hexe.«
    »Hexe?«
    Peggy nickte, rutschte auf ihrem gestreiften Handtuch noch ein Stück zur Seite, eine stillschweigende Aufforderung an Nell, Platz zu nehmen. Sie deutete auf das andere Ende des sichelförmigen weißen Sandes und der glitzernden Bucht auf ein Haus, das sich auf der Landspitze befand, verborgen in den filigranen
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