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Wege im Sand

Wege im Sand

Titel: Wege im Sand
Autoren: Luanne Rice
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sagen?«
    »Ich weiß nicht, wen sie meinte, ich weiß es einfach nicht! Sollte ich Jack sagen, dass es ihr Leid tat, was sie vorhatte? Oder sollte ich Richard sagen, dass ihr der Unfall Leid tat, weil er seine Pläne durchkreuzte?«
    »Oh Maddie …«
    »Und dann verlor ich die Besinnung. Als ich aufwachte, lag ich im Krankenhaus. Jack war bei mir … Chris war auf dem Weg. Ich hatte starke Medikamente bekommen und drei Operationen hinter mir, um meinen Arm zu retten – aber ich konnte nur an Emma denken. Ich wollte wissen, ob alles in Ordnung mit ihr war. Und ich musste Jack von der Krise erzählen, in der sie sich befand – damit er Emma aufhalten, sie zurückgewinnen konnte. Er musste verhindern, dass Father Richard sie besuchte. Ich dachte, wenn er Bescheid weiß, kann er der ganzen Sache einen Riegel vorschieben. Er wird alles tun, um die Ehe zu retten, und Emma daran hindern, Nell zu verlassen.«
    »Du musstest ihm reinen Wein einschenken.«
    »Meinst du? Meinst du das wirklich? Was habe ich denn letztlich dadurch erreicht? Emma hat den Unfall nicht überlebt! Ich hätte ihr Geheimnis für mich behalten und meine Familie retten können!«, schluchzte Madeleine.
    »Madeleine – es hätte dich innerlich zerrissen. Du konntest nicht wissen, dass Emma sterben würde … du wolltest doch nur helfen.«
    »Aber ich hätte warten sollen – bis der erste Schrecken wegen des Unfalls überwunden war. Er weigerte sich, mir zu glauben. Er meinte, ich hätte mir das Ganze ausgedacht. Er war krank vor Sorge um Emma, hatte Angst, sie zu verlieren. Er konnte es nicht ertragen, sie in diesem schrecklichen Licht zu sehen – drauf und dran, Nell und ihn zu verlassen.«
    »Er hatte einen Schock.«
    »Ein Schock, der mehr als ein Jahr andauert. Der ihn von Atlanta nach Boston und nach Schottland trieb – ständig auf der Flucht, vor mir!«
    »Nicht von dir. Von seinem eigenen Schmerz.«
    »Hätte ich Emmas Geschichte nur für mich behalten. Dann wäre Jack nicht gezwungen gewesen, sich damit auseinander zu setzen, sie ständig mit sich herumzutragen.«
    »Es war die Wahrheit«, warf Stevie ein. »Seine Wahrheit und Nells – nicht nur Emmas. Maddie, du hast aus Liebe gehandelt! Aus Liebe zu deinem Bruder!«
    Madeleine beugte den Kopf, von Schluchzen geschüttelt. Das Rauschen ihres Blutes, das sie in ihrem Kopf verspürte, vermischte sich mit dem Tosen der Wellen, die gegen den Strand anbrandeten. Die Flut setzte ein, das Wasser überspülte den Sand, stieg immer höher. Die Reggae-Band spielte beschwingte, heitere Melodien. Die Klänge vermischten sich, wurden immer lauter, so dass Madeleine kaum noch ihr eigenes Wort verstehen konnte.
    »Aus Liebe zu deinem idiotischen Bruder«, ertönte eine Stimme.
    Keinen halben Meter vom Tisch entfernt stand Jack, ebenfalls mit Tränen in den Augen.
    »Du hier!« Stevie schnappte nach Luft.
    Madeleine sprang auf und stürzte sich in seine Arme. Sie konnte nicht fassen, dass Jack da war, dass er leibhaftig vor ihr stand. Er hielt sie, wiegte sie. »Es tut mir so Leid, Maddie. Es war alles meine Schuld.« Es war die Stimme, mit der sie aufgewachsen war, die Stimme ihres großen Bruders, bei der ihr das Herz zersprang und noch mehr Tränen flossen, dieses Mal vor Erleichterung.
    »Jack.«
    »Ach Maddie. Ich wollte mit Nell in Schottland neu anfangen, weil dir das Land so gut gefiel. Aber ohne dich können wir weder dort noch anderswo leben.«
    Madeleine küsste ihn auf die Wange, brachte kein Wort heraus. Sie löste sich von ihm, nahm auf ihrem Stuhl Platz und schloss eine Sekunde lang die Augen. In dem Moment hörte sie abermals seine Stimme.
    »Und nicht ohne dich, Stevie. Es hat einfach keinen Zweck.«
    Als Madeleine den Blick hob, sah sie, dass sich Stevie und Jack selbstvergessen küssten, eng umschlungen, die Haare vom Wind zerzaust. Die Wellen brachen sich am Strand, eine nach der anderen, der stetigste Klang der Welt. Madeleine lauschte, spürte, dass ihr Herz heftiger ging als der Wellenschlag, und wusste, dass ihr Bruder endgültig nach Hause zurückgekehrt war.

28. Kapitel
    O bwohl der Gasthof ausgebucht war, fand Tante Aida eine Möglichkeit, alle unterzubringen. Da keine Rede davon sein konnte, dass Madeleine am Abend der Versöhnung mit ihrem Bruder nach Providence zurückfuhr, rief sie Chris an und teilte ihm mit, dass sie über Nacht bleiben würde – und dass er am nächsten Tag im Sonntagsstaat zu Henrys Hochzeit erscheinen müsse. Sie wurde gemeinsam mit
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