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Wege im Sand

Wege im Sand

Titel: Wege im Sand
Autoren: Luanne Rice
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mir zu. Ich erzählte ihm die intimsten Einzelheiten aus meinem Leben – aber das war alles!«
    Madeleine nickte. »Jack und sie hatten Probleme miteinander. Sie vertraute sich Father Richard an, und er gewann sie für sein Projekt. Sie sagte, ihre Welt sei mit einem Mal wieder lebendig geworden. Ihre Augen glänzten dabei, und sie sah aus … als würde sie schweben. Was paradox war, denn sie gehörte zu den Menschen, die mit beiden Beinen fest auf dem Boden stehen. Es kam mir so vor, als hätte sie um Erleuchtung gebetet und sei von Gott erhört worden. Father Richard und sie hatten eine Mission.«
    »Und welche?«
    »Den Menschen, die in Armut leben, Lesen und Schreiben beizubringen – aber nicht in Georgia. Es kann nicht in der Nähe von Atlanta gewesen sein, denn wenn er sein Priesteramt niedergelegt hätte, dann hätte die Gemeinde ihn gnadenlos angeprangert.«
    »Und das mit Recht! Verführt eine verheiratete Frau, verdreht ihr so den Kopf, dass sie ihre Familie verlassen will! Ich bin katholisch erzogen worden – wie wir alle. Wir wissen, dass es gute und schlechte Priester gibt. Tut mir Leid, aber dieser Kerl ist das Letzte.«
    Madeleine ließ Stevie toben. Es tat gut, eine Gleichgesinnte zu haben. Wenn Emma nur noch leben würde, dachte sie. Stevie und ich würden uns das Maul zerreißen, den Moralapostel spielen, uns wie Hyänen aufführen; dann würden wir sie kidnappen, ihr die Flausen austreiben und sie davon überzeugen, dass es besser ist, nach Hause zurückzukehren.
    »Jack hatte keine Ahnung?«, fragte Stevie.
    »Er wusste, dass etwas nicht stimmte. Emma sagte, er habe sie sogar ermutigt, Father Richard aufzusuchen. Wahrscheinlich hoffte er, der Priester könnte dazu beitragen, ihre Ehe zu retten.«
    »Stattdessen hat er einen Vertrauensbruch begangen.«
    »Ja – ganz meine Meinung. Emmas nicht, die hat ihn verteidigt.«
    »Klar. Hätte ich auch getan. Die Liebe ist wie ein Zauber. Man gerät in ihren Bann, und schon ist man hoffnungslos verloren. Ich kann ein Lied davon singen – ich habe in diesem Zustand mehr Fehler gemacht, als man sich vorstellen kann. Aber ich hatte wenigstens kein Kind, das darunter leiden musste.«
    »Das ist genau der Punkt, der mich zur Verzweiflung getrieben hat. Der Gedanke an Nell …« Sie wollte Stevie von den letzten Minuten im Auto erzählen, als sie von der Straße abgekommen war. Doch stattdessen holte sie weiter aus, um Zeit zu schinden.
    »Wir saßen also am Strand von St. Simons Island, wie so oft. Emma hatte an allem etwas auszusetzen – die Insel war ihr zu feudal, und unsere Badeanzüge fand sie zu teuer. Sie begann, mir einen Vortrag über die Armut in den ländlichen Regionen Georgias zu halten – sie erklärte, Father Richard habe ihr die Augen für soziale Missstände geöffnet, die sie nie zuvor bemerkt oder bedacht hatte. Familien, die nicht wissen, wie sie über die Runden kommen sollen. Mütter, die kämpfen müssen, um ihre Kinder satt zu bekommen. Die Überbelegung in den Strafanstalten, die Unmenschlichkeit, mit der die Insassen behandelt werden.«
    »Das sind wichtige Themen, die uns alle angehen.«
    »Ich weiß. Trotzdem war ich überrascht und – zunächst – erfreut über Emmas Engagement. Sie war verwöhnt, das Beste war immer gerade gut genug für sie, auch wenn Jack das nie zugegeben hätte – sie musste immer das protzigste Auto in der Nachbarschaft fahren, Mitglied in den exklusivsten Clubs sein. Von den Schattenseiten des Lebens wollte sie nichts wissen – wir durften Nell nicht einmal deine Bücher vorlesen, weil sie in ihren Augen zu realistisch waren.«
    »Ich weiß.«
    »Emma betrachtete ihren Diamantring, der in der Sonne funkelte, und meinte: ›Menschen sterben in Diamantminen, damit reiche Frauen wie wir solche Klunker tragen können.‹ Ich warf ein, dass Diamanten ein Symbol der Liebe sind – der Liebe unserer beiden Männer, Jack und Chris. Aber sie meinte: ›Wahre Liebe braucht keinen Schmuck als Beweis.‹ Als sie das sagte, wusste ich, dass etwas im Busch war. Denn früher hatte sie Geburtstage oder Weihnachtsfeste immer nach dem Wert des Schmucks beurteilt, den Jack ihr schenkte.«
    »Klingt, als hätte sie eine Verwandlung durchgemacht.«
    »Du sagst es. Und zuerst fand ich das sehr erfreulich.«
    »Aber dann …«
    »Sie erzählte mir, dass Father Richard und sie nicht miteinander schliefen. Es war bei Küssen und Umarmungen geblieben, beide wollten warten, bis feststand, wie es weitergehen
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